Sommerglück
presste, nass und glitschig von ihren Tränen, weil sie wusste, dass Eliza noch zuhörte, dass sie
da war,
selbst im angebrochenen Schweigen.
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10
S ie pflückten Blaubeeren für den Kuchen. Inmitten ganzer Felder, die in der Hitze blau und grün schimmerten. Netze, die sich meilenweit erstreckten, um das Wild fernzuhalten. Bay, Tara, Billy und Pegeen füllten ihre Körbe – sie waren die einzige Familie, die sich heute auf der Plantage eingefunden hatte, an dem bisher heißesten Tag des Sommers –, in der Ferne die Hügel im Norden von Black Hall in Dunst gehüllt, die Silhouette aufgeweicht durch die hohe Luftfeuchtigkeit, ein idyllisches Bild. Die Ruhe übertrug sich auf Bay, als sie sich umsah.
»Wenn man sich das Panorama anschaut, kann man verstehen, warum hier eine Künstlerkolonie entstanden ist«, sagte Tara. »Warum sie in Scharen von New York nach Black Hall gepilgert sind …«
Bay schirmte ihre Augen ab, betrachtete die Landschaft.
»Das denke ich oft, wenn ich am Strand bin«, sagte sie. »Wenn ich die Küstenlinie vor mir sehe, all die Felsen und Strände, die Marsch … wir lieben beide das Meer, aber du liebst die Erde ein wenig mehr … wie es unseren Namen entspricht.«
Bay und Tara
… Meer und Erde.
»Wir sollten Malerinnen werden. Künstlerinnen.«
»Ach Tara.« Der Gedanke ermüdete sie. Sie sah zu, wie ihre beiden Jüngsten durch das weite, offene Feld schlichen, wie kleine Gespenster, wie kleine Zombies, ohne die Aufregung und Munterkeit, die sie früher beim Beerenpflücken an den Tag gelegt hatten. Eine Hirschfamilie graste im Schatten einer Steinmauer an der Ostseite des Feldes, doch die Kinder bemerkten sie nicht einmal.
»Ich möchte lieber selber malen, statt mit Malern auszugehen. Sie riechen allesamt nach Leinöl, und außerdem bin ich überzeugt, dass ich mir ein viel besseres Bild vom Leben machen kann als jeder einzelne von ihnen. Mein Liebesleben dümpelt vor sich hin. Wenigstens habe ich eine sagenhafte Karriere gemacht.« Sie lachte. »Ich putze in den ersten Häusern von Black Hall.«
»Deshalb kannst du es dir leisten, viel Zeit am Strand zu verbringen. Du bist dein eigener Boss, kannst dir die Arbeitszeit einteilen.«
»Verdammt richtig. Wenn es bloß jemanden in meinem Leben gäbe, den ich mit Sonnenschutzmittel einschmieren könnte. Außer dir, natürlich. Ich sehne mich danach, endlich mal einen Mann kennenzulernen, der stark und umwerfend ist. Das männliche Gegenstück zu dir.«
Bay lachte.
»Ich meine es ernst. Ich hätte gerne jemanden, mit dem ich Händchen halten, ins Konzert gehen und auf die Veranda hinaustreten kann, um die Sterne zu betrachten … aber bisher gab es keinen, der den Wunsch in mir geweckt hätte, den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen.«
»Das verstehe ich«, erwiderte Bay sanft, kroch neben einen kleinen Strauch, griff unter die niedrigsten Zweige und holte die Beeren aus ihrem Versteck.
»Du hast es erlebt«, sagte Tara und kniete sich neben sie. »Du bist das Risiko eingegangen, hast dich verliebt … hast drei wunderbare Kinder bekommen.«
»Ich weiß. Aber Sean und ich hatten keine echten Gemeinsamkeiten. Was beschreibst du da eigentlich? Den Wunsch, Händchen zu halten und zu tanzen? Wenn ich meine Ehe betrachte, frage ich mich, wo diese himmelhoch jauchzende Liebe geblieben ist, ob es sie bei uns überhaupt jemals gab.«
»Tatsächlich?
»Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich sie mir so sehr gewünscht, dass ich mir eingeredet habe, sie sei da. Seit die Ermittlungen laufen und ich Dinge erfahre, die Sean getan hat und von denen ich keine Ahnung hatte, würde ich am liebsten von der nächsten Klippe springen. Was sagt das über mich aus – über unsere Ehe –, wenn er mir den größten Teil seines Lebens verschwiegen hat?«
»Er war ein Idiot. Schon deswegen.«
»Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll«, sagte Bay.
»Deshalb solltest du malen. Wir beide – wir könnten unsere irische Leidenschaft in sinnvolle Bahnen lenken, in unsere Kunst.«
»Im Augenblick habe ich nicht mehr viel Leidenschaft in mir.« Bay, noch immer auf allen vieren, sah zu Tara hoch, die im Gegenlicht der vom Dunstschleier verhüllten Sonne groß und stark wirkte. Bays Körper schmerzte so, dass sie sich kaum bewegen konnte; sie fühlte sich, als hätte sie mit Sean im Wagen gesessen, hätte all die Tage auf dem Meeresgrund verbracht, vom Wasser erdrückt, Finger und Gesicht von Krebsen und Fischen
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