Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
ihres Partners auszuquetschen. Der Ausdruck in Bays Augen hatte genügt, um mit dem Gedanken zu spielen, umgehend einen Monat unbezahlten Urlaub zu nehmen. Sich in irgendein Golfparadies in Tucson zurückzuziehen, weit weg von allem, wo er sich nur damit beschäftigen musste, an seinem Abschlag und an seiner Spieltechnik zu arbeiten.
    Sein Vater hatte schon für das Bureau gearbeitet und ihm beigebracht, dass Golf ein gutes Mittel war, um Stress abzubauen. Joe war in dem Glauben aufgewachsen, sein Vater sei ein Held, ein Spion wie James Bond, nur größer und stärker und ohne englischen Akzent, und er hatte sich nicht die mindeste Chance ausgerechnet, in seine Fußstapfen zu treten.
    Maynard Holmes hatte es bis zum Dienststellenleiter von New Haven gebracht. Sie hatten in einem großen blauen Haus an der Main Street in Crandell gewohnt, zwischen dem Warenhaus und der Bibliothek. Während andere Väter ihrem Beruf als Lehrer, Bankangestellte, Rechtsanwälte oder Mechaniker nachgingen, machte seiner Jagd auf Verbrecher.
    »Woher weißt du, wer ein Verbrecher ist?«, hatte Joe seinen Vater einmal gefragt.
    »Das sieht man den Menschen nicht an«, hatte sein Vater erwidert. »Man sollte niemanden nach seinem Aussehen beurteilen, Joe. Oder nach dem Auto, das er fährt, oder dem Haus, in dem er wohnt, ja nicht einmal nach seinen Worten. Beurteile die Leute nach ihren Taten. Die sagen dir, ob jemand gut oder böse ist.«
    Die Worte waren Joe stets in Erinnerung geblieben. Er dachte jeden Tag an die Lektionen seines Vaters, der für das Bureau gearbeitet hatte. Er wünschte, dass sein Vater noch leben würde, er hätte sich gerne mit ihm über den Fall McCabe unterhalten. Aber das war nur ein Aspekt. Joe vermisste beide Elternteile. Seine Mutter war vor zwei Jahren an einem Schlaganfall gestorben, sein Vater hatte sie nicht einmal ein halbes Jahr überlebt.
    Eine solche Liebe wünschte sich Joe. Aber im Zuge seiner Ermittlungen gegen Straftäter in Topmanagement-Kreisen bekam er so viele Lügner und gebrochene Herzen zu sehen, dass es fraglich war, ob es eine solche Liebe wie die seiner Eltern überhaupt noch gab. Demzufolge begegnete er den meisten Menschen mit dem gleichen Misstrauen, das er vor knapp zehn Minuten in Tara O’Tooles Augen entdeckt hatte.
    Joe fuhr durch die Stadt; seine nächste Etappe war die Shoreline Bank, um Fiona Mills ein paar Fragen zu stellen. Die Empfangssekretärin deutete auf ein Büro im hinteren Teil des Gebäudes, und er trat ein. Sie hatte umwerfende blaue Augen und kastanienbraunes Haar, das von einem Reifen aus Sterlingsilber zurückgehalten wurde; sie trug ein schlichtes, teures Nadelstreifenkostüm.
    »Ich habe ein paar Fragen an Sie.«
    »Mein Terminkalender ist heute randvoll, Mr.Holmes.« Sie deutete auf ihren Schreibtisch. »Seit Seans Verschwinden … und bei dem Chaos, das er hinterlassen hat … Natürlich werde ich alles tun, um Ihnen zu helfen, aber im Moment habe ich nicht viel Zeit.«
    »Ich weiß.« Joe dachte, wie sehr sich ihre dunkelblauen Augen von Tara O’Tooles unterschieden. Er schluckte und nahm Platz. »Danke für Ihre Kooperationsbereitschaft. Wir werden uns auf die aktuellen Entwicklungen beschränken und versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen. Erstens, arbeitet hier in der Bank jemand, der Ed heißt?«
    »Edwin Taylor, in der Treuhand-Abteilung. Und Eduardo Valenti, ein Praktikant aus New York, der uns für den Sommer zugeteilt wurde. Seine Eltern leben in der Gegend.«
    Joe machte sich Notizen, dann blickte er hoch. »Können Sie mir ein wenig über sich selbst erzählen, und was Sie über Sean McCabe wissen?«
    Fiona war vor fünf Jahren zur Shoreline Bank gekommen, ein Traumjob. Die Arbeitsbedingungen waren vorbildlich, das Verhältnis zu ihren Kollegen hervorragend, alle schienen gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um das Wachstum der Bank zu unterstützen.
    »Sean war schon immer sehr konkurrenzbewusst«, sagte sie. »Wir haben ungefähr den gleichen Rang, wurden etwa zur gleichen Zeit Bereichsleiter. Er machte keinen Hehl daraus, dass er auf die Beförderung erpicht war, und ging dem Vorstandsvorsitzenden und der Berufungskommission um den Bart … ich wusste, dass wir die Position am Ende beide bekommen würden, aber Sean machte ein Riesengetue darum.«
    »Ist das typisch für ihn?«
    »In der Tat. Er ist sehr ehrgeizig, liebt Wettbewerbe und Trophäen. Als er noch das Schalterpersonal unter sich hatte, führte er ständig neue Wettbewerbe ein.

Weitere Kostenlose Bücher