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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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ganzes Heer von Polizisten wegen ein paar Tropfen Fischblut.«
    »Ich hoffe, dass es nur das ist.«
    »Wirklich? Ich könnte es durchaus verstehen, wenn sich dein Mitleid in Grenzen hält«, scherzte Tara, um die Stimmung aufzulockern, doch als sie Bays Miene bemerkte, verstummte sie.
    »Annie ist völlig aufgelöst. Was, wenn er schwer verletzt ist, irgendwo dort draußen?«
    Als sich die Polizisten näherten, rannte Annie zu ihrer Mutter zurück, um ihr zur Seite zu stehen. Bay sprach bedächtig, bemühte sich, Ruhe zu bewahren, als sie den Sachverhalt schilderte, soweit sie ihn kannte: dass Sean nicht zu einer wichtigen Besprechung in der Bank erschienen war, dass Annie und sie auf dem Boot nach ihm gesucht und Blut an der Einstiegsluke gefunden hatten.
    »Welches Boot gehört ihm denn?«, fragte Officer Perry, ein hochgewachsener junger Mann mit kurzen dunklen Haaren, der Annie mit einem freundlichen Lächeln bedachte.
    »Das da.« Annie deutete auf die
Aldebaran
und lief hinüber.
    »Hübsches Boot zum Fischen.« Officer Perry nickte anerkennend.
    Bay sah schweigend zu, wie die Polizisten an Bord gingen. Ihr Magen befand sich in Aufruhr; Tara ergriff ihre Hand und drückte sie. Die Polizisten nahmen das Blut in Augenschein, gingen bedächtig über das Deck, spähten zum Himmel empor und über die Seite des Schiffes ins Wasser. Annie stand auf dem Kai, ließ sie nicht aus den Augen.
    »Warum schauen sie ins Wasser?«, fragte sie plötzlich, an ihre Mutter gewandt.
    »Ich denke, sie müssen überall nach Hinweisen auf seinen Verbleib Ausschau halten.« Bay nahm sie in die Arme.
    »Nur nach Hinweisen?«
    »Ja, Schatz.«
    Die Sorgenfalte zwischen Annies Augenbrauen vertiefte sich, und Bays Herz hämmerte schmerzhaft gegen die Rippen. Sie würde Sean nie verzeihen, dass er seiner Tochter den Anblick der Polizisten nicht erspart hatte, die das Wasser nach seiner Leiche absuchten. Bei dem Gedanken wurde Bay eiskalt, und sie fürchtete das Schlimmste.
    Einer der Polizisten telefonierte mit seinem Handy, und Officer Perry erkundigte sich bei Bay, ob sie die Zahlenkombination für das Schloss kannte, damit sie sich vergewissern konnten, dass weder Sean noch jemand anderer verletzt in der Kajüte lag.
    »Das Schloss lässt sich nur von außen zusperren«, sagte sie. »Er kann nicht drinnen sein.«
    »Trotzdem, für alle Fälle.«
    Bay zögerte.
    Sie hätte nicht einmal sagen können, warum. Je mehr Zeit verstrich, desto klarer wurde ihr, dass sie Angst davor hatte, was sie in der Kajüte finden könnten – Sean, der verletzt war, oder Schlimmeres, und all die Dinge, die er ihr verheimlichte.
    »Drei-fünf-sechs-zwei«, platzte Annie heraus.
    »Geht das in Ordnung?«, fragte Officer Perry und sah Bay an, um die Erlaubnis zum Betreten der Kajüte bittend. Sie nickte.
    Er öffnete die Luke und verschwand unter Deck, im Inneren des Bootes. Officer Dayton folgte. Bay sah zu. Reifen knirschten auf dem Kies; sie drehte sich um und entdeckte einen schwarzen Sedan, der neben den Streifenfahrzeugen hielt. Zwei Männer stiegen aus, beide im Anzug, und die zwei uniformierten Polizisten gesellten sich zu ihnen.
    »Hohe Tiere«, meinte Tara.
    »Sie werden Daddy finden, oder?«, fragte Annie.
    »Darauf kannst du Gift nehmen.« Tara nahm sie in die Arme. »Wenn man wie ich einen Polizisten als Großvater hatte, kann man einen guten Ermittler auf den ersten Blick erkennen. Die beiden sind absolut Spitze – das sieht man gleich.«
    Bay ließ ihre Tochter in der Obhut ihrer besten Freundin zurück und kletterte auf das Boot ihres Mannes. Sie musste sich selbst ein Bild machen; wenn er sich unten befand, war ihr Platz dort. Den Chromhandlauf am oberen Ende der Leiter packend, stieg sie in die Kajüte hinab.
    Die Polizisten entdeckten sie nicht sofort. Sie standen über etwas gebeugt weiter vorne, unterhielten sich mit leiser Stimme. Die Kajüte war verschlossen gewesen und roch muffig und süßlich. Das Boot schaukelte sanft auf den Wellen, stieß in unregelmäßigen Abständen mit einem dumpfen Geräusch gegen den Pier, abgefedert von den Fendern.
    Bays Herz raste. Mit Tränen in den Augen dachte sie an das letzte Mal, als die ganze Familie an Bord gewesen war: eine Angelpartie zum Race, wo sie mit lebenden Aalen als Köder Streifenbarrels anlocken wollten. Billy hatte den größten Fisch und Pegeen am meisten gefangen. Sie waren an der Stelle vorbeigeprescht, wo Sean ihr vor langer Zeit am Tag der Sommersonnenwende erklärt hatte, dass

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