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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück
Autoren: Luanne Rice
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falsch. Sie besaß Charakterstärke, Integrität. Sie war Elizas Vorbild. Sie hätte nie –«
    »Sie war
kein Vorbild!«
Bay ließ Dan los, trat einen Schritt zurück. Ihre Stimme klang wütend, ihre Augen waren mit Tränen gefüllt.
    »Wovon redest du? Natürlich war sie –«
    » NEIN , Dan.« Ein Schluchzen löste sich aus Bays Brust. »Eliza sah GANZ UND GAR KEIN Vorbild in ihr!«
    Die Polizei war überall im ersten Stock, und so nahm Dan Bay an die Hand und ging mit ihr nach oben ins Schlafzimmer, das er mit Charlie geteilt hatte. Sie nahmen auf der Bettkante Platz, wobei Bay bitterlich weinte. Nun war es an Dan, sie zu trösten, mit dem rechten Arm um ihre schmalen Schultern, versuchte er mit der linken Hand ihr Kinn zu heben und sie zu zwingen, ihm in die Augen zu schauen.
    »Sag mir die Wahrheit, Bay. Bitte.«
    »Es tut mir leid, Dan«, schluchzte sie. »Das hätte ich nicht sagen sollen. Nicht heute Abend …«
    »Dafür ist es jetzt zu spät. Wo du schon einmal davon angefangen hast, kannst du es genauso gut zu Ende bringen. Was wolltest du über Eliza und ihre Mutter sagen?«
    »Für Eliza war Charlie kein Vorbild. Nicht einmal ein ehrlicher Mensch.«
    »Bay, du irrst.«
    » NEIN , Dan. Sie hat gesehen, wie ihre Mutter Sean küsste!«
    »Das hat Eliza dir erzählt?« Dan war wie erstarrt.
    »Nein, sie hat es Annie erzählt.«
    »Und Annie hat es dir erzählt.«
    »Ja. So ist das nun mal im Leben. Ein Kind erwartet Liebe und Trost von den Eltern – nicht Täuschung und Verrat! Es tut mir leid, Dan, aber ich hasse sie. Ich hasse sie, weil sie Sean geküsst hat, weil Eliza es mit ansehen musste, weil sie dir –« Sie verstummte mitten im Satz.
    »Sag es«, flüsterte er und zog Bay noch enger an sich, sein Mund an ihrem Haar. »Bitte sprich weiter.«
    »Weil sie dir ein schlechtes Gewissen eingeimpft hat.« Sie schluchzte verzweifelt, zitterte am ganzen Körper. »Minderwertigkeitsgefühle. Weil es dir nicht gelungen ist, sie glücklich zu machen. Ständig hast du dir Vorwürfe gemacht: Wenn ich nur die richtige Zauberformel gefunden hätte, wenn ich nur erraten hätte, was sie gerne gehört hätte, wo sie gerne gewesen wäre … wie sie gerne berührt worden wäre …«
    Dan erkannte, dass Bay über sich selbst und ihren Mann sprach, aber er nahm jedes Wort in sich auf, spürte, dass sie beide, zumindest im letzten Jahr, das Gleiche durchgemacht hatten.
    »Es tut mir leid, dass er dir das angetan hat. Sean meine ich …«
    »Und mir tut es leid, was Charlie dir angetan hat.«
    »Warum bin ich nicht von selbst darauf gekommen? Warum hat Eliza keinen Ton gesagt?«
    »Du bist nicht darauf gekommen, weil du zu den Menschen gehörst, die einem anderen blind vertrauen. Wenn du jemanden liebst, dann liebst du mit Leib und Seele.«
    »Das stimmt.« Er blickte auf ihren Scheitel, auf ihr rotgoldenes Haar, das im kalten Novemberlicht schimmerte, und wünschte sich, sie würde ihm in die Augen schauen.
    »Und Eliza hat geschwiegen, weil sie dir nicht noch zusätzlich wehtun wollte. Auch meine Kinder haben mich mehr beschützt, als mir lieb ist.«
    »Weißt du, wann die Geschichte mit Sean passiert ist?«
    Bay schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, kurz vor Charlies Tod. Frag Eliza.«
    Was wäre, wenn sich die Gelegenheit dazu nie mehr ergäbe?
    Bay sah den Schmerz in seinen Augen und schüttelte den Kopf. »Das darfst du nicht denken«, sagte sie, während ihr die Tränen über Wangen und Mund liefen; dann berührte sie die Seite seines Gesichts, schlang den Arm um seinen Nacken und küsste ihn auf den Mund.
    Der Kuss war stürmisch. Dan umklammerte Bay mit dem letzten Rest Stärke, den er aufzubieten vermochte, spürte ihre Hände auf seinem Rücken, die unter seinen Pullover glitten, in dem Bedürfnis, seine Haut zu berühren, seinem Herzen so nahe wie möglich zu sein.
    Als sie wieder nach unten gingen, fanden sie Joe Holmes im Esszimmer vor. Bei ihrem Eintritt deutete er auf den hölzernen Geschirrschrank. »Hatte Eliza ihren Silberbecher dort aufbewahrt?«
    »Ja.«
    »Wie ich schon Detective Rivera sagte, der Becher wurde von Paul Revere gefertigt. Er gehört eigentlich in ein Museum. Wurde Eliza deswegen … entführt?«
    »Er hätte auch von Walmart stammen können«, erwiderte Joe grimmig. »Der Wert hat weder etwas mit dem Hersteller noch mit dem Alter zu tun.«
    »Was soll das heißen? Wieso sollte sonst jemand eine Entführung riskieren, oder rechtfertigen? Wie ließe sich sonst
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