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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Konto abgezogene Geld parkte er in einem Trust. Später schrieb er dann eine Zahlungsanweisung aus oder hob Bargeld ab. Er machte während der Mittagspause einen Spaziergang, eilte zu seinem Boot und zahlte es auf ein Konto ein, das er bei der Anchor Trust eingerichtet hatte.«
    »Er würde nie Geschäfte mit der Anchor Trust machen. Das sind Konkurrenten.« Bays Augen brannten, als Joe mehrere Papiere über den Frühstückstresen schob. Auch ohne sie genauer in Augenschein zu nehmen, wusste sie, dass Seans Name auf den Kontoverträgen stand … und seine Unterschrift.
    »Seine Kunden vertrauten ihm blind. Zuerst leitete er das Geld in einen Trust bei der Shoreline, und von da aus ging es mittels Zahlungsanweisungen an Anchor, wo er nach Belieben Schecks ausstellen konnte.«
    »Nein.« Bay schüttelte den Kopf. Würden ihre Kinder die Geschichte zu hören bekommen? Das würde Annie das Herz brechen. »Er würde niemanden dermaßen schädigen wollen.«
    »Das gilt für die meisten Leute«, sagte Joe. »Sie empfinden ihr Verhalten nicht einmal als kriminell. Sie brauchen das Geld lediglich. Brauchen es verzweifelt.«
    »Wir haben genug Geld. Können bequem davon leben.«
    »Er hat es vermutlich nicht einmal als Diebstahl betrachtet – anfangs. ›Ich leihe mir nur schnell hundert Dollar aus; Dienstag zahle ich das Geld zurück. Ich brauche es nur übers Wochenende.‹«
    »Nein … er hat mehr als genug verdient …« War das nicht Seans Argument, wenn es darum ging, dass Bay zu Hause bleiben sollte? Obwohl sie gerne noch einmal zur Schule gegangen oder wieder berufstätig gewesen wäre? Er hatte ihr immer beteuert, wie gut es ihnen ging … dass sie mehr als genug besaßen … dass die Nachbarn sonst denken würden, sie wären auf das Zubrot angewiesen.
    »Dann kam der Dienstag und niemand stellte Fragen … also machte er weiter. Die Beträge wurden größer. Eintausend, fünftausend. Neuntausendneunhundert. Er wusste, dass bei jeder Kassendisposition von mehr als zehntausend Dollar ein CRR  – ein Kassendispositionsbericht – erforderlich ist. Er versuchte, das Radarsystem zu unterlaufen, aber Fiona wurde aufmerksam. Er wählte hochkarätige Kunden als Opfer aus; vielleicht dachte er, sie würden das Geld nicht vermissen. Taten sie auch nicht. Keiner der Kunden merkte etwas. Er brauchte das Geld – und dieses Bedürfnis war das Motiv.«
    »Nein!«, sagte Bay. Was sollte das für ein Bedürfnis sein? Die Hypothek, Urlaube, zwei Autos, drei Kinder, das Boot … eine Affäre? Warum sollte er alles aufs Spiel setzen, was sie sich erarbeitet hatten, und die Bank bestehlen?
    »Es läpperte sich zusammen, mit der Zeit«, sagte Joe.
    »Über Monate?«
    »Der Frage versuchen wir gerade auf den Grund zu gehen. Die abgezweigten Beträge erhöhten sich vor ungefähr elf Monaten beträchtlich«
    Ein Bedürfnis. Bloß ein Bedürfnis.
    »
Das Gesetz sieht vor, dass jeder, der in einem Finanzinstitut mit Geld in Berührung kommt – Schalterpersonal, Zweigstellenleiter –, zwei Wochen hintereinander Urlaub nehmen muss. Finanzberater und Treuhänder haben nur mit Schriftverkehr zu tun, deshalb sind sie von dieser Regelung ausgenommen.«
    Bay verstand, was sich dahinter verbarg. Sean hatte es ihr erklärt. Finanzielle Verfehlungen gleich welcher Art kamen normalerweise binnen zwei Wochen ans Tageslicht.
    »In den dreizehn Tagen seit Seans Verschwinden wurde einiges offenkundig. Er hat seine Spuren nicht verwischt.«
    »Ihm muss etwas Schreckliches passiert sein«, flüsterte Bay; ihre Kehle war so trocken wie die Grashalme im Garten. Sie dachte an das Blut auf der
Aldebaran
. Das schwarze, getrocknete Blut auf der Decke. »Es muss einen Grund geben, dass er nicht nach Hause kommt. Was wäre, wenn …«
    »Sie befürchten, dass er tot ist.«
    Bay rang um Fassung, nickte.
    »Seine Leiche wurde nicht gefunden. Im Winter, bei Eis und Schnee, wäre das verständlich. Aber wir haben Sommer. Entschuldigen Sie meine Kaltschnäuzigkeit, aber Leichen bleiben bei diesen Temperaturen nicht lange unentdeckt. Wir glauben, dass er irgendwo ärztliche Hilfe erhalten hat und untergetaucht ist.« Er schob ihr ein Blatt Papier zu, den Kontoauszug von Anchor Trust.
    Bay blickte auf die Sollseite. Vor vierzehn Tagen hatte das Konto noch ein Guthaben von 175000 Dollar ausgewiesen. Vor dreizehn Tagen war es restlos abgeräumt worden, war gleich null.
    »Unsere Familie hat ihre Konten bei der Shoreline«, sagte sie mit zittriger Stimme.

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