Sommerglück
schwanden Tara beinahe die Sinne. »Wir müssen schließlich dafür sorgen, dass unsere Tarnung glaubhaft wirkt«, fügte er mit einem halben Lächeln hinzu.
»Glauben Sie, dass uns das gelingt?«
»Es wäre sicher besser, wenn Sie ein bisschen näher rücken würden.« Sein Arm presste sie an sich, und sie verspürte ein Kribbeln im ganzen Körper, als sie miteinander tanzten.
»So etwa?«, fragte sie.
»Ja. Sehr gut. Sie sind ein Naturtalent, Tara.«
»Ich möchte, dass mein Großvater stolz auf mich ist«, murmelte sie an seinem Hals. »Meine Granny und er waren übrigens Schwäne.«
»Waren sie lange zusammen?«
»Ja. Ein Leben lang.«
»Meine Eltern auch«, sagte Joe. Sie setzten den Tanz fort, und Tara hatte sich niemals in ihrem ganzen Leben so glücklich gefühlt. »Ich wüsste gerne, ob sie jemals Yeats gelesen haben.«
»Das haben sie mit Sicherheit.« Tara spähte über seine Schulter. »Uups – Vorsicht. Mark und Alise im Anmarsch.«
Joe und sie verstummten, als er sie über die Tanzfläche wirbelte, weg von den Bolands. Tara sah den beiden zu und dachte an Bay und Sean. Sie schüttelte den Kopf.
»Ich spüre, dass Ihnen irgendetwas missfällt«, sagte Joe, den Mund an ihrem Haar.
»Sean war furchtbar eifersüchtig auf Mark, als er zum Vorstand der Bank berufen wurde. Dabei haben sie so viele Gemeinsamkeiten.«
»Wieso? Was meinen Sie?«
Tara blickte zu der Konsole mit den sportlichen Auszeichnungen, den Medaillen und Statuen empor: Basketball, Football, Baseball, Golf. »Sie sind beide sportlich und ehrgeizig. Sie haben schon in der Highschool gegeneinander gespielt.«
Joe folgte ihrem Blick.
»Jammerschade …«, meinte sie.
»In welcher Hinsicht?«
»Mark hat Sportsgeist und Fairness gelernt, und Sean, wie man am besten betrügt. Ihm ging es nur um den Sieg; er hätte wissen sollen, dass es letztlich wichtiger ist, wie jemand spielt.«
Joe blieb abrupt stehen, mitten auf der Tanzfläche. Er sah sie strahlend an, während alle anderen Hexen um sie herumtanzten.
»Tara O’Toole. Der Captain wäre
stolz
auf Sie.«
»Der Captain?«
»Seamus O’Toole, Ihr Großvater.«
»Warum?«, gelang es ihr gerade noch zu fragen, bevor er sie in beide Arme schloss und sich zu ihr herabbeugte.
»Weil du gerade meinen Fall gelöst hast«, flüsterte er und küsste sie.
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29
E r hatte einige schlaflose Nächte hinter sich. Er hatte im Bett gelegen und darüber nachgegrübelt, was er gesagt und ob er die falschen Worte gewählt hatte. Die Lokalzeitungen waren angefüllt mit Annoncen und Berichten über den Pumpkin Ball, und am Morgen danach – einer weiteren Nacht, in der er wach gelegen hatte – fragte er sich, ob Bay als Hexe verkleidet hingegangen war, um den Müll zu vergessen, den er ihr vor die Füße gekippt hatte.
Er arbeitete den ganzen Tag, teilte seine Zeit zwischen den beiden Booten auf, die er fertig stellen wollte. Stunden vergingen – sollte er sie anrufen? Unter dem Vorwand, dass er sich nur nach ihrem Befinden erkundigen wollte? Oder sollte er versuchen, ihr die ganze Sache nochmals zu erklären?
Mit dem Stolz hatte es eine seltsame Bewandtnis. Beinahe so schlimm, wie einem Betrüger auf den Leim zu gehen, war das Wissen, wie nahe er daran gewesen war, mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Und das nicht mit irgendjemandem: nein, mit dem verstorbenen Ehemann einer Frau, in die er sich gerade verliebte. Dass er dem FBI die ganze Geschichte erzählt hatte, machte ihm genauso schwer zu schaffen.
Joe hatte zugehört, sich Notizen gemacht; einmal hatte er gefragt, ob Dan einen Anwalt hinzuziehen wolle. Dan hatte Ruhe bewahrt, sich um eine nichtssagende Miene bemüht. Aber innerlich hatte er gezittert.
»Sie haben wichtige Informationen zurückgehalten«, sagte Joe. »Es wäre hilfreich gewesen, wenn wir früher gewusst hätten, dass Sean den Trust Ihrer Tochter für seine Machenschaften benutzen wollte. Damit lässt sich unter Umständen der anonyme Anruf erklären, den Sie im Sommer erhielten.«
»Wie das?«
»Irgendjemand weiß über Ihre Verbindung zu Sean Bescheid. Der Anruf könnte ein Versuch gewesen sein, herauszufinden, ob Sie gewillt gewesen wären, doch noch mit einzusteigen. Oder es war eine unterschwellige Drohung – vielleicht wissen Sie zu viel. Warum haben Sie nicht früher ausgepackt?«
»Das ist Neuland für mich«, erwiderte Dan barsch. »Ich meine, in einen Mordfall verwickelt zu sein. Ich habe eine sehr sensible Tochter. Alles, was ihre Mutter
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