Sommerkussverkauf
aber lieber, wenn du hier bleibst«, beschwerte sich Dexter. »Es könnte dich einer anquatschen.«
Kate tätschelte ihm die Wange.
»Jetzt sei nicht muffig. Man lässt seine Freundinnen nicht fallen, nur weil man einen Kerl hat. Und außerdem ist heute mein freier Abend. Ich kann gehen, wohin ich will.«
Es hatte ganz den Anschein, entdeckte Nuala zu ihrer Freude, dass Dexter endlich eine passende Sparringspartnerin gefunden hatte.
»Du!« Er zeigte mit dem Finger warnend auf Nuala. »Pass ja auf, dass sie nichts anstellt.«
Nuala grinste, weil sie merkte, dass er nicht mehr die Macht hatte, ihr Angst einzujagen. Sie erwiderte fröhlich: »Um das zu tun, müsstest du mir schon eine Menge Kohle zahlen.«
Ich darf den anderen nicht den Spaß verderben, dachte Maddy, als sie aus dem Taxi stiegen und die Straße zum
Trash Club
überquerten … Ich
darf
ihnen nicht den Spaß verderben. Wir werden viel Spaß haben, jede Menge trinken, haufenweise Männer anquatschen und kein einziges Mal an diese Ke-Sache denken, also an den, an den ich nicht einmal denken werde.
Leichter gesagt als getan, mag sein, aber das schuldete sie Nuala und Kate. Und sich selbst. Sie konnte den Mann, den sie wollte, also nicht haben. Na und? Im Vergleich zu Krieg und Hungersnot war das ein ziemlich unwichtiger Grund, um mit einem Gesicht herumzulaufen, das – nun ja, mit dem Gesicht, mit dem sie die vergangenen vierzehn Tage andauernd herumgelaufen war.
»Prost«, sagte Kate, stieß an und dachte überhaupt nicht an ihre Narben. »Ich kann immer noch nicht glauben, was alles passiert ist. Heute Morgen war ich noch das tragische Opfer einer hoffnungslos zerbrochenen Familie. Jetzt ist Mum wieder da, und sie und mein Vater versuchen es noch einmal miteinander. Als ich das Haus verließ, haben sie dermaßen herumgeturtelt, dass einem schlecht werden konnte.«
»Cheers.« Maddy prostete ihr zu. »Gut für deine Mum und deinen Dad.«
»Für die beiden mag es ja gut und schön sein, wenn sie wie Teenager knutschen, aber was ist mit mir? Sie sind schließlich meine Eltern.« Kate schnitt eine Grimasse. »Es ist peinlich. Sie sind viel zu alt für so etwas.«
Zu alt. Maddy nahm einen Schluck Wein und stellte sich vor, wie es in fünfzig Jahren sein würde. Marcella, über neunzig und bis zuletzt munter, war eben bei einem tragischen Rollschuhunfall gestorben. Endlich, endlich hatten sie und Kerr die Chance, zusammen zu sein. Nur, dass sie bereits siebenundsiebzig war und Kerr achtzig. Maddy starrte verträumt in die Ferne und sah sie beide vor sich, auf ihren Gehhilfen, wie sie über den schäbigen Linoleumboden des Pflegeheimes schlurften, vor Anstrengung ein wenig sabberten, kurzsichtig einander anstarrten, bevor sie krächzte: »Kerr? Ich bin’s Maddy. Ich bin frei! Endlich können wir zusammen sein …« Und Kerr, typisch Mann, würde kurz in sich gehen, nachdenken, und dann sagen: »Hä? Was redest du da, Weib? Kennen wir uns?«
Mistkerl
, dachte Maddy aufgebracht.
»Wie bitte?«
Hoppla, vielleicht hatte sie es nicht nur gedacht, vielleicht hatte sie es versehentlich laut ausgesprochen.
»Tut mir leid.« Maddy drehte sich um und sprach den Mann hinter ihr an. »Ich habe nur gerade an jemand gedacht.«
Er sah sie mitfühlend an. »Ex-Freund?«
»Das könnte man sagen. Aber wir sind hier, um Spaß zu haben.« Wenn sie es oft genug sagte, würde es vielleicht wahr.
»Was für ein Zufall, aus diesem Grund sind wir auch hier.« Der Mann strahlte auf sie herunter. »Ich heiße Dave. Hi.«
Na schön, man sah ja, wohin es sie gebracht hatte, dass sie in der Vergangenheit so wählerisch gewesen war. »Maddy«, sagte Maddy und war fest entschlossen, sich nicht an seinen leicht vorstehenden Zähnen zu stören.
Eine Stunde später, auf dem Tanzboden mit Dave, entdeckte Maddy ein Gesicht in der Menge, das sie abrupt erstarren ließ. Dave trat ihr unabsichtlich auf den Fuß und sprang mit einem gebrüllten »Sorry!« wieder herunter.
Maddy war es nicht einmal aufgefallen. Sie war zu sehr damit beschäftigt, die Brünette anzustarren, deren Gesichtszüge ihr unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt waren.
Als sie die Frau das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie mit Kerr zu Mittag gegessen. Wenn sie sich mit ihm traf, bedeutete das, dass er auch hier war?
»He!«, rief Dave, der mitten im Hüftschwung verlassen wurde. »Wo gehst du hin?«
»Äh … nur aufs Klo.«
Die Brünette trug ein blassgrünes Seidenkleid mit
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