Sommerflirt mit Folgen
ihr. „Aber mit dir zusammen wird es wahrscheinlich überall schön sein,“ flüsterte er ihr liebevoll ins Ohr.
Christine konnte fast nicht glauben, was sie da hörte... Nachdem sie einige Zeit Pläne geschmiedet hatten, wurde ihr bewusst, dass sie gar nicht mehr an ihr Baby gedacht hatte und ihr schlechtes Gewissen legte sich wie ein Schatten über ihr Gesicht. „Was hast du?“, fragte Stefan, bestürzt über ihren Stimmungsumschwung.
Sie legte die Hände wie schützend auf ihren flachen Bauch. „Ich hab' es vergessen...“, flüsterte sie entsetzt. „Ich hab ihm versprochen, das werde ich niemals tun!“ Die Tränen stiegen ihr in die Augen und sie schlug die Hände vors Gesicht.
„ Oh, mein Liebling,“ Stefan zog sie in die Arme. Jetzt erkenne ich ihr Dilemma... „Wir werden es niemals vergessen, aber du darfst doch trotzdem auch wieder glücklich sein. Unser Kleines würde nicht wollen, dass seine Mama traurig und unglücklich ist. Du musst doch für seine oder ihre Geschwister gut sorgen!“
Plötzlich schossen ihm die Tränen in die Augen. Die ganze Zeit hatte er es geschafft, zumindest in ihrer Gegenwart der Starke zu sein. Nun war es mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Sie hielten einander in den Armen und weinten miteinander, bis sie keine Tränen mehr hatten. Doch es war reinigend und es verband ihre Herzen noch mehr miteinander.
Später, am Abend, als sie gemeinsam, in eine wärmende Decke gehüllt, auf der Terrasse saßen und in den dunklen, ruhigen und friedlichen Garten blickten, fand Stefan es als den richtigen Zeitpunkt Christine einen Vorschlag zu machen. Martina hatte ihm den Rat gegeben, ihren Schmerz mit einem Ritual loszulassen. „Liebling“, setzt er an und legte seinen Arm noch ein wenig enger um ihre Schulter, „was hältst du davon, wenn wir für unser Kleines einen Erinnerungsstein im Garten aufstellen?“
„ Was meinst du damit?“, fragte sie zweifelnd.
„ Nun, unser Kind hat kein Grab, aber wir könnten uns selbst einen Platz aussuchen, wo wir einen besonderen Stein, oder wenn du möchtest auch eine kleine Figur, aufstellen, um die Erinnerung aufrecht zu halten. Hast du einen Lieblingsplatz, wo du dir das vorstellen könntest?“
Christine schwieg einige Zeit und versuchte sich Klarheit über ihre Gefühle zu verschaffen. Dann nickte sie langsam. „Ich glaube, ich verstehe die Idee dahinter: So wäre es die ganze Zeit bei uns, ohne dass ich immer daran festhalten muss... Es hätte so immer seinen Platz in unserem Leben.“ Sie sah ihn an und nickte noch einmal. „Ja, ich denke, das gefällt mir.... Wie wäre es unter der 'Abraham Darby'?“ Diese rosa-aprikotfarbene Strauchrose mochte sie besonders gerne. Sie duftete wunderbar und blühte den ganzen Sommer über. Daneben war ein kleiner, versteckter Sitzplatz.
Stefan nickte zustimmend. „Ja, das ist ein guter Platz. Ich hätte am Liebsten einen schön geformten Naturstein, den Wasser glatt und rund geschliffen hat, nicht zu groß...“
Christine kannte ja mittlerweile seine Abneigung gegen protzige Steinfiguren und nickte lächelnd. Das mit dem Erinnerungsstein fühlt sich gut an, dachte sie. Vielleicht komme ich ja doch endlich aus dem tiefen Loch heraus in das ich da gefallen bin.
Einige Tage später gingen sie am Mur-Ufer spazieren und hielten nach einem passenden Stein Ausschau. Bald hatten sie 'ihren' gefunden: einen eiförmigen, ungefähr kopfgroßen, dunkelgrauen Stein mit heller Maserung und rötlichen Sprenkeln.
So wie Martina es angeregt hatte, schrieben sie jeder für sich einen Abschiedsbrief an die Seele ihres ungeborenen Kindes. In einer intimen, feierlichen Stimmung legten sie diese Briefe, den Mutter-Kind-Pass, das Ultraschallbild und ein Paar Schühchen, die Christine schon gestrickt hatte, in einen hübsch verzierten Karton. Kurz vor Sonnenuntergang gingen sie gemeinsam in den Garten. Sie gruben ein Loch unter der ausgewählten Rose, versenkten das Kästchen darin, bedeckten es gemeinsam mit Erde und setzten den Stein darüber. Sie hielten einander im Arm und ein paar Tränen rannen über ihre Wangen. Aber es war nicht mehr diese verzweifelte, bodenlose Traurigkeit der letzten Wochen. Sie standen dort, bis die Sonne ganz unter gegangen war, dann gingen sie Arm in Arm zurück ins Haus.
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Hannes öffnete die Türe seiner Wohnung und ließ Christine eintreten. Mit seinem freien Arm zog er sie an sich und drückte sie kurz, dann begrüßte er sie mit Wangenküsschen. Inzwischen war sein
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