Sommerküsse voller Sehnsucht
ihrem Rücken, der sie sanft führte. Zu den Klängen eines Wiener Walzers schwebten sie geradezu über die Tanzfläche. In Gedanken war sie beim Opernball im Wiener Opernhaus. Sie drehten und drehten sich, und Elsa fühlte sich wie im Himmel.
Dieses Gefühl kam nicht nur vom Tanzen, das wusste sie. Sie spürte plötzlich ein Knistern zwischen ihnen; sie waren ein Mann und eine Frau, nicht einfach nur zwei Menschen, die sich zufällig auf demselben Ball befanden.
Elsa registrierte die anderen Paare, die nun ebenfalls auf die Tanzfläche kamen, und als die Musik schließlich endete, befanden Laurence und sie sich ganz am Rand. Er lächelte sie an, in seinen Augenwinkeln bildeten sich winzige Fältchen. Elsa verspürte ein aufregendes Kribbeln, als er ihr tief in die Augen schaute. Dann legte er eine Hand an ihr Kinn. Sie schloss die Augen und wartete auf seinen Kuss.
Seine Lippen hatten ihre kaum berührt, als er sich plötzlich wieder von ihr löste. Jemand zerrte an seinem Ärmel. Es war Natasha.
»Laurence, verzeih bitte, dass ich euch störe.« Sie warf Elsa einen entschuldigenden Blick zu. »Aber du bist der einzige Mensch hier, der garantiert noch nüchtern ist.«
Die Realität traf Elsa mit voller Wucht. Laurence und sie hatten engelsgleich zusammen getanzt, und er hatte sie gerade küssen wollen. Richtig küssen. Die Umstände würden vielleicht nie mehr so günstig sein. Sie war schrecklich enttäuscht.
»Es geht um Jamie«, erklärte Natasha. »Er hat sich beim Entkorken einer Flasche Wein an der Hand verletzt. Maggie ist außer sich. Sie kann nicht fahren, sie haben einen Babysitter, der nach Hause gebracht werden muss, und sie glaubt, Jamie müsste ins Krankenhaus. Ich denke das übrigens auch.«
Elsa meinte zu sehen, dass Laurence kurz die Augen schloss und sich Irritation oder vielleicht sogar Frustration auf seinem Gesicht ausbreitete. Doch dann war er wieder ganz der Alte. Er sah sie an, als müsste er sie erst um Erlaubnis bitten. Sie lächelte.
»Komm, wir sehen uns das mal an«, sagte er.
In der Küche war alles voller Blut. Am Tisch saß ein Mann mit einem um die Hand gewickelten blutdurchtränkten Küchentuch. Eine Frau, vermutlich seine Ehefrau, beugte sich über ihn. Sie beschimpfte ihn abwechselnd, wie er so dumm hatte sein können, und erkundigte sich eine Sekunde später besorgt nach seinem Zustand. Um sie herum drängten sich eine ganze Reihe anderer Ballgäste und gaben gute Ratschläge. Einige meinten, die Wunde, die Elsa selbst nicht sehen konnte, müsse nur geklebt werden. Ein paar andere fanden, Jamie müsse ins Krankenhaus gebracht werden. Wieder andere waren für einen Krankenwagen.
Als Laurence hereinkam, wurde es still im Raum. »Was ist passiert?«, fragte er, und alle begannen gleichzeitig zu reden.
»Der Blödmann hat versucht, eine Weinflasche mit einem Messer zu öffnen. Es ist abgerutscht, direkt in sein Handgelenk.« Das war seine Frau. »Er wird verbluten, wenn niemand was unternimmt. Außerdem ist er betrunken«, fügte sie hinzu.
»Mir geht’s gut. Ich kann noch selber Auto fahren«, sagte der Mann, um den es ging. Offenbar hatte er nicht nur Schmerzen, sondern befand sich auch in einer Art Schockzustand.
»Kommt gar nicht infrage«, rief irgendjemand. »Du könntest selbst dann nicht fahren, wenn du dir nicht in die Hand geschnitten hättest.«
»Lassen Sie mich mal sehen.« Laurence kniete sich neben ihn und entfernte vorsichtig das Handtuch. Wortlos verband er es wieder. »Ihre Frau hat recht. Sie müssen ins Krankenhaus.«
»Ich kann aber nicht Auto fahren«, jammerte Maggie. »Außerdem muss ich dringend nach Hause. Unsere Babysitterin wartet. Ich kann sie nicht die ganze Nacht dort sitzen lassen.«
»Keine Sorge, irgendwer wird dich schon nach Hause bringen«, meinte Natasha. »Ich finde, Laurence sollte Jamie jetzt erst ins Krankenhaus bringen. Er ist nüchtern, und er hat einen Erste-Hilfe-Kurs besucht. Das stimmt doch, oder?«
Laurence runzelte die Stirn. »Ja, vor einigen Jahren. Doch das befähigt mich nicht, eine Schnittwunde zu nähen.«
»Aber du könntest ihn wenigstens fahren. Du kannst seinen Wagen nehmen.«
»Und wie komme ich nach Hause?«, jammerte Maggie. »Ich bin, ehrlich gesagt, stinksauer auf Jamie. Erst trinkt er, obwohl er mir hoch und heilig versprochen hat, es nicht zu tun, und dann verletzt er sich auch noch so dämlich. Ein Taxi kostet ein Vermögen.«
»Keine Sorge, irgendwer bringt dich bestimmt nach Hause, Maggie«,
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