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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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weiß gar nichts über ihn. Ich habe nur mal mit ihm telefoniert. Wieso?«
    »Ach, nichts. Am besten frage ich ihn selbst, wenn er kommt. Wo willst du denn hin?«
    »In den Garten.«
    »Aber es regnet.«
    »Ich habe ja einen Regenmantel. Ich muß jetzt … ich glaube, ich muß einen kleinen Spaziergang machen nach allem, was du mir gesagt hast. Ich bin völlig durcheinander.«
    »Na, dann beruhige dich mal wieder, bevor Constance kommt. Wäre nicht gut, wenn sie Verdacht schöpfte. Falls du noch Fragen hast – ich bin im Rauchsalon.«
    Während der nächsten zwanzig Minuten blieb die Halle von Blandings Castle leer. Dann erschien Beach. Im selben Augenblick ertönten von der Auffahrt die Geräusche eines schweren Automobils und Stimmen. Beach nahm am Eingang Aufstellung, und wie immer bei solchen Anlässen sah er aus wie der Geist von Blandings, der den glücklichen Gast willkommen heißt.

Sue tritt auf
    »Lassen Sie die Tür auf, Beach«, sagte Lady Constance.
    »Sehr wohl, Madam.«
    »Der Duft von Blumen und feuchter Erde ist so erfrischend, finden Sie nicht auch?«
    Der Butler fand das nicht. Er war kein Frischluftfanatiker. Da er jedoch ganz richtig annahm, daß die Frage nicht ihm gegolten hatte, sondern dem jungen Mädchen im hellen Kostüm, das mit der Sprecherin die Treppe heraufgekommen war, enthielt er sich einer Antwort. Er musterte dieses Mädchen mit einem schellfischäugigen Blick und war mit dem Ergebnis zufrieden. Obgleich kleiner und zierlicher als der Frauentyp, den er sonst bevorzugte, erschien sie ihm – selbst bei strengster Beurteilung – bemerkenswert attraktiv. Ihm gefiel ihr Gesicht und auch die Art, wie sie angezogen war. Ihre Kleidung war tiptop, ihre Schuhe waren tiptop, ihre Strümpfe waren tiptop und ihr Hut war tiptop. Was Beach betraf, so war Sue durch die Zensur gekommen.
    Auch ihr Auftreten sagte ihm zu. Die leichte Rötung ihrer Wangen und das Glänzen in ihren Augen zeigten, daß sie von ihrem ersten Besuch auf Blandings Castle in gebührender Weise beeindruckt und begeistert war. Offensichtlich bedeutete es ihr etwas, hier zu sein; es war für sie ein Erlebnis. Und Beach, der nach langen Jahren des Dienstes auf Blandings das Schloß als sein eigen betrachtete, fühlte sich geehrt und geschmeichelt.
    »Das ist bestimmt nur ein kurzer Schauer«, sagte Lady Constance.
    »Ja«, antwortete Sue und lächelte strahlend.
    »Sie werden jetzt sicher eine Tasse Tee trinken wollen?«
    »Ja«, antwortete Sue und lächelte strahlend.
    Es war, als hätte sie schon seit einer Ewigkeit strahlend gelächelt. Kaum war sie aus dem Zug gestiegen und von ihrer respekteinflößenden Gastgeberin und diesem seltsam finsteren Mr. Baxter auf dem Bahnsteig begrüßt worden, da hatte sie angefangen, strahlend zu lächeln, und seither nicht mehr aufgehört.
    »Gewöhnlich nehmen wir den Tee im Garten. Es ist so hübsch dort.«
    »Ganz gewiß.«
    »Wenn es aufgehört hat zu regnen, Mr. Baxter, müssen Sie Miss Schoonmaker den Rosengarten zeigen.«
    »Mit Vergnügen«, sagte Baxter der Tüchtige.
    Er ließ seine Brille in ihre Richtung blitzen, und für einen Augenblick wurde Sue von Panik ergriffen. Sie befürchtete, daß dieser Mann schon jetzt ihr Geheimnis durchschaut hatte. Es kam ihr so vor, als glitzerte Argwohn in seinem Blick.
    Dem war jedoch nicht so. Es war die Verbindung von großen Brillengläsern und buschigen Augenbrauen, was diesen Eindruck erweckt hatte. Zwar war Rupert Baxter ein Mann, der sonst grundsätzlich gegen jedermann argwöhnisch war, aber Sue hatte er ohne Vorbehalt akzeptiert. Sein Blick war ein bewundernder, fast anbetender gewesen. Wenn man auch noch nicht davon sprechen konnte, daß er Sues Charme bereits völlig erlegen war, so hatten doch ihr gutes Aussehen und der Reichtum, von dem er gehört hatte, zweifellos dazu beigetragen, die verborgene Glut anzufachen.
    »Mein Bruder ist nämlich ein großer Rosenzüchter.«
    »Ja, ich weiß … ich meine, Rosen sind wirklich etwas Hübsches.« Die Brille machte Sue ganz unsicher. Sie schien mit einem Röntgenblick in ihr Innerstes zu sehen. »Wie alt hier alles ist«, fuhr sie hastig fort. »Was ist denn das für eine ulkige Fratze da drüben?«
    Eigentlich meinte sie damit eine japanische Maske, die an der Wand hing, aber ein unglücklicher Zufall wollte es, daß just in diesem Moment der Ehrenwerte Galahad aus dem Rauchsalon kam, so daß die Frage etwas persönlich wirkte.
    »Mein Bruder Galahad«, sagte Lady Constance. Ihre

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