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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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erschrocken wäre.
    »Ich will kein Abendessen!«
    »Sehr wohl, Sir.«
    »Und bringen Sie mir endlich diesen Whisky Soda, aber dalli!«
    »Jawohl, Sir.«
    Die Tür schloß sich so leise, wie sie sich geöffnet hatte; zuvor jedoch stieß der Butler beim Hinausgehen deutlich hörbar einen mitleidigen Seufzer aus, der dem Ex-Sekretär einen heftigen Stich gab.
    Es war ein Seufzer von der Art, wie ihn ein wohlmeinender Mensch beim Blick in eine Gummizelle ausstößt, in der sich ein guter alter Freund in Verwahrung befindet, und dagegen begehrte Baxter mit allen Fasern seiner herrischen Persönlichkeit auf. Er grübelte noch, welche Schritte er dagegen unternehmen könnte, als Diener James das Getränk brachte. James stellte es behutsam auf den Tisch, warf dem Patienten einen verstohlenen Blick respektvollen Bedauerns zu und entfernte sich.
    Hatte der Seufzer ihm schon einen Stich gegeben, so empfand Baxter bei diesem Blick akute Pein. Einen Augenblick lang erwog er, den Mann zurückzubeordern und zu fragen, was ihm denn einfalle, ihn so impertinent anzustarren, aber er besann sich eines besseren und begnügte sich damit, sein Glas zu leeren und zwei Sandwiches zu verzehren.
    Danach fühlte er sich etwas – nicht viel, aber etwas – besser. Zuvor hätte er am liebsten Beach und James umgebracht und dann auf ihren Gräbern getanzt. Jetzt wäre er schon mit einfachem Mord zufrieden gewesen.
    Zumindest war er nun aber für sich. Das war schon ein kleiner Trost. Beach war gekommen und gegangen. Diener James war gekommen und gegangen. Alle anderen mußten mittlerweile entweder in Matchingham Hall oder im Speisesaal versammelt sein. Die Ruhe, deren er so dringend bedurfte, konnte jetzt von niemand mehr gestört werden. Er nahm seine Grübeleien wieder auf.
    Eine Zeitlang drehten sie sich ausschließlich um die jüngste Vergangenheit und waren folglich von selbstquälerischer Natur. Als dann die milde Wärme des Whisky zu wirken begann, besserte sich Rupert Baxters Laune. Seine Gedanken befaßten sich nun mit Sue.
    Männer vom Schlage Baxters des Tüchtigen verlieben sich nicht im landläufigen Sinne des Wortes. Bezüglich zärtlicher Gefühle erlegen sie sich größere Zurückhaltung auf als der unbesonnene Durchschnittsjüngling, der sein Herz blindlings verliert und dazu noch Wonnejuchzer von sich gibt. Sue sagte ihm zu. Mehr können wir dazu nicht sagen. Aber der Umstand, daß sie ihm zusagte, sowie die Tatsache, daß dieses Mädchen laut Lady Constances Informationen die einzige Tochter eines sechzig Millionen Dollar schweren Mannes war, hatten ihm genügt, sie im Stillen als künftige Mrs. Baxter vorzumerken. Unter dieser Rubrik hatte er sie gleich bei ihrer ersten Begegnung eingeordnet.
    So ist es nur allzu verständlich, daß die Bemerkung, die Lord Emsworth in ihrer Gegenwart hatte fallen lassen, ihm Anlaß zu heftiger Besorgnis gab. Es behindert einen Mann beim Liebeswerben, wenn seine Auserwählte von Anfang an glauben muß, er sei total überkandidelt. Er gratulierte sich deshalb zu seiner prompten Reaktion. Der Brief, den er ihr geschrieben hatte, würde das Bild, das sie sich von ihm machte, zweifellos korrigieren.
    In Rupert Baxters Wortschatz kam ein Wort wie »unmöglich« einfach nicht vor. Eine gute Partie wie Miss Schoonmaker, darüber war er sich im klaren, hatte gewiß keinen Mangel an Verehrern, aber die fürchtete er nicht. Sofern sie nur lange genug im Schloß blieb, war er sicher, vermittels seiner Charakterstärke den Sieg davonzutragen. Fast glaubte er, die Hochzeitsglocken schon läuten zu hören. Dann erwachte er aus seinen Träumereien und merkte, daß es das Telefon war.
    Verärgert über die Störung griff er nach dem Hörer und rief unwirsch:
    »Hallo?«
    Eine Geisterstimme antwortete ihm. Anscheinend war die Leitung durch das Gewitter gestört.
    »Sprechen Sie lauter!« bellte Baxter.
    Er klopfte mit dem Hörer auf die Tischplatte, was in solchen Fällen ein probates Mittel ist und sich auch diesmal bewährte.
    »Ist dort Blandings Castle?« fragte die jetzt nicht mehr so geisterhafte Stimme.
    »Ja.«
    »Hier Postamt Market Blandings. Ich habe ein Telegramm für Lady Constance Keeble.«
    »Sie können es mir durchgeben.«
    Die Stimme wurde wieder schwächer, und Baxter verfuhr mit dem Hörer wie zuvor.
    »Lady Constance Keeble, Blandings Castle, Market Blandings, Shropshire, England«, sagte die Stimme, die nun wieder kräftiger wurde, als hätte sie sich von einer schweren Halsentzündung

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