Sommerfrische – Verbotene Kuesse im Mondschein
dass hinter ihr noch jemand den Raum betrat, drehte sich bestürzt um und erblickte die sie verstört ansehende Cousine. “Auch das noch”, flüsterte sie seufzend.
“Bitte, verzeihen Sie mir, Madam, dass ich Sie in diese äußerst prekäre Situation gebracht habe”, bat Adam. “Überlassen Sie es mir, die Angelegenheit aufzuklären. Haben Sie jetzt die Güte, das Zimmer zu verlassen.”
Unschlüssig schaute Annis ihn an.
“Bitte, ziehen Sie sich zurück, Madam”, drängte er sie. “Ich werde Sie aufsuchen, sobald ich die Möglichkeit dazu finde, und der Form Genüge tun.”
“Was meinen Sie damit?”, fragte Annis verständnislos.
“Ist Ihnen nicht klar, Madam, dass wir kompromittiert sind?”, äußerte er kopfschüttelnd.
Sie spürte die Röte ins Gesicht steigen, wandte sich hastig ab und strebte zu Sibella ins Nebenzimmer.
Innerlich schmunzelnd, sah Adam die Tür sich schließen. Er liebte Lady Wycherley, bewunderte ihre Integrität, ihren Scharfsinn, ihre Courage, ihre Eigenständigkeit und war entschlossen, sie zu der Seinen zu machen. Jetzt hatte sie sich ihm in die Hände gegeben und würde seinen Heiratsantrag annehmen müssen.
“Der Earl of Ashwick wünscht Sie zu sprechen, Lady Wycherley”, verkündete der Butler.
“Bitten Sie ihn herein, Tottenham”, erwiderte Sibella.
Einige Minuten später betrat Seine Lordschaft den Salon, begrüßte die Damen und versicherte Sibella, sie solle des Zwischenfalls im Hotel wegen nicht beunruhigt sein, da er gekommen sei, um den guten Ruf ihrer Cousine wiederherzustellen.
“Das hoffe ich, Sir!”, erwiderte Sibella streng und erhob sich. “Ich lasse Sie jetzt mit meiner Cousine allein”, fuhr sie kühl fort. “Solltet ihr etwas benötigen, Annis, läute bitte.”
Adam verneigte sich leicht und wandte sich, nachdem Mrs. Granger aus dem Raum gegangen war, an Lady Wycherley. “Ich bedauere, Madam, dass es zu diesem unangenehmen Zwischenfall gekommen ist”, sagte er ernst. “Mr. Thackwray hat mich irrtümlich ins falsche Zimmer gewiesen.”
“Nun, wenigstens unterstellen Sie mir nicht, ich hätte Sie absichtlich in eine kompromittierende Situation gebracht!”, erwiderte Annis etwas spitz.
“Selbstverständlich nehme ich das nicht an, Madam! Darf ich mich setzen?”
“Bitte!” Sie wartete, bis er Platz genommen hatte, und äußerte dann: “Da es sich um ein peinliches Missverständnis handelt, sehe ich keinen Grund, die Sache aufzubauschen.”
“Ich befürchte, Madam, Sie täuschen sich. Man redet bereits über uns. Wahrscheinlich hat die Bedienstete ihren Mund nicht gehalten. Und leider gibt man immer der Frau die Schuld. Ich irre mich gewiss nicht, wenn ich annehme, dass Ihnen sehr viel an Ihrem guten Ansehen gelegen ist, nicht wahr?”
“Selbstverständlich!”, antwortete Annis knapp.
“Jetzt werden die Leute, die ohnehin schon über uns klatschen, Ihnen jedoch nachsagen, Sie hätten es bewusst darauf angelegt, mich in diese heikle Lage zu bringen.”
Annis war klar, dass Lord Ashwick recht hatte. Unvermittelt fiel ihr Mr. Ingram ein, und sie war sicher, dass er begierig diese Gelegenheit ausnutzen und viel Nachteiliges über sie verbreiten werde.
“Bis jetzt habe ich nur Bezug auf Sie genommen, Madam”, fuhr Adam fort. “Aber Sie müssen auch mich berücksichtigen. Man würde mir nachsagen, ich sei ein prinzipienloser Frauenheld, der kein Ehrgefühl hat. Und da ich das nicht bin, bitte ich Sie, meine Gattin zu werden.”
Zwischen Freude und Angst um ihre Unabhängigkeit schwankend, erwiderte Annis ausweichend: “Ich danke Ihnen für Ihr Entgegenkommen, Sir, kann Sie jedoch nicht erhören.”
“Warum nicht? Wollen Sie leugnen, dass Sie sich zu mir hingezogen fühlen?”
“Nein, aber es gibt mehrere Gründe, weshalb ich Ihren Heiratsantrag nicht annehmen kann”, sagte Annis fest.
“Bitte, erläutern Sie mir, warum Sie mich zurückweisen.”
“Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Sir, wenn Sie mich nicht bedrängten!”, entgegnete Annis, um Fassung ringend.
“Wie Sie wünschen”, äußerte er resignierend. “Haben Sie schon daran gedacht, welche Auswirkungen Ihre Weigerung und der Skandal, in den wir bereits verwickelt sind, auf Ihre Tätigkeit als Patronesse haben werden? Ich wünsche es Ihnen nicht, aber Sie werden vermutlich feststellen, dass man Ihnen keine junge Dame mehr anvertrauen wird. Bitte, denken Sie gut darüber nach. Ich werde Sie in einigen Tagen wieder aufsuchen, um zu hören, ob Ihre heutige
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