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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Boden bei diesen Blaustern-Büschen«, hatte Granny Clarke mit ihrem Wicklow-Akzent gesagt.
    »Aber das bringe ich nicht übers Herz. Dann gehen sie ein!«, hatte Bay protestiert.
    »Nein, mein Kind … Blüten können nur aus den neuen Trieben entstehen. Also weg damit … so ist’s brav …«
    Und genau das tat Bay nun: Sie schnitt und hackte alle abgestorbenen Triebe ab, stutzte die Pennybright-Büsche bis zu den Blattknoten. Eine Spur kleiner und großer Hügel aus Zweigen und braunen Blättern hinter sich lassend, wie Scheiterhaufen, die darauf warteten, angezündet zu werden, arbeitete sie sich langsam durch den Garten. Erst als die Luft kühl zu werden begann und die Schatten länger wurden, merkte sie, dass es Zeit für das Abendessen war und sie zu ihren Kindern nach Hause musste.
    »Ich sehe, dass Sie an die Macht der Zerstörung glauben«, ertönte plötzlich eine strenge, kehlige Stimme.
    Als sie über einen besonders großen Abfallhaufen spähte, sah sich Bay ihrer Arbeitgeberin von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
    »Oh, Mrs.Renwick.« Bay zog ihre Gartenhandschuhe aus und streckte ihr über das Gestrüpp die Hand entgegen.
    »Sie sind also meine neue Gärtnerin.«
    »Ja.« Bay lächelte. »Keine Sorge – ich weiß, es sieht so aus, als hätte ich ziemlich viel weggeschnitten, aber ich verspreche Ihnen, dass alles nachwächst.«
    »Sorge machen mir vor allem die zerhackten Stöcke, die früher einmal die preisgekrönten Blaustern-Büsche meines Mannes waren.« Mrs.Renwicks Stimme hatte einen ausgesprochen aristokratischen Klang.
    »Die kommen wieder«, versicherte Bay. »Sie waren gewissermaßen im Würgegriff von Efeu und Nachtschattengewächsen, ihnen fehlte die Luft zum Atmen; da nun alle abgestorbenen Triebe und Kletterpflanzen entfernt sind … können sie ihre Kraft während der Wintermonate bündeln und im nächsten Sommer gestärkt nachwachsen.«
    »Das hoffe ich sehr, um Taras willen«, erwiderte Mrs.Renwick düster.
    »Tara?«
    »Sie ist doch Ihre Freundin, oder? Sie hat Sie empfohlen.«
    »Ich weiß. Danke, dass Sie mir diese Chance geben.«
    Mrs.Renwick stand kerzengerade da mit ihren weißen, im Wind flatternden Haarsträhnen und der legendären schwarzen Perlenhalskette, die sie überall trug, selbst zum Einkaufen im A&P. Ihre Miene war verdutzt. »Warum sagen Sie das? Tara versicherte mir, Sie wären die beste Gärtnerin weit und breit.«
    »Sie ist vielleicht ein wenig voreingenommen. Ich bin schließlich ihre beste Freundin.«
    »Das sagte sie bereits.«
    Bay versuchte zu lächeln. »Sie waren bei der Beerdigung meines Mannes.«
    »Wir sind uns noch nicht richtig vorgestellt worden, Barbara«, sagte die alte Dame. »Sie wissen vermutlich auch so, wen Sie vor sich haben. Ich bin Augusta Renwick.«
    Barbara?, dachte Bay. Niemand nannte sie so; außerdem war das nicht einmal ihr richtiger Name.
    »Ich heiße Bairbre, aber meine Freunde nennen mich ›Bay‹.«
    »Bay«, sagte Mrs.Renwick. »Ich dachte immer, das sei ein ausgefallener Spitzname, wenn Ihr Mann von Ihnen sprach.«
    »Sean hat von mir gesprochen?« Die Sonne neigte sich dem Horizont zu, und Bay spürte, wie sie mit jeder Minute blasser wurde.
    »Ja.« Mrs.Renwicks Stimme klang schwach. »Er dachte wohl, dass ich zugänglicher sein würde, wenn er mir etwas über seine Frau und seine Kinder erzählte. Ich habe selbst drei Kinder.«
    »Ich weiß.«
    »Sean hatte ein untrügliches Gespür dafür, welche Register er ziehen musste, um sein Ziel zu erreichen. Er sah, dass wir eines gemein hatten, nämlich drei Kinder, und deshalb sprach er oft über seine. Ihre.«
    »Er liebte sie sehr.«
    Der Wind wurde stärker, und Bay fröstelte, als sie den Ausdruck in den Augen ihrer Arbeitgeberin bemerkte. Die Unterhaltung war angespannt, und plötzlich hatte Bay das Gefühl, dass Taras gut gemeinte Bemühungen sie beide in eine verfahrene Situation gebracht hatten.
    »So sehr, dass er Schande über sie brachte?«, sagte Mrs.Renwick.
    Bays Gesicht wurde kreidebleich, und sie drehte mit zitternden Händen ihre Lederhandschuhe hin und her.
    »Er hat mich bestohlen,« fügte Mrs.Renwick hinzu.
    »Ich weiß. Es tut mir leid.«
    »Ich hasse es, betrogen zu werden.« Mrs.Renwick wirkte mit einem Mal alt und zerbrechlich. »Ich habe ihm vertraut. Ich habe Ihrem Mann vertraut.«
    »Es tut mir so leid«, sagte Bay abermals und wollte nach ihrer Hand greifen, doch Mrs.Renwick wich zurück, und Bay griff nach dem nächsten Busch, um nicht den

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