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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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hatte nie aufgehört, zu glauben, dass es seine Aufgabe war, sie glücklich zu machen, seine reservierte, unergründliche Charlie. Im letzten Jahr ihres Lebens schien sie plötzlich aufzublühen, sich für alle möglichen Dinge zu interessieren – und Dan hatte gehofft, dass sie endlich etwas gefunden hatte, was ihr Freude machte, und die ihr zu geben ihm bisher nicht wirklich gelungen war.
    Nun bot sich Dan keine Gelegenheit mehr, seine Frau glücklich zu machen, eine harmonische Ehe zu führen, die Nähe zuließ. Das Leben, das sie miteinander aufgebaut hatten, war wie ein Kartenhaus eingestürzt. Eliza trug keinerlei Schuld daran, beileibe nicht. Aber sie erinnerte ihn an das, was geschehen war, und manchmal, wenn er in ihre Augen blickte, meinte er die gleiche unerträgliche Schwermut darin zu entdecken, unter der ihre Mutter gelitten hatte.
    Dan hatte nicht nur seine Frau, sondern auch das Gefühl der Hoffnung und Geborgenheit verloren: Seine kleine Familie war für ihn ein sicherer Hafen gewesen. Nun fürchtete er, auch noch seine Tochter zu verlieren.
    Während er versuchte, die über Dampf gebogenen Rahmen zum Rumpf zu formen, spürte er, wie seine Rücken- und Schultermuskeln vor Anspannung brannten, und dachte an einen anderen Menschen, der litt: Bay McCabe.
    Der Sommer neigte sich dem Ende zu, Herbst und Winter standen vor der Tür. Das erste Thanksgiving und Weihnachtsfest der Kinder ohne ihren Vater. Er hoffte, dass sie nicht gleichermaßen am Boden zerstört sein würden wie Eliza. Dan beugte sich tiefer über den gebogenen Rahmen; er war froh über die Arbeit und wünschte, Bay hätte etwas, um sich von den Sorgen abzulenken, von denen, die sie bereits hatte, und den übrigen, die noch auf sie zukommen würden. Dan hatte ebenfalls eine neue Befürchtung, zu all den anderen: Die anonyme Anruferin, die nach Sean McCabe gefragt hatte, wusste etwas. Das Telefonat war eine Warnung gewesen, aber wovor?
    Obwohl der August noch nicht zu Ende und die Luft in der Werkstatt schwül und mit Sägemehl angefüllt war, erschauerte Dan bis auf die Knochen, als wäre es schon so eisig wie mitten im Dezember. Er dachte an den Mond, den Bay so liebte. Würde er ihr Trost spenden? Er hoffte, dass sie heute Abend aus dem Fenster sah und wusste, dass er für sie schien.
    Später am Abend, als er im Bett lag, aber nicht einschlafen konnte, weil seine Tochter sich meilenweit entfernt in einer Klinik befand, stand Dan auf. Er ging zum Fenster, blickte hinaus. Da war er, im schrägen Winkel am Himmel, der weiße Mond – noch nicht ganz voll, aber kurz davor.
    »Ein aufdringlicher Mond, der keine Geheimnisse offen lässt«, hatte Bay vor Jahren zu ihm gesagt. »Die Mondsichel gefällt mir besser, da ist ein Teil vor der untergegangenen Sonne verborgen und ruht.«
    Aber das war alles, womit der Himmel heute Nacht aufwarten konnte; Dan stieg wie unter Zwang in seinen Pick-up. Es war schon nach zwei, als er nach Westen fuhr. Der beinahe volle Mond leuchtete ihm, wob einen silbernen Teppich auf dem Wasser, das er vom Highway aus sehen konnte. New London breitete sich unter der Gold Star Bridge aus. Er sah die Werft, in der sich seine Werkstatt befand, nur wenige Anlegestellen südlich des Bahnhofs; die Masten der Schiffe schimmerten in dem geheimnisvollen Licht.
    Er nahm die Ausfahrt, die nach Hubbard’s Point führte, und fuhr die geschlängelte Shore Road hinab. Eine ländliche Idylle, dunkel und still, die Bäume versperrten die Sicht auf den Mond. Er war merkwürdig aufgeregt, als befände er sich auf einer geheimen Mission, die es vor dem Morgengrauen zu beenden galt.
    Er fuhr unter dem Eisenbahnviadukt hindurch in Richtung Marsch, danach durch die schlafende Ortschaft. Die kleinen Cottages waren ausnahmslos dunkel, die Spielsachen für den Strand bis zum Morgen auf den Veranden verstaut.
    Er parkte auf dem unbefestigten Parkplatz, schlenderte am Hafenbecken vorbei auf die hölzerne Strandpromenade. Von hier aus hatte man den besten Blick auf den Mond: Er stand im Westen am Firmament, direkt über dem großen Felsen hinter dem Floß, und breitete sein weißes Licht wie eine Decke auf den Wellen aus.
    Konnte Bay den Mond von ihrem Fenster aus sehen?
    Er wünschte es sich für sie …
    Als er über die Marsch blickte, sah er ihr Haus. Sean hatte natürlich damit geprahlt. Auf dem Strand, der zum Besitz des großen weißen Farmhauses zählte, hatte der Farmer, dem es gehört hatte, früher seine Schafe weiden lassen. Dan war

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