Sommerliches Schloßgewitter
das wahr?«
»Allerdings.«
»Ach du herrje«, sagte Millicent.
Dann herrschte Schweigen. Hugo wartete nervös. Die Aussichten schienen alles andere als rosig. Er fragte sich schon, ob er sich vom weiblichen Scharfsinn nicht zuviel versprochen habe. Dieses »Herrje« hatte nicht gerade ermutigend geklungen.
»Hugo!«
»Hier.«
»Das ist ja ein dickes Ding.«
»Ja«, sagte Hugo zustimmend. Die Dicke des Dings war ihm nicht entgangen.
»Da gibt’s nur eins.«
Hugo atmete auf. Eins war genug. Der weibliche Scharfsinn hatte also doch etwas ausbaldowert.
»Paß auf!«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Das einzig Richtige ist jetzt, daß ich zu Onkel Clarence gehe und ihm sage, du hättest die Kaiserin gefunden.«
»Sie ge … was?«
»Gefunden, du Träne.«
»Wie meinst du das?«
»Im Wohnwagen gefunden.«
»Aber hast du mir denn gar nicht zugehört?« In Hugos Stimme schwang das Vibrato der Verzweiflung. »Pilbeam hat doch gesehen, daß wir sie dorthin gebracht haben.«
»Weiß ich.«
»Und was tun wir, wenn er das ausposaunt?«
»Kategorisch dementieren.«
»Wie bitte?«
»Wir streiten alles ab«, sagte Millicent.
Wieder atmete Hugo auf, diesmal sogar noch tiefer als zuvor. Das könnte klappen. Ja, wenn man es richtig anstellte, könnte das klappen. Er hauchte Worte zärtlicher Bewunderung in die Sprechmuschel.
»Du hast recht!« rief er. »So geht’s. Ich gehe zu Pilbeam und sage ihm vertraulich unter vier Augen, daß ich ihn stranguliere, wenn er den Mund aufmacht.«
»Also, bleib dran. Ich sag’s jetzt Onkel Clarence. Wahrscheinlich wird er gleich hier sein, um mit dir zu reden.«
»Moment noch, Millicent.«
»Ja?«
»Wann soll ich denn dieses verflixte Schwein entdeckt haben?«
»Vor zehn Minuten auf einem Spaziergang vor dem Abendessen. Du bist zufällig am Wohnwagen vorbeigekommen und hast drinnen merkwürdige Geräusche gehört, und da hast du nachgesehen und die Kaiserin entdeckt. Und dann bist du zum Haus gerast, um zu telefonieren.«
»Aber Millicent. Moment noch!«
»Ja?«
»Dann denkt der alte Knabe doch, Baxter hätte sie entführt.«
»Richtig! Ist das nicht wundervoll? Also, bleib dran.«
Hugo verlegte sich wieder aufs Warten. Nach einer Weile ertönte am andern Ende der Leitung ein Geräusch wie Hühnergegacker. Er schloß daraus, und zwar zu recht, daß der neunte Earl dabei war, seine Gedanken in Worte zu kleiden.
»Ca … Ca … Ca …«
»Ja, Lord Emsworth?«
»Ca … Carmody!«
»Ja, Lord Emsworth?«
»Ist das wahr?«
»Ja, Lord Emsworth.«
»Sie haben die Kaiserin gefunden?«
»Ja, Lord Emsworth.«
»In Baxters Wohnwagen?«
»Ja, Lord Emsworth.«
»Na, hat man Töne!«
»Ja, Lord Emsworth.«
Bis hierher hatte Hugo Carmody seinen Part in dem Dialog recht angenehm und einfach gefunden. So hätte er noch die ganze Nacht weitermachen können. Aber außer »Ja, Lord Emsworth« gab es da noch etwas, das er jetzt aussprechen mußte. Er schluckte zweimal, um seine Stimmbänder einsatzbereit zu machen.
»Lord Emsworth«, sagte er, und obwohl sein Herz ihm im Halse schlug, war seine Stimme ruhig, »da ist noch etwas, das ich Ihnen bei dieser Gelegenheit sagen möchte. Es wird Sie überraschen, aber hoffentlich nicht unangenehm. Ich liebe Ihre Nichte Millicent, und sie liebt mich, Lord Emsworth. Wir lieben uns schon seit vielen Wochen, und ich hoffe, daß Sie uns erlauben werden zu heiraten. Ich bin zwar nicht reich, Lord Emsworth. Genauer gesagt, außer meinem Gehalt besitze ich keinen roten Penny. Aber meinem Onkel Lester gehört Rudge Hall in Worcestershire. Vielleicht kennen Sie’s dem Namen nach. Man biegt links von der Straße nach Birmingham ab und fährt noch ein paar Meilen … also jedenfalls ist es ein ganz passables Gemäuer in Worcestershire, und es gehört meinem Onkel Lester, und ich bin der nächste Erbberechtigte … Ich kann zwar nicht behaupten, daß es so aussähe, als wollte Onkel Lester in Kürze das Zeitliche segnen, er war sogar erstaunlich fit, als ich ihn zuletzt sah, aber er wird ja auch nicht jünger, und alles Irdische ist nun mal vergänglich, und ich bin, wie gesagt, obenan in der Erbfolge, so daß für mich irgendwann mal ein hübscher Batzen abfallen wird und ein Haus mit Park und Ländereien und was so dazugehört, also was ich sagen wollte, ich werde Millicent mal ohne weiteres ernähren können, und wenn Sie wüßten, Lord Emsworth, wie sehr wir uns lieben, dann würden Sie bestimmt auch finden, daß es nicht fair wäre, unserem
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