Sommerflammen
Rowan an den Tisch trat.
»Ich überlege gerade, ob ich früher oder später Sex mit Gull haben sollte.«
»Bei dem Gedanken würde ich auch strahlen. Er ist einfach zu niedlich. Und männlich. Aber wo sind deine guten Vorsätze geblieben?«
»Ich glaube, ich werde sie vorübergehend ignorieren. Soll ich mich rarmachen? Oder soll ich mich auf der Stelle in eine heiße, leidenschaftliche Sexgöttin verwandeln?«
»Beides hat seine Vorteile. Doch manchmal baut man einfach viel zu hohe Erwartungen auf, wenn man zu lange wartet. Erwartungen, die dann keiner mehr erfüllen kann.«
»Dieses Problem darf man natürlich ebenfalls nicht außer Acht lassen. Ehrlich gesagt, würde ich überhaupt nicht drüber nachdenken, zumindest noch nicht, wenn das alles nicht passiert wäre. Diese Scheiße mit Dolly. Das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht, Janis.«
»Wenn du zulässt, dass dich diese dumpfbackige, kaltherzige, selbstmitleidige Schlampe aus dem Konzept bringt, hast du verloren. Wenn du das tust, bin ich sauer auf dich. Und wenn ich sauer auf dich werde, prügele ich dich grün und blau.«
»Puh«, machte Rowan. »Du weißt, wie du mich behandeln musst.«
»Noch wurde es nicht nötig. Ich habe diesen Winter den schwarzen Gürtel bekommen. Wenn ich erst loslege, nimmt alles Reißaus. Leg es lieber nicht drauf an!«
»Hörst du das? Meine Zähne klappern schon.«
»Zu Recht. Also mach schon, hab Spaß mit ihm und vergiss den Scheiß mit Dolly.«
»Du bist ziemlich klug für deine Größe.«
»Ich kann auch Ziegelwände mit der flachen Hand durchschlagen.« Sie betrachtete ihre fein manikürten Nägel. »Das ist praktisch, wenn du von einem Psychopathen im Keller eines verlassenen Hauses eingesperrt wirst.«
»Genau.« Sie sah auf, als Trigger auf seinen Händen zwischen den Tischen herumlief. »Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass wir langsam alle durchdrehen. Es gibt viel zu tun, aber wir kriegen das schon hin.«
»Durch Dobie, den Helden der Nähmaschine, wird unsere Ausrüstung besser ausschauen als je zuvor.«
»Ich kann nur hoffen, dass die Cops ihr Gottesfurcht beibringen.« Janis senkte ihre Stimme. »Matt hat Dolly fünftausend Dollar gegeben.«
»Wie bitte?«
»Für das Baby. Ich habe gehört, wie sie Matt was vorjammerte, nachdem L.B. sie vor die Tür gesetzt hatte. Krankenhausrechnungen, Kinderarzt - das übliche Bla-bla. Er meinte, er könne ihr fünftausend Dollar geben. Damit müsse sie über die Runden kommen, bis sie eine neue Stelle hätte. Ich kann ihn sogar verstehen, es ist schließlich das Kind seines Bruders. Aber sie wird ihn ständig um Geld anhauen. Du weißt ja, wie sie ist.«
»Warum arbeiten, wenn man den Bruder des toten Lo-vers bloß vollzuflennen braucht? Wenn er etwas für das Baby tun will, sollte er das Geld lieber Dollys Mutter geben oder ein paar Rechnungen direkt bezahlen.«
»Wrst du ihm das sagen?«
»Kann schon sein.« Rowan hob den Schirm hoch, um ihn zur Reparatur zu bringen. Sie überlegte, ob sie wirklich ungebetene Ratschläge erteilen sollte oder ob es besser war, sich rauszuhalten. Vielleicht hatte sie beim Laufen einen Geistesblitz. Sie zog ihre Sportklamotten an und nahm eine Flasche Wasser mit. Gull stieß zu ihr, als sie gerade die Schlafbaracke verließ.
»Perfektes Timing«, sagte er.
»Hätte ich noch eine Stunde in einem geschlossenen Raum verbringen müssen, wäre ich Amok gelaufen. Was hast du heute für Pläne?«
»Mal sehen«, erwiderte Gull. »Der Bereitschaftsraum sieht inzwischen aus, als hätte ihn Martha Stewart höchstpersönlich eingerichtet. Ich habe die Nase voll von Hausarbeit. Dafür würde ich mich gern als Rigger ausbilden lassen.«
»Damit hast du dich also auch schon befasst?«
»Nur theoretisch. Du bist zertifizierter Master Rigger. Du könntest mir beibringen, wie man die Fallschirme wartet.«
»Vielleicht.« Sie wusste, dass er eine rasche Auffassungsgabe hatte. »Willst du wirklich dieses Zertifikat haben oder einfach nur mehr Zeit mit mir verbringen?«
»Ich nenne es zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
Sie blieben neben der Laufbahn stehen, wo Rowan ihre warme Jacke auszog und die Wasserflasche darauflegte. »Laufen wir auf Distanz oder auf Zeit?«
»Wie war’s mit einem Wettlauf?«
»Du hast leicht reden, Speedy Gonzalez.«
»Ich gebe dir etwas Vorsprung. Sagen wir eine Viertelrunde.«
»Eine Viertelrunde?« Sie wippte auf den Zehenspitzen auf und ab, um ihre Muskeln und Sehnen vorzubereiten. »Und du
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