Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
weiter einzubringen.
Ob es Konrad in seiner Hass-Mail wirklich nur um mich ging oder ob mir das aufgrund meines dämmernden Schuldbewusstseins nur so vorkam – ich dachte nicht groß nach, ich hämmerte gleich los.
Hab schon verstanden, Konrad. Aber warum gleich so aus dem vollen Rohr schießen? Ich glaube, Eure Durchlaucht verwechselt den E-Mail-Verteiler manchmal mit der Abwasserleitung.
Gleich nach dem Klick auf den Button Senden stieg mir die Hitze in den Kopf. Kam die Schnelligkeit und Wucht meiner Reaktion nicht einem Schuldeingeständnis gleich? Andererseits durfte man ja wohl mal auf etwas kommunikative Etikette pochen, dachte ich. Oder war ich vielleicht wirklich der Einzige, der seit Wochen den Fronteinsatz in den Gräben von Maltrin verweigerte? Wie auch immer, der Lord machte einem das Rückzugsgefecht leicht. Dadurch, dass Konrad seine Anklagemails gerne noch während des Wutanfalls verfasste und abschickte, statt mit kühlem Kopf später, lieferte er einem Angriffsfläche. Auf diese Weise ließ sich der Grabenkampf noch für eine Weile auf dem elektronischen Nebenkriegsschauplatz fortsetzen. Die E-Mails, die Konrad und ich hin- und herschickten, waren Stromschläge. Bis sich Simone einschaltete.
»Lass es gut sein, lass uns einfach mal wieder rausfahren.«
»Ich? Klein beigeben?«
Anfang November trotzten nur noch ein paar verfaulte Blätter an den Trauerweiden dem uckermärkischen Herbstwind, als ich Kameradenschwein das erste Mal seit der Einweihungsparty wieder Maltriner Boden betrat. Die Babyschale überm Arm und schwer behängt mit Reisetaschen voller Kinderkram wateten wir über die Gräben und Erdwälle des Gartens. Die Bezeichnung Garten ging weiter denn je an den Tatsachen vorbei. Das Territorium zwischen Haus und Scheune wurde beherrscht von Lehmbraun in allen Tönen. Etwas Farbe brachte nur noch ein knallroter Minibagger ins Bild. Davon abgesehen erinnerte die Szenerie entfernt an Kriegsfotografien aus Verdun im Jahre 1916 und entsprach damit auf unheimliche Weise auch dem aufgewühlten Zustand der Gruppe. Meine Motive kamen mir bei diesem Anblick so modrig und schmutzig vor wie der Schlamm, der hier mal durch die Röhren fließen sollte.
Auf der Autobahn hatte ich mir verschiedene Varianten einer Verbrüderungsszene mit Konrad ausgemalt und war nun gespannt, welche es werden würde. Die Variante für gute Kumpels mit einer Flasche Bier auf dem Steg ohne viel Aufhebens? Nach Akademikerart mit einer Hand auf dem Rücken nebeneinanderher am See entlangschreiten und sich wechselseitig mit Verständnis umgarnen? Als die Taschen verstaut und die Kinder neben dem Küchenofen mit Kakao und Babymilch unter einer Decke eingemummelt waren, machte ich mich auf die Suche nach ihm.
Vom Nachbargrundstück dröhnte ein Urschrei herüber. Dann schwang das große rostige Tor zur Straße auf, und ein Zweimetermann vom Format einer Telefonzelle erschien, der eine gelbe Maschine auf den Schultern balancierte. Hinter dem Riesen tauchten Konrad, Fabian, Mette, Ylva und Schröder auf, der seine Promenadenmischung an der Leine hinter sich herzog. Mit demselben Gebrüll wie kurz zuvor schwang der Hüne die Maschine über seinen Kopf nach vorn und klatschte sie auf den feuchten Boden. Er drehte den Zündschlüssel um, woraufhin das Gerät eine graue Wolke ausspie und mit Getöse losrüttelte. Der Riese hielt die tobende Maschine mit einem Arm fest, brüllte Fabian irgendetwas ins Ohr und übergab ihm dann das Kommando. Wie mit einem Rasenmäher rüttelte Fabian über die Erdwälle. Der Hüne startete den Bagger, der unter ihm wie ein Spielzeug aussah, und begann, die Gräben zu füllen. Die Schwedinnen verteilten mit Schaufeln den Sand und räumten die kleinen Steine aus dem Weg. Schröder, der mit seiner Kombathose inzwischen perfekt getarnt war in diesem Schlachtfeld, zerrte seinen hustenden Hund zurück in Richtung Wohnwagen.
Konrad kam auf mich zu, reichte mir seine dreckige Pranke und brüllte gegen den Lärm der beiden Großgeräte an: »Kommste mal mit?«
Er zeigte auf ein Loch im Hausfundament, durch das ein nagelneues orangefarbenes Rohr in den Keller führte und neben dem zwei Türmchen aus Ziegelsteinen aufgestapelt waren.
»Kannst du mauern?«
»Hab ich das nicht in den letzten Wochen gezeigt?«, krakeelte ich.
Konrad lächelte beinahe unmerklich und krächzte: »Dann schmeiß ich jetzt den Betonmischer an.«
»Sollten wir nicht vielleicht erst noch mal kurz reden?«
Zu spät, er hatte den
Weitere Kostenlose Bücher