Sommerliches Schloßgewitter
Blütenpracht.«
»Sie sind wunderschön.«
»Ja, aber ich habe sie nicht geschickt.«
»Du hast sie mir mitgebracht. Das ist doch viel netter.«
»Was ich meine«, sagte Ronnie mit bebender Stimme, »ist, daß sie überhaupt nicht von mir sind. Sie stammen von einem Subjekt namens P. Frobisher Pilbeam.«
Sues Lächeln erstarrte. Sie kannte Ronnies Eifersucht nur zu gut. Sie war das einzige an ihm, was ihr nicht gefiel.
»Ach?« sagte sie kläglich.
Die Fassade von Ruhe und Leidenschaftslosigkeit, während langer Jahre in Eton und Cambridge aufgerichtet, brach mit einemmal zusammen, und das Elementare in Ronald Overbury Fish kam zum Vorschein.
»Wer ist dieser Pilbeam?« rief er heftig. »Ein stiller Verehrer, was?«
»Ich habe ihn noch nie gesehen!«
»Aber er schickt dir Blumen.«
»Ich weiß«, sagte Sue kummervoll und ließ die Hoffnung auf einen romantischen Nachmittag fahren. »Immerzu schickt er mir diese scheußlichen Blumen und schreibt mir diese scheußlichen Karten …«
Ronald knirschte mit den Zähnen.
»Aber ich schwöre dir, ich habe ihn noch nie gesehen.«
»Du weißt gar nicht, wer er ist?«
»Eins von den Mädchen sagt, er hätte früher dieses Blatt ›Gesellschaftsgeflüster‹ herausgegeben. Was er jetzt macht, weiß ich nicht.«
»Du meinst, wenn er dir nicht gerade Blumen schickt?«
»Ich kann es doch nicht ändern, daß er mir Blumen schickt.«
»Wahrscheinlich willst du das auch gar nicht.«
In Sues Augen glitzerte es. Aber da sie wußte, daß ihr Ronnie in gewissen Situationen wie ein Sechsjähriger war, unternahm sie einen tapferen Versuch, die Wogen etwas zu glätten.
»Es ist doch nicht meine Schuld, wenn man mich mit aufdringlichen Briefen verfolgt, oder? Machst du etwa auch Lilian Harvey im Film einen Vorwurf daraus, wenn ihr ein Schurke nachstellt?«
Aber Ronnie ließ sich nicht ablenken.
»Manchmal frage ich mich«, sagte er finster, »ob du dir auch nur das Schwarze unterm Fingernagel aus mir machst.«
»Ach, Ronnie!«
»Ja, wirklich – oft. Ich sehe dich an, und dann sehe ich mich an, und dann frage ich mich das. Was ist schon dran an mir, daß ein Mädchen wie du so einen Kerl mag? Ich bin ein Versager. Kann nicht mal einen Nachtclub führen. Bin dumm. Und häßlich.«
»Du hast ein wunderschönes Gesicht.«
»Zu rot. Viel zu rot. Und ich bin so verdammt klein.«
»Du bist gar nicht zu klein.«
»Doch. Mein Onkel Gally hat mal gesagt, ich sähe aus wie die Taschenausgabe eines Miniaturjockeys.«
»Er sollte sich was schämen.«
»Warum zum Teufel«, sagte Ronnie, indem er seine geheimsten Wünsche offenbarte, »konnte ich nicht in einer vernünftigen Größe auf die Welt kommen so wie Hugo …« Er brach ab. Seine Hand am Lenkrad zitterte. »Dabei fällt mir ein. Dieser Mac am Bühneneingang sagt, daß du mit Hugo dick befreundet warst. Ständig zusammen, sagt er.«
Sue seufzte. Heute hatte sie es aber wirklich nicht leicht.
»Das war, bevor ich dich kennenlernte«, erklärte sie geduldig. »Ich bin mit ihm tanzen gegangen. Er ist ein sehr guter Tänzer. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß ich Hugo lieben könnte?«
»Warum nicht.«
»Hugo!« Sue lachte. Irgend etwas an Hugo reizte sie immer zum Lachen.
»Warum eigentlich nicht. Er sieht besser aus als ich. Ist größer. Nicht so rot im Gesicht. Spielt Saxophon.«
»Nun hör endlich auf mit Hugo.«
»Der Bursche macht mir wirklich Angst. Er ist mein bester Freund, und ich kenne seine Methoden. Er sieht prima aus und ist im Tanzen unschlagbar.« Ein schrecklicher Gedanke schien Ronnie plötzlich wie ein Schlag vor den Kopf zu treffen. »Hat er …« Er schluckte. »Hat er schon mal deine Hand gehalten?«
»Welche Hand?«
»Na, irgendeine.«
»Wie kannst du nur sowas denken!« rief Sue empört.
»Zwischen dir und ihm ist also wirklich nichts?«
»Natürlich nicht.«
»Aha!« sagte Ronnie. »Dann kann’s ja weitergehen wie geplant.«
Ronnies Stimmung konnte sich blitzschnell ändern und von völliger Niedergeschlagenheit in überschwengliche Freude umschlagen. Sein Gesicht hatte sich aufgehellt, der Ausdruck abgrundtiefer Verzweiflung war aus seinen Augen gewichen. Er strahlte.
»Weißt du, warum ich heute abend nach Blandings fahre?«
»Nein, aber ich wünschte, du würdest nicht fahren.«
»Ich will’s dir sagen. Um meinen Onkel um den Finger zu wickeln.«
»Wie bitte?«
»Um mich bei meinem Onkel Clarence lieb Kind zu machen. Wenn du jemals mit Vermögensverwaltern zu tun
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