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Sommerhit: Roman (German Edition)

Sommerhit: Roman (German Edition)

Titel: Sommerhit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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deren neues Album gerade zum dritten Mal verschoben worden war. »Es geht mir nicht darum, wie viele Leute meine Musik hören, sondern darum, dass die Leute meine Musik
verstehen

    »Verstehe. Altruist und Asket.«
    »Mmh. Das Leben ist meist nicht so lustig, und diese Arbeit gibt mir die Kraft, die man braucht, um damit zurechtzukommen. Wenn das Ergebnis dieser Arbeit anderen ein ähnliches Gefühl vermittelt, bin ich stolz.«
    »Martin Ghandi.«
    »Sie tun das absichtlich, nicht wahr?«, sagte ich und zwang mich zu einem kurzen Lachen. »Ich habe natürlich nichts gegen Verkaufserfolge. Wenn ich so denken würde, wäre ich ein Idiot und kein Profimusiker. Ich liebe ausverkaufte Hallen und genieße es, wenn ich meine Platten stapelweise bei World Of Music stehen sehe. Aber ich mache meine Musik nicht hauptsächlich,
um
diese Erfolge zu erzielen. Verstehen Sie? Es ist umgekehrt.«
    »Um ehrlich zu sein …«
    »Ich habe die großartige Möglichkeit, Alben zu produzieren und vor Tausenden von Menschen aufzutreten. Sie hören zu lassen, was ich sagen will. Ich habe das Glück, Gesangskünstler sein zu dürfen. Und je mehr Menschen zuhören, desto besser. Es ist aber nicht der Hauptaspekt.«
    »Sondern?«
    »Das zu tun, wovon ich schon immer geträumt habe. Nicht mehr und nicht weniger. Ich mache das nicht, um auf das Cover von
DRUMS!
zu kommen.«
    »Gut, dann eben Seite vier.« Sie blinzelte mir zu und öffnete dabei den Mund ein kleines Stück.
    »Sie hätten mich doch sowieso nicht auf den Titel genommen.«
    »Schauen wir mal«, sagte sie und bückte sich nach ihrer Tasche, sorgfältig darauf achtend, dass ihr sich öffnender Ausschnitt weiter in meine Richtung wies. Das behielt sie bei, als sie jetzt die Cassette im Aufnahmegerät wechselte, das zwischen uns auf dem Tisch stand. Ich nutzte die Gelegenheit, um zur Bar zu winken.
    »Ihr erstes Album enthielt keinen Hit. Zwei Singles sind ausgekoppelt worden, blieben als solche aber relativ unbeachtet.«
    »Das stört mich nicht. Ich mag Hits nicht. Die wenigsten Musiker mögen sie, was nicht heißt, dass sie den Erfolg nicht mögen. Können Sie sich vorstellen, jahre-, jahrzehntelang am Ende der Konzerte die gleichen Zugaben singen zu müssen? Wie es ist, Cat Stevens zu sein, bei dem alle auf »Morning Has Broken« warten? Oder George McCrae, von dem alle Welt nur »Rock Your Baby« kennt, obwohl er weit mehr Songs gemacht hat?«
    »Das sind gute Songs.«
    »Ja, und es waren Hits. Wer seine Musik von A bis Z selber macht und das nicht nur als Job betrachtet, den er zufällig ganz gut kann, um nach Feierabend zu einer völlig anderen Person zu werden, wird gerne darauf verzichten, auf ein paar Hits reduziert zu werden.«
    Sie grinste. »Apropos
andere Person

    Ich hob die Hände. »Bitte nicht.«
    »Ich muss das fragen. Martin Gold ist definitiv ein Pseudonym. Wer sind Sie?«
    »Sie bekommen dieselbe Antwort wie alle. Ich bin Martin Gold. Von Kopf bis Fuß. Wenn Sie etwas anderes schreiben, verklage ich Sie.«
    »Es gibt Gerüchte, dass Sie aus Österreich kommen. Aus der ehemaligen DDR. Sogar aus Dänemark.«
    »Gerüchte.
Bitte

    Die Frau sah kurz auf ihre Notizen.
    »Gut. Wann kommt das nächste Album?«
    »Im Sommer.«
    »Und?«
    Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor zwei, mittags. Ich müsste mich langsam sputen, um rechtzeitig bei der Trauung zu sein.
    »Tut mir leid. Die Presseinfos gehen im Juni raus. Bis dahin darf ich nicht darüber sprechen.«
    Das war eine glatte Lüge. Niemand konnte mir verbieten, irgendwas über meine Musik zu erzählen. Auf die verfrühte Nennung von Albentiteln verzichtete ich allerdings inzwischen freiwillig.
    »Bleiben Sie noch in Hannover? Können wir das Gespräch fortsetzen?« Sie legte den Kopf schief. »Vielleicht heute Abend?«
    »Das kann ich nicht sagen. Ich muss zu einer Hochzeitsfeier. Wenn ich im Hotel bin, erreichen Sie mich hier auch.«
    Ich gab ihre meine Zimmernummer, die sie notierte, ohne mich dabei anzusehen.
     
    Das Hotel, in dem Trauung und anschließende Hochzeitsfeier stattfänden, war nur ein paar Schritte von meinem entfernt. Ich zog mich rasch um, Smoking trug ich außerordentlich gerne, und klemmte mir das Geschenk unter den Arm. Ich hätte Karen lieber etwas Persönlicheres überreicht, aber siehatte insistiert, dass ich mich, wie alle anderen, an die dämliche Wunschliste halten sollte, die eine ihrer ehemaligen Kommilitoninnen verwaltete. Also eine Espressomaschine. Immerhin war es die mit

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