Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
würde. Aber Elizas Augen weiteten sich fasziniert.
    »Sieht wie der ideale Platz aus, an dem man über Geheimnisse sprechen kann. Ein verborgener, verzauberter Weg, wo sich brave Mädchen gegenseitig schreckliche und unglaubliche Dinge anvertrauen können … und wo die Monster sie niemals finden!«
    »Monster? Du machst Spaß, oder?«, fragte Annie beunruhigt.
    »Ich denke schon.«
    Annie spürte abermals, wie ihr ein wohliger Schauer den Rücken herunterlief. Das wunderbare Gefühl, sich schreckliche und unglaubliche Dinge erzählen zu können, die Wahrheit nicht verbergen zu müssen, bewog sie, Elizas Hand zu nehmen und ihr den steilen Pfad hinaufzuhelfen. Bäume säumten den Wegrand, die ausladenden Zweige über ihren Köpfen verschlungen, so dass grün gesprenkeltes Sonnenlicht auf ihre Schultern fiel.
    Kaum hatte sie den Wald betreten, wickelte Eliza auch schon das Sandwich aus, das Annies Mutter zubereitet hatte, und warf es ins Gebüsch.
    »Für die Vögel«, erklärte sie. »Oh, ich habe vergessen zu fragen, ob du meines auch noch willst … du hättest beide essen können.«
    »Mir reicht schon die Hälfte von meinem.« Annie entfernte die Plastikfolie von ihrem Truthahn-Sandwich und warf es Elizas hinterher.
    »Du hast abgenommen.«
    »Sieht man das?«
    »Ja. Die Pfunde schmelzen nur so dahin. Sei vorsichtig, dass du nicht die Grenze zur Magersucht überschreitest. Wenn man einmal damit angefangen hat, kommt man nur schwer davon los. Hungern ist wie eine Droge. Wer braucht da schon Heroin?«
    »Ich nehme keine Drogen.«
    »Ich auch nicht … nur mein PRN .«
    »Dein was?
    »In der Klinik. Beruhigungsmittel, wenn wir sie brauchen. Sie wollen damit verhindern, dass wir durchdrehen – äußerlich zumindest. Wie wir uns innerlich fühlen, steht auf einem anderen Blatt. Wir waren dort, weil wir innerlich durchgedreht haben.«
    »Warum
warst
du in der Klinik?«, fragte Annie, als sie den dunklen, gewundenen Pfad entlanggingen, zwei Mädchen in einem Märchen, auf dem Weg zur Hütte des Hexenmeisters …
    »Willst du die ganze Geschichte hören?«
    »Ja.«
    »Sie ist nicht besonders lustig. Es geht dabei um meine Mutter … und deinen Vater.«
    » MEINEN Vater?«, fragte Annie fassungslos.
    »Ja. Überleg dir also, ob du sie wirklich hören möchtest …«
    »Erzähl schon!«
    Eliza hob die Hand und bedeutete Annie mit einer Geste, weiterzugehen. Sie gingen eine Minute schweigend nebeneinander her, dann verließen sie die Dunkelheit und gelangten – wie durch ein Wunder, als würden sie neu geboren – ins Sonnenlicht des Little Beach. An diesem Punkt des Weges begann sich Annie normalerweise zu entspannen, doch im Moment war jeder Muskel ihres Körpers verkrampft, als befürchtete sie, jeden Moment einem Ungeheuer zu begegnen. Und was war das für ein Rascheln im Unterholz – als ob ihnen jemand folgte? Sie zwang sich, die Angst abzuschütteln; Eliza hatte ihr nur einen Schrecken einjagen wollen.
    Als sie ungefähr die Hälfte des ersten Strandes hinter sich hatten und auf den »Super Simmy«-Haifischfelsen zustrebten, hielten sie an, um zu lauschen: Jemand streifte
tatsächlich
durch den Wald, gerade außer Sichtweite. Annie hörte Zweige knacken und Blätter unter den Füßen eines Menschen rascheln. »Hörst du das?«, fragte sie Eliza.
    »Hmmm.« Eliza spitzte die Ohren.
    »Sind das die Monster?«, flüsterte Annie.
    »Ja!« Eliza zog ein furchterregendes Gesicht. »Sie wollen die Geschichte ebenfalls hören. Was ist mit dir, bist du bereit?«
    »Ich denke schon.« Annie spähte zum Wald hinüber, konnte aber nichts entdecken und wusste, dass sie sich mit ihrer Freundin auf ein Spiel einließ, bei dem man leicht den Verstand verlieren konnte.
    »Dein Dad war mein Treuhänder«, begann Eliza.
    Annie zog die Nase kraus, versuchte sich zu erinnern, was ein Treuhänder war. Museen hatten welche, wie sie wusste, weil ihr Vater zu den Treuhändern des Kunstmuseums gehört hatte. Sie wollte nicht den Anschein erwecken, hinter dem Mond zu leben, aber wozu brauchte Eliza einen?
    »Mein Großvater war sehr reich«, fuhr Eliza beinahe entschuldigend fort. »Sein Vater besaß Walfängerboote, die auf allen Weltmeeren segelten und Wale abschlachteten, prachtvolle Tiere, die keinem etwas zuleide tun. Ihm gehörte eine ganze Fangflotte … das Geld, das er damit verdiente, investierte er in eine Schifffahrtsgesellschaft … und danach vergrößerte er seine Anlagen und investierte in

Weitere Kostenlose Bücher