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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Hand in der unverletzten.
    Er schwieg eine Weile. Es dämmerte beinahe, und Himmel und Erde trafen sich am weiten, rosafarbenen Horizont. Bay suchte das Firmament nach dem Mond ab, als könnte sie ihn dahingleiten sehen, von einem Wal-Gespann gezogen.
    »Bauen ist eine praktische Angelegenheit«, sagte er schließlich. »Du hast mich gelehrt, nach magischen Dingen Ausschau zu halten.«
    »Wirklich?«
    »Mehr als irgendjemand vor oder nach dir.«
    Sie beugte den Kopf über ihre bandagierte Hand und dachte an die Polizei und die FBI -Agenten, an die Gerüchte, die kursierten, und vor allem an Annie, Billy und Peggy, die so viel Kummer hatten und auf ihre Rückkehr warteten.
    »Ich wünschte, ich hätte in meinem eigenen Leben mehr darauf geachtet«, sagte sie.
    »Die Bay, die ich früher kannte, hätte gesagt, dass diese Dinge da sind, gleich ob man nach ihnen Ausschau hält oder nicht.«
    In diesem Augenblick sprang das Boot über eine Welle und ließ beide durch die heftige Bewegung auf ihrer Bank zusammenrutschen. Bay beschloss, es dabei zu belassen.
    »Wer ist diese Bay, die du früher kanntest?«, flüsterte sie.
    »Sie ist hier, bei mir«, flüsterte er zurück, ließ die Ruderpinne los und legte ihr den Arm um die Schultern.
    Es fühlte sich völlig natürlich an. Sie saßen im selben Boot, auch im übertragenen Sinne. Als sie den Leuchtturm umrundet hatten, nahm Danny wieder Kurs auf den Hafen. Die Wellen kamen nun von hinten, und er ließ alle Segel beistehen, fuhr mit dem Wind im Rücken, wobei das große Segel jeden Lichtstrahl der untergehenden Sonne einfing.
    Das Licht spiegelte sich auf ihren Gesichtern. Sie dachte an den Mond, eisiges Silber im Licht der untergehenden Sonne, von blassgrauen Walen gezogen.
    Die Bay von früher … Sie schluckte schwer, versuchte sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass sie jemals wieder die Alte sein könnte. Der Sommer war unendlich leidvoll gewesen, und sie begann erst jetzt zu spüren, welchen Schaden die Jahre voller Lügen angerichtet hatten, die Jahre, in denen sie im gleißenden Licht der Sonne gelebt hatte.
    Als sie den Kopf hob, der in Dannys Armbeuge gelegen hatte, um ihm für die Segelpartie zu danken, sah sie, dass er sie betrachtete.
    Der Ausdruck in seinen Augen verschlug ihr den Atem.
    Er spiegelte vieles wider: alte Liebe, neue Sorge und etwas Unergründliches, für das sie keine Worte fand.
    Es war, als blickte man in das Gesicht des Mondes, aus Millionen Meilen Entfernung, und ihr fiel ein, was Augusta neulich zu ihr gesagt hatte:
»Geben Sie sich angesichts dessen, was Sie heute wissen, nicht mit weniger als mit grenzenloser Leidenschaft zufrieden.«
Bay zitterte, weil sie diese Leidenschaft in Dans Gesicht entdeckte und sie in ihrem eigenen Herzen spürte.
    Als sie sich dem Dock näherten und es an der Zeit war, das Segel einzuholen, sagte er: »Ich gebe zu, Galway, ich habe Jahre auf diesen Augenblick gewartet. Da ich dir die Mondsichel schon einmal geschenkt habe, musste ich für diese Überstunden machen.«
    Er deutete zum Himmel, in Richtung Nordosten.
    Bei Groton, hinter den Industriegebäuden und Unterseebooten, direkt über der Gold Star Bridge, stieg eine riesige, schimmernde, orangefarbene Scheibe am Himmel empor, ein Vollmond im September, bereit, die Nacht zu erhellen.
    »Ist das zu offenkundig?«, flüsterte Dan ihr ins Ohr.
    Bay schnappte nach Luft und hatte Tränen in den Augen. »Sag mir nicht, dass du das geplant hast.«
    »Ich habe nur im Almanach nachgeschaut. Und mich vergewissert, dass wir rechtzeitig auslaufen.«
    »Dan.« Sie verstummte. Sie brachte keinen Ton über die Lippen, aber sie dachte: Sean hat so etwas nie für mich getan.
    Trotz der vielen gemeinsam verbrachten Jahre schien er nie bemerkt zu haben, wie sehr sie den Mond liebte.
    Grenzenlose Leidenschaft,
hatte Augusta gesagt, und Bay hatte gedacht, ein solcher Zustand sei unmöglich. Bis jetzt.

[home]
    19
    D an schnitt zwei zweieinhalb Zentimeter dicke Schichtholzplatten zu, die Maserung verlief parallel zur Längsachse, der Schönheit und Stärke wegen. Vorsichtig trug er Epoxidharz auf, um die Oberfläche zu versiegeln. Er schrägte die Kanten entlang der Mittellinie ab, so dass beim fertigen Boot eine deutlich sichtbare Krone entstand. Es sollte ein ganz besonderes Dingi werden, perfekt bis in jedes Detail.
    Er hatte einen Bleistift hinters Ohr geklemmt, den er von Zeit zu Zeit benutzte, um sich Notizen auf einem Blatt Papier oder auf dem Holz selbst zu

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