Sommerkussverkauf
einsprühen ließ, dass es einen Elefanten in die Knie zwingen würde.
»Du hast Hausverbot im Jolly’s bekommen?«
»Ha, das würden sie nicht wagen! Nein, ich bin wie üblich hingegangen, wollte gerade einen Flakon probieren, und es war so merkwürdig, ich nahm einen Flakon nach dem anderen, roch daran und stellte ihn wieder ab. Ich fühlte mich eigentlich nicht schlecht, ich brachte es einfach nicht über mich, mich tatsächlich mit Parfüm einzusprühen. Das war höchst seltsam, sogar die Verkäuferinnen fanden es merkwürdig. Am Ende sagte Daphne vom Estée-Lauder-Stand: ›Sie sind doch nicht schwanger, oder?‹ und ich lachte nur, weil sie das im Scherz gesagt hatte. Aber dann trank ich einen Kaffee in diesem netten Laden an der Pulteney Bridge, und als ich die Tür aufstieß, war es da drin so miefig, dass ich sofort wieder gehen musste.« Marcella hob ungläubig die Hände. »Tja, das ist mir wirklich noch nie zuvor passiert, also dachte ich, holla, was geht hier vor sich? Also ging ich in die Apotheke und kaufte einen von diesen Schwangerschaftstests und ging wieder zu Jolly’s, weil da die Toiletten so nett sind. Und … dann machte ich den Test, und er war … er war … p-positiv, und mir wurde klar, dass ich … schwanger war. Mein Gott, seht mich an, ich heule schon wieder, als wäre ich der Trevi-Brunnen.« Sie zog noch mehr Taschentücher aus der Schachtel und wischte sich die Tränen ab. »Das sind die Hormone, hat Dr. Carter zu mir gesagt. Sie wirbeln einfach in mir herum und haben mir … o danke, mein Schatz.« Sie lächelte dankbar zu Jake auf und nahm den Becher mit Tee entgegen. »Eigentlich sollten wir eine Flasche Champagner öffnen, aber Dr. Carter sagte, kein Alkohol, nur um ganz sicherzugehen.«
»Moment mal, wie kannst du schon bei Dr. Carter gewesen sein?« Maddy runzelte die Stirn, weil es leichter war, eine Audienz beim Papst zu bekommen, als Dr. Carters Empfangsdrachen davon zu überzeugen, einen Termin vor Weihnachten herauszurücken.
»Ach, es war fabelhaft. Ich habe der Empfangsdame ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen konnte.« Marcella schaute selbstgefällig drein. »Ich ging in die Praxis, und sie versuchte, mir einen Termin in zwölf Tagen zu geben, also sagte ich ihr, das sei nicht gut genug und ich würde im Warteraum sitzen bleiben, bis ich vorgelassen würde.«
»Du bist tapfer.« Maddy war voller Bewunderung.
»Eigentlich nicht, nur verzweifelt. Dann fing ich an zu weinen, richtig laut, und in diesem Moment kam Dr. Carter und führte mich in sein Büro. Er hatte dort Briefe diktiert, unser Rededuell mitgehört und sich köstlich amüsiert, dieser blöde Kerl.« Marcella lächelte kläglich. »Er meinte, niemand habe sich ihr jemals so entschlossen entgegengestellt. Jedenfalls hat er mich untersucht und bestätigt, dass ich schwanger bin, und dann wurden wir beide ein wenig gefühlsduselig, weil er wusste, wie viel es mir bedeutet. Anschließend hat er mir all diese Broschüren gegeben und mir einen langen Vortrag gehalten, wie ich von nun an auf mich aufpassen soll, denn es kann immer noch schiefgehen, vor allem, weil ich so uralt bin.«
»Uralt«, höhnte Maddy, weil Marcella für ihr Alter unglaublich jung aussah; sie hatte das Gesicht und die Figur einer Dreißigjährigen.
»Ich bin dreiundvierzig.« Einen Augenblick lang entglitt Marcella ihr Lächeln. »Ich war noch nie zuvor schwanger. Dr. Carter warnte mich vor der Gefahr einer Fehlgeburt. Natürlich keine Zigaretten. Kein Alkohol. Er legte großen Wert darauf, dass ich alles etwas ruhiger angehen und jeden Stress vermeiden sollte. Keine körperlichen Anstrengungen und definitiv keine emotionalen Belastungen.« Mit einem engelsgleichen Lächeln lehnte sich Marcella zurück und tätschelte ihren flachen Bauch. »Nichts als innere Ruhe und Entspannung und ganz allgemeine Glückseligkeit.«
O Gott. Unwillkürlich sah Maddy zu Jake und wünschte sich sofort, sie hätte es nicht getan.
»Hast du das gehört? Kein Stress.« Jake hob bedeutungsvoll die Augenbrauen. Maddy starrte ihn finster an.
»Ja, Schätzchen. Ich wollte ohnehin mit dir reden«, sagte Marcella. »Schimpf mich schamlos, aber ich werde meine heikle Situation ausnützen. Versprich mir, dass du mit diesem verheirateten Mann Schluss machst.« Sie beugte sich vor und drückte Maddys Hand. »Süße, ich habe dich nie zuvor um etwas gebeten, aber nun tue ich es. Bitte gib ihn auf. Für das Baby, wenn schon nicht für dich
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