Sommerfrische – Verbotene Kuesse im Mondschein
Rücksicht auf Charles nehmen, obwohl er das eigentlich nicht mehr verdient hatte. “Danke, nein, Sir. Ich habe mich nur über eine geschäftliche Angelegenheit geärgert, die sich nicht nach meinen Vorstellungen entwickelt.”
“Ich verstehe”, murmelte Adam und begriff, dass es sich um Starbeck handeln musste, da er Lady Wycherley aus Mr. Ingrams Kontor kommen gesehen hatte. “Würden Sie mir gestatten, Sie zur Church Row zu begleiten?”
“Sehr freundlich, aber ich habe noch einige Einkäufe zu machen.”
“Gut, dann bleibe ich bis zur Park Street bei Ihnen, wenn es Ihnen recht ist. Auch ich habe einiges zu erledigen”, fügte er an und reichte Lady Wycherley den Arm.
Zögernd legte sie die Hand in seine Armbeuge.
“Ich hoffe, das Problem, vor das Sie gestern Abend von Miss Fanny Crossley gestellt wurden, hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Oder hat Sir Everard Abstand von der Verlobung mit ihr genommen?”
“Nein”, antwortete Annis und lächelte matt.
“Dann kann dieser Vorgang nicht der Grund für Ihre Verstimmung sein”, stellte Adam fest. “Vermutlich handelt es sich um Starbeck, nicht wahr?”
“Ja, zum Teil”, räumte Annis seufzend ein. “Mr. Ingram will unbedingt, dass ich es an ihn verkaufe, und mein Vetter … Nun, auch er ist der Meinung, ich solle mich von Starbeck trennen.”
“Mr. Ingram verlangt von Ihnen, ihm Starbeck zu überlassen?”, fragte Adam überrascht und furchte ungehalten die Stirn.
“Ja”, bestätigte Annis. “Ich habe ihm jedoch deutlich zu verstehen gegeben, dass ich nicht daran denke, das Gut abzustoßen.”
“Das hat ihn gewiss verärgert”, vermutete Adam. “Haben er und Ihr Cousin Druck auf Sie ausgeübt?”
“Ja, leider”, antwortete Annis missmutig.
“Können Sie es sich leisten, den Besitz zu behalten?”
“Nein, jedenfalls nicht auf lange Sicht”, gestand Annis und schüttelte bedauernd den Kopf. “Meine finanziellen Mittel sind nicht so bemessen, dass ich den Unterhalt von Starbeck garantieren kann.”
“Mir ist die Vorstellung zuwider, dass das Anwesen Mr. Ingram gehören könnte, aber Sie wissen, in welch prekärer Lage ich bin”, erwiderte Adam ernst. “Leider kann ich es mir nicht leisten, es Ihnen abzukaufen. Sonst würde ich das gewiss tun.”
“Ich danke Ihnen für Ihre Einstellung, Sir”, sagte Annis beeindruckt. “Hoffentlich fällt mir bald eine Lösung für dieses Problem ein.”
“Und welches ist das zweite?”, wollte Adam wissen.
“Es ist persönlicher Natur”, antwortete Annis ausweichend. “Es wäre nicht richtig, würde ich darüber sprechen.”
“Warum nicht?”, wunderte sich Adam. “Werden Sie von Mr. Ingram erpresst?”
“Nein”, sagte sie und schüttelte den Kopf. “Allerdings hat er Andeutungen gemacht, die mich sehr beunruhigen.” Plötzlich dachte sie daran, wie unwillig Lord Ashwick gewesen war, sich beim Ball zu Mr. Ingram zu gesellen, und unversehens kam ihr ein Gedanke. “Werden Sie von ihm erpresst?”, platzte sie heraus.
Verdutzt schaute Adam sie an, blieb stehen und äußerte befremdet: “Wie kommen Sie auf diesen Einfall?”
“Sie weichen mir aus, Sir, aber keine Antwort ist auch eine Antwort”, erwiderte sie ernst.
“Ich muss einräumen, dass ich wie Sie von Mr. Ingram unter Druck gesetzt werde”, gestand Adam. “Sie wissen, dass mein Schwager hohe Schulden bei ihm hatte. Inzwischen hat er mir damit gedroht, das Ausmaß von Humphreys Verbindlichkeiten publik zu machen.”
“Was will er dadurch erreichen? Hat er es auf Eynhallow abgesehen?”
“Noch hat er nicht von mir verlangt, dass ich es ihm verkaufen soll”, äußerte Adam grimmig. “Nein, er erwartet, dass ich ihm zu höherem gesellschaftlichen Ansehen verhelfe. Aber darauf kann er lange warten!”
“Jetzt verstehe ich, warum Sie gestern Abend seinem Ansinnen nicht stattgegeben haben”, sagte Annis.
“Er ist wohl davon ausgegangen, dass ich ihm mehr Geltung verschaffe, wenn er mit mir gesehen wird. In meinen Augen ist er jedoch nur ein unkultivierter Neureicher.”
“Er war gewiss sehr wütend auf Sie. Es freut mich, dass Sie ihn ignoriert haben. Übrigens haben Lady Trumpton und Lady Cardew im Verlauf des Balls mir gegenüber geäußert, Mr. Ingram sei ein aufgeblasener Wicht, den sie nie bei sich empfangen würden. Wie gut, dass Sie ihn gemieden haben, denn sonst hätte man sich bestimmt über Sie gewundert.”
“Ja, und zu Recht”, stimmte Adam zu. “Sie haben mir noch nicht erzählt,
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