Sommerküsse voller Sehnsucht
war nicht ganz einfach. Außerdem konnte sie bis auf ein paar erste Zeichnungen im Grunde nichts machen, ohne vorher mit Carrie gesprochen zu haben. Sie brauchte dringend einen Termin mit ihr. Aber Sarah hatte ihr versprochen, sie anzurufen, sobald sie etwas von ihr hörte.
Elsa dachte einen Moment an Ashlyns Hochzeit und ihren unerwarteten Auftritt als Brautjungfer. Hatte sie es nicht insgeheim genossen, dieses wunderschöne Kleid tragen zu dürfen? Nein, irgendwie fühlte sie sich in ihrem vertrauten Schwarz doch wohler. Sie war mehr das Mädchen im Hintergrund und stellte lieber andere in den Vordergrund. So wie Bron.
Seufzend zog sie ihre Originalausgabe von Das Haushaltsmagazin für die Engländerin hervor. Es stammte noch aus viktorianischen Zeiten und enthielt wunderschöne Drucke. Ihre Mutter hatte es irgendwo besorgt, nachdem Elsa verkündet hatte, Schneiderin werden zu wollen. Seither war es ihre liebste Inspirationsquelle, und sie war stolz darauf, eine der wenigen noch vollständigen Ausgaben zu besitzen.
Sie hatte bereits Pergamentpapier in große Rechtecke gerissen und die Box mit Pastellkreiden bereitgestellt. In Zeitschriften hatte sie sich Fotos von Carrie angeschaut und wusste nun genau, wie sie aussah und welchen Stil sie bevorzugte. Wahllos nahm sie ein Stück Kreide zur Hand und begann zu zeichnen.
Die ersten Zeichnungen verwarf sie sofort wieder, doch dann formte sich in ihrem Kopf nach und nach eine Idee. Sie wusste nicht, ob Carrie künstlich vergrößerte Brüste hatte. Wenn das so war, war es wichtig, einen Schnitt zu haben, der dies nicht allzu offensichtlich machte.
Normalerweise stand am Anfang eines Entwurfs immer ein Kundengespräch. Elsa sprach mit ihrer Kundin über Materialien, Farben, Lieblingsblumen, Lieblingsfilme, um sich ein Bild davon zu machen, welchen Traum die zukünftige Braut für sich träumte. Jede Frau wollte an ihrem Hochzeitstag eine Prinzessin sein – wenn nicht, ließ sie sich nicht bei Elsa ein Kleid nähen.
Bei Carrie war das anders – und viel schwieriger. Es gab keine Zeit für ein gemütliches Gespräch unter Frauen. Elsa stellte dann meist die Heizung im Atelier höher, und es gab Tee und Kekse, und irgendwann zog die Braut sich aus und begann mit dem Verkleiden.
Weil Carrie so beschäftigt war, musste Elsa ihr eine Auswahl an Entwürfen und Stoffmustern zuschicken, damit sie zumindest eine Vorauswahl treffen konnte. Die Zeit war knapp. Weniger als zwei Monate waren im Grunde für ein so aufwändiges Kleid viel zu wenig, zumal Elsa noch andere Aufträge hatte, die sie erledigen musste. Aber Elsa liebte Herausforderungen genauso wie Sarah und war daher zuversichtlich, rechtzeitig fertig zu werden. Vorausgesetzt natürlich, dass nichts Unvorhergesehenes passierte.
Sie vollendete ihren dritten Entwurf. Er war ihr bisher bester: Das Kleid war sexy, aber trotzdem sittsam genug für eine Braut. Denn Elsa fand, dass eine Braut in der Kirche nicht zu viel Haut zeigen durfte. Daher hatten ihre Kleider oft abnehmbare Rückenteile oder Ärmel, damit die Braut später bei der Feier so viel sonnenstudiogebräunte Haut zeigen konnte, wie sie wollte. Gerade als Elsa Pfeile an den entsprechenden Stellen einzeichnete, klingelte ihr Handy.
Erschrocken zuckte sie zusammen. Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie einen Moment brauchte, ehe sie begriff, woher das Klingeln kam. Hektisch kramte sie in ihrer Tasche, aber als sie das Telefon schließlich gefunden hatte, hatte das Klingeln aufgehört. Die Nummer auf dem Display war ihr unbekannt. Sie runzelte die Stirn. Also nicht Sarah. Als sie sich wieder ihrer Zeichnung zuwenden wollte, fiel ihr auf, dass sie ihr Shirt mit Farbe beschmiert hatte. Außerdem war es fast zehn – selbst für einen Sonntag viel zu spät, um noch ohne Slip durch die Gegend zu laufen. Sie reckte sich kurz und setzte noch einmal Wasser auf, ehe sie in ihrem winzigen Bad verschwand.
Das Telefon klingelte wieder, als sie, in ein Handtuch gewickelt, kochendes Wasser auf einen Teebeutel goss. Sie erwog kurz, es zu ignorieren, dann ging sie doch ran. Es konnte ja schließlich sein, dass ihre Eltern in eine Schlucht gestürzt waren und dringend Hilfe benötigten.
»Spreche ich mit Elsa?« Die Stimme kam ihr bekannt vor, auch wenn sie sie nicht sofort einordnen konnte. »Hier ist Laurence. Erinnerst du dich an mich? Wir waren zusammen auf Ashlyns Hochzeit.«
Elsa war überrascht. »Oh, ja«, antwortete sie zögernd. Hoffentlich rief er nicht
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