Sommerflammen
auf das letzte Jahr, an meine Ehe, an das Leben geglaubt, das wir uns gemeinsam aufgebaut hatten. Ich habe an ihn geglaubt. Bis er mich an meinem zweiundfünfzigsten Geburtstag ins Restaurant einlud. Es war ein schönes Restaurant mit Kerzen, Blumen, Champagner. Zur Krönung des Abends hatte er sogar ein ziemlich teures Paar Diamantohrringe dabei.« Sie lehnte sich ein Stück zurück und schlug die Beine übereinander. »Aber nur, damit ich ihm keine Szene mache, weil er eine Affäre mit seiner Sekretärin hat - mit einer Frau, die seine Tochter sein könnte. Er erklärte mir, dass er sie liebe und mich verlassen werde. Natürlich hielte er nach wie vor große Stücke auf mich und hoffte, ich könne das verstehen. Er wäre seinen Gefühlen hilflos ausgeliefert.«
»Das tut mir leid. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
»Nun, da gibt es nichts zu sagen. Ich habe den Sektkühler genommen und ihm das Eis über den Kopf geschüttet. Als ich am nächsten Tag zu einer Anwältin gegangen bin, hat sie mich gefragt, ob ich gute Miene zum bösen Spiel machen oder ihm die Eier abschneiden wolle. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Ich hatte keine Lust mehr, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.«
»Das kann ich verstehen.«
»Ich habe mich gefragt, ob ich das eines Tages bereuen würde. Aber das ist nicht der Fall. Ich erzähle Ihnen das nur, damit Sie wissen, dass ich durchaus hart im Nehmen bin. Meine Ehe und meine Scheidung haben mich gelehrt, meine Stärken und meine Schwächen anzunehmen. Und dass ich keine Zeit verlieren sollte, das zu tun, was ich wirklich möchte.«
»Es ist immer Zeitverschwendung, wenn man nicht tut, was man wirklich möchte.«
»Sehr schön. Womit wir beim zweiten Punkt wären: Ich habe Sie angelogen, als ich heute Vormittag sagte, ich würde Sie nicht anmachen. Genau das tue ich nämlich.«
Auf einmal war sein Kopf ganz leer. Er schaffte es kaum, zu schlucken, während er in ihre glänzenden Augen sah.
»Ich finde nicht, dass man um jeden Preis aufrichtig sein sollte«, fuhr sie fort. »Wenn man das eine oder andere verschweigt, taucht man nicht nur manches in ein gnädigeres Licht, sondern macht es auch viel interessanter. Diesmal habe ich mich jedoch dafür entschieden, aufrichtig zu sein. Wenn Sie das verschreckt hat, sagen Sie es mir bitte gleich, solange noch nicht wirklich was auf dem Spiel steht.«
Sie nippte an ihrem Glas. »Und? Habe ich Sie verschreckt?«
»Ich bin nicht besonders gut in solchen Dingen.«
»Ich hätte vielleicht noch hinzufügen sollen, dass ich das mit dem Projekt und der AFF-Ausbildung ernst meine, und zwar ganz unabhängig davon, ob Sie Interesse an mir haben oder nicht. Sie müssen meine Gefühle nicht erwidern.« Sie seufzte. »Ich klinge wie eine Oberlehrerin, obwohl das, weiß Gott, nicht meine Absicht war. Ich bin ein wenig nervös.«
Bei diesem Satz kamen seine grauen Zellen wieder auf Touren. »Wrklich?«
»Ich mag Sie und hoffe, dass auch Sie etwas Zeit mit mir verbringen wollen. So gesehen bin ich in der Tat etwas nervös, dass ich Sie mit diesem voreiligen Geständnis verschreckt habe. Falls Sie also Interesse an mir haben oder es sich vorstellen könnten, ein solches zu entwickeln, würde ich Sie gern zum Abendessen einladen. Ein paar Häuser weiter gibt es ein nettes Restaurant. Es ist ein hübscher Spaziergang bis dorthin. Ich habe zur Sicherheit einen Tisch reserviert.«
Er dachte nach und schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Nun, dann werden wir einfach …«
»Ich möchte Sie zum Essen einladen.« Er konnte kaum glauben, dass er das sagte, ohne ein einziges Mal ins Stocken zu geraten. »Es soll ein nettes Restaurant ganz in der Nähe geben. Falls Sie sich vorher etwas die Füße vertreten wollen?« Er liebte das Lächeln auf ihrem Gesicht.
»Das klingt großartig! Ich gehe mich nur kurz frisch machen.« Sie stand auf und lief zu den Toiletten. Sobald die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, vollführte sie einen Freudentanz in ihren knalllila Peeptoes. Mit einem albernen Kichern ging sie zum Waschbecken und musterte ihre euphorische Miene im Spiegel. »Das Abenteuer kann beginnen«, verkündete sie und zog dann ihren Lippenstift hervor.
Vor wenigen Jahren hatte sie sich gefragt, ob ihr Leben vorbei wäre. Im Grunde war es auch so gewesen, doch sie war gezwungen worden, noch einmal ganz von vorn anzufangen. Und Ella Fraziers neues Leben strotzte nur so vor interessanten Möglichkeiten. Eine davon würde sie gleich zum
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