Sommerflammen
gab er sich geschlagen. Er konnte sich nicht konzentrieren und überlegte, vielleicht zum Fliegerhorst zu fahren, den Kraftraum zu benutzen und dann bei Marge etwas zu essen zu schnorren. Aber das würde auch nichts an seiner Nervosität ändern.
Der Abend im Restaurant vorgestern war schön gewesen, dachte er. Ein Glas Wein trinken und sich bei einer warmen Mahlzeit unterhalten. In Rowans Abwesenheit gab es bei ihm meistens Fertigmahlzeiten. Nicht, dass sie oder er besonders gut kochen konnten, aber sie kamen zurecht. Wenn er allein war, ging er auch oft in das kleine Café neben seinem Souvenirshop, falls er rechtzeitig daran dachte, bevor es schloss. Oder er machte sich ein Sandwich. Außerdem hatte er eine gefüllte Tiefkühltruhe zu Hause. Aber er hatte sich nie daran gewöhnen können, allein zu essen.
Es hatte Zeiten gegeben, in denen er sich als Feuerspringer unheimlich einsam fühlte. Doch was Einsamkeit wirklich bedeutete, erfuhr er erst, als er das erste Mal die ganze Nacht in seinem leeren Haus saß und kein Auge zutun konnte. Er zückte sein Handy und rief Ella an, bevor er überhaupt wusste, was er ihr sagen wollte.
»Hallo?«
Ihre Stimme klang fast beängstigend fröhlich.
Von wegen Iron Man, dachte er.
»Hallo Ella, ich bin’s, Lucas.«
»Hallo, Lucas.«
»Ja, hallo.«
»Wie geht es dir?«, fragte sie nach kurzem Schweigen.
»Gut. Äh, gut. Es war wirklich schön vorgestern Abend.« Meine Güte, Lucas, dachte er.
»Das fand ich auch. Ich habe oft daran gedacht.«
»Wirklich?«
»Ja. Und da du anrufst, hoffe ich, dass du mich erneut ausführen willst.«
Er spürte, wie ihm ganz warm wurde vor Freude. Verblüfft strahlte er über das ganze Gesicht. So schwer war das gar nicht. »Ich würde gern mit dir zu Abend essen.«
»Ich auch. Wann?«
»Heute Abend? Ich weiß, das ist ziemlich kurzfristig.«
»Nennen wir es spontan. Ich mag Spontaneität.«
»Prima. Toll. Ich könnte dich so gegen sieben abholen.«
»Ja. Oder wir sind beide spontan. Komm zum Abendessen, Lucas. Ich habe Lust zu kochen. Magst du Pasta?«
»Klar, aber ich will dir keine Umstände machen.«
»Keine Bange. Es soll ein schöner Abend werden, wir könnten auf der Terrasse essen. Ich habe im Garten gearbeitet, und du gibst mir Gelegenheit, damit anzugeben.«
»Das klingt nett.« Hausmannskost, ein Abend auf der Terrasse vor der Kulisse eines Gartens. Zwei Abendessen mit einer schönen Frau in drei Tagen - das klang unglaublich.
»Brauchst du eine Wegbeschreibung?«
»Ich finde dich schon.«
»Also dann bis sieben. Tschüs, Lucas.«
Ich habe eine Verabredung, dachte er verblüfft. Eine
offizielle Verabredung. Hoffentlich würde er nicht alles verderben!
Als Lucas heimfuhr, um sich zum Abendessen umzuziehen, dachte er an Rowan. Sie war mittendrin, umgeben von Rauch und Hitze. Sie musste handeln, Entscheidungen treffen. Jede Faser ihres Körpers und jeder Gedanke waren darauf ausgerichtet, das Feuer zu löschen und am Leben zu bleiben. Er betrat sein Haus, das nur wenige Minuten vom Fliegerhorst entfernt lag. Ein ziemlich großes Haus, dachte er. Aber wenn Rowan zu Hause war, brauchte sie Privatsphäre. Außerdem besuchten ihn seine Eltern mehrmals im Jahr und benötigten ebenfalls Platz. Doch in den langen Phasen dazwischen lastete diese Leere zunehmend schwerer auf ihm.
Er kümmerte sich selbst um das Haus. Die Angewohnheit, nur das Nötigste stets griffbereit zu haben, hatte er aus dem Beruf ins Privatleben übernommen. Er mochte es gern schlicht. Seine Mutter liebte es, zu dekorieren, ihn mit Dingen zu umgeben, die er sofort wegräumte, sobald sie abreiste, und erst bei ihrem nächsten Besuch wieder hervorholte. So musste er weniger abstauben. Dasselbe geschah mit den bunten Kissen, die sie auf dem Sofa und sämtlichen Sesseln verteilte. Damit er sich ungestört langlegen konnte.
In seinem Zimmer schmückte eine braune Tagesdecke sein Bett, in der Ecke stand ein Holzstuhl mit gerader Lehne. Dunkle Holzläden rahmten die Fenster. Sogar Rowan störte sich an den fehlenden Farben, dem fehlenden Stil. Aber auch sie wusste zu schätzen, wie pflegeleicht das Haus war. Seine Hemden hingen ordentlich im Schrank. Sie waren durch Regale, die er für seine Schuhe gebaut hatte, von den Hosen getrennt.
Nichts Besonderes, hatte Ella gesagt. Was meinte sie damit? Panik schnürte ihm die Kehle zu, und er griff nach seinen Standardklamotten: kakifarbene Hose mit blauem Hemd. Nachdem er sich umgezogen hatte, holte er erneut
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