Sommerflammen
»Später. Ich habe Lust auf… Ziehst du dich nicht an?«
»Ich werde nicht in diese stinkenden Klamotten schlüpfen. Ich muss mir kurz dein Handtuch ausleihen.«
Ihr fielen die Kleider wieder ein, die sie ausgezogen hatten. »Warte kurz, ich hol dir was Frisches zum Anziehen.«
»Echt?«
»Ich weiß, wo dein Zimmer ist.« Sie eilte in sein Zimmer.
Ziemlich aufgeräumt, dachte sie, als sie eine Schublade aufzog. Auch in den Schränken. Sie nahm, was er ihrer Meinung nach brauchen konnte, und sah sich noch einmal kurz um. Als sie das Foto bemerkte, trat sie näher. Gull, wahrscheinlich mit seiner Tante, seinem Onkel und seinen Cousins. Sie alle standen untergehakt vor einer knallroten Doppeltür.
Ein sympathischer Haufen, dachte sie, ihre Körpersprache drückte Zuneigung und Zufriedenheit aus. Sie standen vor der Spielhalle, die auf dem Foto viel größer aussah, als sie sich das vorgestellt hatte.
Sie brachte ihm die Kleider. »Beeil dich und zieh dich an, bevor ich anfange, meine Hand anzuknabbern.«
»Beeil dich und zieh dich aus. Beeil dich und zieh dich an. Befehle, nichts als Befehle!« Er warf ihr einen ironischen Blick zu. »Dominante Frauen machen mich scharf.«
»Mal gucken, ob ich meine Peitsche und meine Fesseln noch irgendwo finde.«
»Aha, noch so eine Fantasie, die es wert ist, erkundet zu werden.«
»Bitte vergiss nicht, mich >Herrin< zu nennen.«
»Wenn du mir versprichst, sanft zu sein. Übrigens, mir gefällt dein Tattoo.«
»Es ist ein Glücksbringer«, sagte sie. »Der Drache auf dem Leib schützt mich vor dem Feuerdrachen im Wald. Und das da? Was hat es mit deinem auf sich?« Sie ging einmal um ihn herum, um die Buchstaben zu berühren, die sein linkes Schulterblatt schmückten. »Teine«, las sie laut.
»Das wird >tien< ausgesprochen, ist Gälisch und bedeutet >Feuer<. Das Feuer auf dem Leib schützt mich vor dem Feuer von außen.«
»Es muss uns nur immer wieder aufs Neue herausfordern. Und woher hast du die?« Sie zeigte auf die Narbe, seitlich am linken Brustkorb.
»Von einer Kneipenschlägerei in New Orleans.«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Nun, sie fand eher vor als in der Kneipe statt. Ich war zum Mardi Gras in New Orleans. Warst du jemals dort?«
»Nein.«
»Das muss man gesehen haben.« Sein noch duschfeuchtes Haar lockte sich über dem Kragen des frischen Hemdes. »Ich ging damals noch aufs College und bin mit ein paar Freunden hingefahren. Nach dem Karnevalsumzug sind wir in eine Bar. Dieser Arsch hat ein Mädchen belästigt. So wie der Arsch, der dich angepöbelt hat. Nur dass der Typ noch fieser und betrunkener war, und sie sich nicht so gut zur Wehr setzen konnte wie du.«
»Das können nur wenige«, sagte sie grinsend.
»Dem kann ich nicht widersprechen. Als ich ihm also vorschlug, sie in Ruhe zu lassen, wurde er frech. Eins führte zum anderen, und da es ihm anscheinend nicht passte, in aller Öffendichkeit bloßgestellt zu werden, zückte er ein Messer.«
Ihr Grinsen wich einem offenen Mund. Sie war schockiert. »Himmel Herrgott, er hat auf dich eingestochen?«
»Er hat es zumindest versucht. Das Messer ist an meinen Rippen abgeprallt.« Gull strich leicht über die Narbe. »Aber ich hatte das Vergnügen, ihm den Kiefer zu brechen. Das Mädchen war mir äußerst dankbar, und so habe ich eine sehr angenehme Nacht verbracht.«
Er band die Schnürsenkel seiner Turnschuhe zu. »Ich habe eine wilde, bewegte Vergangenheit.«
»Du bist mir ein Rätsel.«
»So.« Er streckte die Hand aus. »Wie wär’s, wenn ich dich zum Abendessen und auf ein kaltes Bier einlade?«
»Da die Verpflegung bei uns kostenlos ist, kommst du diesmal billig davon. Aber was soll’s!«
Nachdem Gull ihr später bewiesen hatte, dass er tatsächlich auch in der Horizontalen gut arbeiten konnte, gab ihm Rowan einen erschöpften Stups. »Geh nach Hause!«
»Nö.« Er zog sie einfach an sich.
»Gull, keiner von uns ist zierlich, und dieses Bett ist nicht für zwei gedacht.« Abgesehen davon, dass es eine Sache ist, mit einem Mann Sex zu haben, und eine ganz andere, in seinen Armen einzuschlafen.
»Ging doch bisher ganz gut. Wir kommen schon klar. Außerdem hast du die Sprungliste gesehen. Wir sind die ersten beiden Springer der ersten Gruppe. Wenn wir an-gefordert werden, müssen wir nur in die hier überall verstreuten Klamotten schlüpfen und losrennen. Das nennt man effizient.«
»Schläfst du aus Effizienzgründen immer mit deiner jeweiligen Sprungpartnerin?«
»Du bist die
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