Sommerfrost - Die Arena-Thriller
und sah durch die Fensterluke. Patrick stand vor der Tür. »Hast du ein paar Fotos gefunden?« Er musterte sie. »He, was ist mit dir? Du siehst so komisch aus.«
»Nein, es ist alles okay«, versicherte sie. »Hast du gewusst, das s die Polizei den Verdächtigen wieder hat laufen lassen? « »Ja, hat mir gerade meine Mutter erzählt. « »Und Bea behauptet, der Scherenschleifer sei verschwunden. « »Wirklich? Dann wird die Polizei ja hoffentlich endlich unsere n Hinweisen nachgehen! « Lyra sah den Stapel auf dem Schreibtisch des Polizisten vor ih rem inneren Auge und zweifelte daran. Für einen Momen t überlegte sie, ob sie Patrick etwas von dem Tagebuch sage n sollte. Doch etwas in ihr wollte, dass sie es erst einmal für sic h behielt. »Ich habe ein paar Fotos gefunden. « »Dann können wir sie gleich einscannen! « »Warte, ich hole sie!« Lyra rannte die Treppen hinauf. Auf de m Schreibtisch lag das aufgeschlagene Tagebuch mit den weißen , unbeschriebenen Seiten. Warum nur hat Viola nicht mehr wei ter geschrieben...? Unten hörte sie Patrick ungeduldig rufen . Lyra klappte das Tagebuch schnell zu und versteckte es in de r untersten Kommodenschublade, unter ihren Winterpullovern . Da würde es ihre Mutter bestimmt nicht finden. Später würd e sie es wieder an seinen alten Platz im Kleiderschrank zurück bringen. Dann nahm sie die Fotos und rannte die Treppe nac h unten, wo Patrick auf sie wartete .
Sorgfältig scannte Patrick die Fotos in seinen Computer ein un d blendete sie dann übereinander. Er verstärkte mal das Bild ih res Vaters, mal das ihrer Mutter, mal das von Viola. Seltsam e Gesichter entstanden: Sie waren vertraut und dennoch fremd . »Warte!«, rief Lyra bei einem Bild, »so ähnlich sah die Frau au f dem Markt aus! « Patrick speicherte das Bild. Lyra betrachtete es eingehend . Aber sie wollte sich keine falschen Hoffnungen machen... Lyra , du steigerst dich da in etwas hinein !
»Was ist?«, fragte Patrick und sah sie besorgt an . »Schon gut. Kannst du mir das Foto ausdrucken?« Lyra versuch te, sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen . Patrick schaltete den Drucker an. »Aber mir ist übrigens etwa s eingefallen. Meine Schwester ist doch Journalistin. Vielleich t kann sie uns helfen? Weißt du noch, wann genau Viola ver schwunden ist? « »Am vierten Juli. Nein...andem Tag war ihr Todestag.« In die sem Moment wurde ihr etwas klar. Der letzte Eintrag im Tage buch stammte vom ersten Juli, von dem Tag, an dem sie ver schwand! Da war sie mit dem Jungen, den sie J. nannte, in de n Wald gegangen. Warum war ihr das nicht gleich aufgefallen ? Ob Viola direkt nach dem Ausflug abgehauen war? In ihren Ta gebucheinträgen klang sie von Mama und Papa so genervt, das s Lyra fast verstehen konnte, dass ihre Schwester einfach davon gelaufen war . . . »Patrick, ich muss dir etwas sagen«, begann sie und erzählt e ihm von Violas Tagebuch . »Was ist mit diesem J. passiert?«, wollte Patrick wissen . »Keine Ahnung. « »Und er war in deine Schwester verliebt? « Lyra nickte. »Ich denke schon. Und sie in ihn. « Nachdenklich kraulte Patrick Tiger, der hereingeschlichen war , hinter den Ohren . »Sag mal, hast du nicht gesagt, dass dieser Leander auch in Vio la verliebt war?«, sagte Patrick schließlich . Richtig. Leander war in Viola verliebt. Aber ein Leander kam i m Tagebuch nicht vor . »Glaubst du, dass Leander J. ist?«, grübelte Lyra . »Aber warum sagt er dann, er heißt Leander?«, wandte Patric k ein . »Vielleicht hat Viola ihn im Tagebuch einfach J. genannt. Zur Sicherheit sozusagen, falls Mama das Tagebuch gefunden hätte«, sagte Lyra. »Allerdings hat Leander gesagt, dass er mit seiner Mutter vor Violas Verschwinden weggezogen ist.« »Mhm.« Patrick kraulte Tiger immer noch, der genüsslich die Augen geschlossen hatte. »Und was ist auf ihrer sogenannten Forschungsreise in den Wald passiert?« »Das werd ich rauskriegen«, murmelte Lyra und nahm das Foto aus dem Drucker. »Was hast du jetzt vor?«, wollte Patrick wissen. Lyra stand auf. »Ich muss nachdenken.« »Wenn du mich brauchst, ruf einfach an«, sagte er zum Ab schied. Auf dem Heimweg wurde ihr immer klarer: Sie musste noch ein mal mit Leander sprechen. Leander ist der Einzige, der die Wahrheit über J. wissen und sie mir sagen könnte, dachte sie. Sie suchte im Handy nach seiner Nummer, da fiel ihr ein, dass sie seine Nummer gar nicht hatte. Er hatte ihre notiert! Was sollte sie jetzt tun? Sie wusste ja noch nicht
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