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Sommerhit: Roman (German Edition)

Sommerhit: Roman (German Edition)

Titel: Sommerhit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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legte ich die Ruder auf die Seitenwände, griff mit einer Hand ins puplaue Wasser und ließ etwas davon auf ihren Bauch tropfen, was mich seltsamerweise irgendwie … schwer zu sagen. Es tat etwas mit mir, und kurz musste ich an Dana denken. Karen erwachte und richtete sich ruckartig auf.
    »Spaßvogel«, sagte sie.
    »Du bist nicht eingecremt«, sagte ich. »Und die Sonne ist stark. Du wirst dir einen Sonnenbrand holen.«
    Sie sah kurz nach oben, obwohl das nicht nötig war, um die Intensität der Sonne zu prüfen, und dann fixierte sie mich.
    »Woher weißt du das?«
    »Das spürt man doch«, sagte ich verständnislos.
    Sie zwinkerte kurz. »Nein, das andere. Dass ich nicht eingeschmiert bin.«
    »Oh.« Ich war übrigens auch nicht eingecremt. »Das rieche ich. Ich habe eine gute Nase. Glaube ich.«
    »Echt?« Sie ließ sich in den Innenraum rutschen und zog die Beine etwas an, aber nicht sehr, und jetzt war es nicht mehr zu vermeiden, dass wir uns berührten.
    »Ja«, sagte ich und versuchte das elektrisierende Gefühl ihrer Berührung zu ignorieren. »Ich weiß, dass du Schauma-Apfelshampoo benutzt, aber keine Seife, oder eine, die geruchsfrei ist. Und du hast dich nicht eingecremt.«
    Sie sagte nichts, sah mich aber auf eine Weise an, die vielleicht Faszination ausdrückte.
    »Gibt es das?«, fragte ich.
    »Gibt es was?«
    »Geruchsfreie Seife.«
    Sie nickte. »Ja, in der Apotheke. Ich habe sehr empfindliche Haut. Nicht auf Sonne, aber auf Chemikalien.« Sie pausierte kurz und beugte sich vor. »Und das kannst du wirklich riechen?«
    Ich war versucht, »Du nicht?« zurückzufragen, aber ich wusste inzwischen recht sicher, dass ich mit meiner Fähigkeit eine Ausnahme darstellte. Also nickte ich nur.
    »Ist ja irre«, sagte sie. Der Mann auf dem Brett fuhr in der Gegenrichtung an uns vorbei, und er nahm sogar die rechte Hand kurz vom Gestell, um mir zuzuwinken, als wären wir alte Bekannte. Ich hob meine Hand auch für eine lässige, vielleicht sogar
coole
Geste.
    »Du bist ein seltsamer Typ«, sagte Karen, und mein Herz zuckte. »Aber irgendwie … irgendwie süß. Wenn du drei, vier Kilo weniger drauf hättest, würden dir die Mädchen auf dem Zeltplatz zu Füßen liegen. Und deine Augen. Bei uns gibt es nicht viele Jungs mit dieser Augenfarbe. Wie bei Huskys.«
    Ich starrte sie an und verstand nicht, ob sie mir Komplimente machte oder ob sie mich veralberte, außerdem wussteich nicht, was Huskys (Hass-Kies?) sind. Sie lächelte breit, ihr ganzes Gesicht strahlte, als sie mir dabei zusah, wie es in meinem Kopf tickerte.
    »Keine Angst. Mich stören die paar Pfunde überhaupt nicht.«
     
    Meine Eltern traf ich nur kurz, als ich am frühen Abend von einem aufregenden Tag am Strand zurückkam, der so schön gewesen war, dass alle Kuba-Aufenthalte meiner sämtlichen Landsleute dagegen langweilige Muffelveranstaltungen sein mussten. Wir hatten gebadet, im flachen Wasser Federball gespielt, hatten Pommes mit viel zu süßem, aber intensiv nach frischen Tomaten riechendem Ketchup (das hieß auch bei uns so) gegessen, echte Coca-Cola getrunken, über tausend Dinge und noch mehr geredet, und immer hatte Karen sich in meiner Nähe befunden, wobei wir uns mehr als einmal berührten, an den Armen, an den Oberschenkeln, und einmal griff sie sogar in Richtung meiner Hand, ließ es dann aber im letzten Augenblick doch nicht so weit kommen. Für den Abend waren wir verabredet, um acht würden wir uns treffen, um zu fünft in die Disco zu gehen – um acht! Die Disco im Jugendklub, bei der ich Dana getroffen hatte, hatte um vier Uhr am Nachmittag begonnen und Punkt acht
geendet
.
    Ich wollte meinen Eltern all das erzählen, aber sie waren zu beschäftigt damit, sich feinzumachen, denn Manfred und Susanne hatten sie für den Abend in eine Csárdá eingeladen. Mama verschwand mit einem Wäschebündel unter dem Arm im Waschhaus, und als sie mehr als eine halbe Stunde später zurückkehrte, rissen Papa und ich die Münder auf. Sie war dezent geschminkt und trug ein dunkelrotes, kurzes Kleid, das sie selbst genäht hatte, dazu geschnürte, hochhackige rote Schuhe, deren Farbton zwar nicht ganz zum Kleid passte, wie sogar ich bemerkte, aber dennoch war sie unglaublich schön. Dieser erste Tag im Süden hatte ihrem Gesicht einen feinen,nicht ganz bräunlichen Glanz verliehen, und als sie jetzt vor uns stand und sich um ihre eigene Achse drehte, liebte ich sie mehr als alles auf der Welt. In den Augen meines Vaters glitzerten Tränen,

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