Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
schnellstmöglich eine juristische Person zu formen, die hier zuschlagen konnte, bevor andere ihr doch noch zuvorkamen. Sicher, als gefühlte Großfamilie hatten wir die besten Karten bei Frau von Plottnitz, gleichwohl war die alte Dame in Sachen Hausverkauf eine unsichere Kantonistin. »Sehr emotional, sehr erratisch«, hatte Konrad in einer E-Mail seinen Eindruck zusammengefasst, woraufhin nicht wenige von uns erst mal googeln mussten. »Sprunghaft, unberechenbar, wild, konfus«, lauteten die Suchergebnisse, und da war Konrad nur zuzustimmen. Zum Beispiel erwähnte Oma erst einige Telefonate später, dass der Exgemahl noch ein Vorkaufsrecht ausüben dürfe, sobald ein Kaufvertrag unterschrieben worden sei, beeilte sich aber, uns zu beruhigen: »Der hängt an der Flasche. Ein tragischer Fall. Ich kann Ihnen versichern, finanziell wie auch körperlich ist mein Exmann außerstande, irgendwelche Ansprüche geltend zu machen.«
Blieb die Frage, wo wir mit Frau von Plottnitz bleiben sollten. Denn ebenfalls relativ spät ließ die alte Dame die Katze aus dem Sack, dass sie eine Klausel ins Vertragswerk aufnehmen lassen wolle, wonach wir ihr für den oberen Teil des Anwesens ein lebenslanges Zugangsrecht sowie das Recht zusichern sollten, dort oben eine kleine Hütte zu errichten. Oma konnte sich nicht trennen. Geschenkt – wir waren zu allem bereit.
Um keine Zeit zu verlieren, ließ Konrad seine Beziehungen spielen. Eine Etage über dem Büro seiner Beratungsfirma vis-à-vis von der Gedächtniskirche residierte ein Notar, den er seit Jahren immer so freundlich im Fahrstuhl gegrüßt hatte, dass man den jetzt ruhig mal um Nachbarschaftshilfe bitten konnte, wie Konrad sagte.
Etwas anderes als Nachbarschaftshilfe konnte der Notar, der jüngst die Fusion zweier Pharma-Riesen jongliert hatte, in unserem Anliegen auch nicht sehen. »Dann kommt’s halt am Samstagvormittag vorbei«, sagte der gebürtige Münchner. »Wochentags find ich sowieso keine Zeit für so was.«
Konrad hatte ihn innerhalb von drei Etagen im Fahrstuhl überredet. Ein Elevator Pitch, wie man in der Beraterbranche so sagt.
Bis zu diesem Notartermin ein paar Wochen nach der ersten Besichtigung hatten wir auch Frau von Plottnitz auf Spur halten können, indem wir immer Bereitschaft zeigten, ihre Klauselkröten zu schlucken. So war es uns gelungen, rechtzeitig einen Kaufvertrag aufsetzen zu lassen, der beim Notar in einem Aufwasch mit der GbR -Gründung unterzeichnet werden konnte. Niels brach, weil plötzlich alles ganz schnell gehen musste, eigens ein Web-2.0-BarCamp in der Schweiz ab und musste noch am Samstagmorgen vor dem Termin vom Flughafen Tegel abgeholt werden. Um Punkt 10 Uhr fanden sich alle im Büro des Münchners wieder, im Halbrund um dessen Schreibtisch aufgebaut. Simone und Elke wippten auf den Freischwingern, um die Kinder auf ihrem Schoß zu beruhigen. Die Nerven dieses in seiner Freizeit mit einer Immobilien-Petitesse behelligten Großnotars galten als schonungsbedürftig.
Weil das bei der Gründung einer GbR so erforderlich war, verlas der Notar das gesamte GbR-Vertragswerk: Die Erschienenen baten um die Beurkundung eines nachstehenden Vertrages über eine stille Innengesellschaft bürgerlichen Rechts Liepe Immobiliengesellschaft des bürgerlichen Rechts. Mit folgendem Inhalt … Und so weiter und so fort.
Die Prozedur war quälend langwierig. Die Beiläufigkeit, mit der unser sichtlich gleichgültiger Notar las, ebenso wie das mit Teakholz versehene Ambiente gemahnten in aller Schärfe, dass der Mann es üblicherweise mit anderen Kalibern zu tun hatte. Auch war der Notar die Sorte Mensch, die so luzide dreinblicken, dass sie die Schwächen ihres Gegenübers auf Anhieb zu durchschauen scheinen.
Der Notar sah von dem Vertragswerk auf und fixierte uns der Reihe nach.
»Ich darf also noch mal resümieren: Ihr seid’s zwölf Personen, ihr seid’s alle um die Mitte, Ende dreißig, und ihr wollt’s zusammen ein Haus für achtzigtausend Euro kaufen? Wobei noch mal vier von euch einen Kredit mit einer zwölfjährigen Laufzeit aufnehmen wollen. – Hab ich das so korrekt wiedergegeben?«
»Ja.« Konrad lachte.
»Gut, wenn ihr das so wollt.«
Im Subtext hatte der Notar damit schon mehr als deutlich gemacht, dass er das bisschen Kohle, um das es hier ging, an einem Vormittag im Designermöbelladen seiner Wahl durchbrachte. Das Vertragswerk der Immobilien-GbR kursierte kreuz und quer über den Tisch und wurde mit Werbekulis
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