Sommerkussverkauf
ist mit meinem Gesicht?« Sie platzte mit der Frage heraus und zwang sich, Dexter in die Augen zu schauen. »Haben Sie keine Angst, dass ich Ihre Kunden vergraulen könnte?«
Als Antwort steckte er sich zwei Finger in die Mundwinkel und stieß einen trommelfellzerreißenden Pfiff aus. Wenige Augenblicke später wurde das Schlafzimmerfenster über ihnen geöffnet und Nuala, die es offenbar gewöhnt war, wie ein Hund gerufen zu werden, streckte den Kopf heraus.
»Jetzt wissen Sie, warum ich Sie gefragt habe.« Dexter wies lässig auf das spektakuläre Veilchen von Nuala und die dramatisch verbeulte Stirn. »Sehen Sie? Im Vergleich dazu sind Sie Nicole Kidman.«
»Mit Schmeicheleien erreicht man alles«, sagte Kate.
»Oh, werden Sie unsere neue Kellnerin?« Nuala beugte sich gefährlich weit aus dem Fenster, das idyllisch von Glyzinien umgeben war, und wirkte entzückt.
»Sie hat noch nicht ja gesagt«, verkündete Dexter. »Ich wirke immer noch meinen Zauber.« Er betrachtete Kate mit derart aufreizender Überheblichkeit, dass sie ihm am liebsten eine geklebt hätte.
Stattdessen trat eine Vision vom Rest des Tages vor ihr inneres Auge, Stunde um Stunde gefüllt mit endloser Langeweile. Zu ihrer eigenen Überraschung sagte Kate: »Okay, ausnahmsweise werde ich es tun. Aber nur heute.«
»Na bitte.« Dexter nickte zufrieden. »War doch gar nicht so schwer, oder?«
Wider besseres Wissen musste Kate lächeln. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und murmelte: »Wirklich ein geheimnisvoller Zauber.«
»Sie hätten nicht gedacht, dass ich so etwas drauf habe, oder? Sehen Sie, das macht es eben so geheimnisvoll.« Als er den Schlauch aufgewickelt hatte, zwinkerte Dexter ihr zu. »Und es funktioniert jedes Mal.«
22 . Kapitel
Die Mittagszeit am Sonntag war im
Fallen Angel
die belebteste Zeit der ganzen Woche. Als kinderfreundlicher Pub wurde hervorragendes Essen angeboten, was Gäste aus vielen Meilen Entfernung anlockte. Nach einer kurzen Einweisung im Ausschenken von Bier und im Ausstellen von Rechnungen hatte Kate so viel zu tun, dass sie kaum die Zeit fand, wegen ihres Gesichts unsicher zu sein. Gelegentlich bemerkte sie beim Aufsehen, wie Gäste, die sie nicht kannten, sie mit einer Mischung aus Mitleid und Entsetzen anstarrten, aber die Stammgäste hatten sich schon an sie gewöhnt, da man sie oft genug mit Norris durch Ashcombe hatte laufen sehen.
Zu ihrem großen Erstaunen amüsierte sich Kate. Die spitzenbesetzten Ärmel ihrer weißen Bluse waren hinüber, aber nächstes Mal würde sie etwas Vernünftigeres tragen. Als Pluspunkt war zu vermerken, dass alle, abgesehen von Dexter, fröhlich und freundlich waren. Irgendwie machte es sogar Spaß, hinter dem Tresen mit einem berufsmäßigen Bärbeißer wie Dexter Nevin zu arbeiten. Jedes Mal, wenn er einen glücklosen Gast anfuhr, hackte Kate prompt auf ihn ein. Sie ließ ihm einfach nichts durchgehen. In null Komma nichts klangen sie wie ein eingespieltes Duo, und je mehr sie sich zankten, desto besser gefiel es den Gästen.
»Sie haben den Bogen raus«, meinte Nuala bewundernd. Sie saß auf einem der ledernen Barhocker mit einem Arm in der Schlinge und den anderen um einen halben Liter Lagerbier gelegt. Unauffällig half sie Kate, wann immer es erforderlich war. »Stopp, keine Pepsi Cola.« Sie senkte die Stimme. »Wenn jemand nach Whisky mit Pep fragt, dann meint er Pfefferminz. Die Likörflasche neben dem Limonensaft.«
»Das ist ja widerlich. Whisky und Pfefferminz?« Kate schnitt eine Grimasse. »Das sollte verboten werden.«
»Schieb deinen fetten Hintern aus dem Weg, ich muss vorbei«, bellte Dexter, der vier randvolle Gläser mit Blackthorn trug.
Kate nahm mit Hilfe der Zange einige Eiswürfel aus dem Eiswürfeleimer und ließ sie geschickt in den Kragen von Dexters Jeanshemd fallen. Sein ganzer Körper wurde steif, er riss die Augen auf, aber als Profi, der er war, vergoss er keinen einzigen Tropfen des Apfelweins.
»Mein Hintern ist nicht fett«, erklärte Kate lautstark. »Und es gefällt mir nicht, wenn man so mit mir redet. Also Schluss damit, verstanden?«
Nach kurzem, verblüfften Schweigen jubelten die Gäste an der Bar. Kate konnte nicht widerstehen und knickste unter dem Applaus der Stammgäste.
»O Gott.« Dexter schnaubte verächtlich. »Ermutigt sie nicht auch noch. Sie wird sonst unerträglich.«
»Wenn du dein Personal halten willst«, riet Kate, »dann versuche, die Leute mit etwas Respekt zu behandeln.«
»Und wenn du deinen
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