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Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Titel: Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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Eisenkrautzweig zu suchen
und ihn mit fünfblättrigem Klee zu umwickeln. Das ist
ein Zauber, der alle Katastrophen bannt.«
    Elsie Masson: Bretonische Volksmärchen (1929)
    Als Donia die Bibliothek betrat, fiel ihr Blick sofort auf Seth. Ashlyns Freund. Der, der in diesem Verschlag aus Eisenwänden wohnt. Für Ashlyn war es noch etwas zu früh, aber wenn Seth hier war, kam sie vielleicht auch her, um ihn zu treffen.
    Er schien niemanden um sich herum wahrzunehmen, trotz all der Sterblichen und Elfen, die ihn beobachteten. Und warum hätten sie es auch nicht tun sollen? Er war gutaussehend und auf eine ganz andere Art verführerisch als Keenan: Ein dunkler und ruhiger Typ, ganz Schatten und Blässe. Denk nicht an Keenan. Denk an den Sterblichen. Lächele für ihn .
    Sie ließ sich Zeit, bewegte sich langsam und vorsichtig durch den Raum und stützte sich dabei unauffällig mit einer Hand an den nicht besetzten Tischen ab, an denen sie vorbeikam. An dem Regal mit den Neuerwerbungen blieb sie einen Moment stehen, um Atem zu schöpfen.
    Er schaute zu ihr hin.
    Lass ihn zuerst etwas sagen. Du schaffst das. Ihre Augen – die sie hinter einer dunklen Brille verbarg – verharrten ein oder zwei Atemzüge lang auf ihm. Er saß an einem der wenigen verfügbaren Computer, einen Stapel Ausdrucke neben sich.
    Als sie an seinem Tisch angekommen war, lächelte sie ihn an.
    Er schob seine Blätter zusammen und verbarg damit, wonach er geforscht hatte.
    Sie legte den Kopf schief, um zu lesen, was auf dem Bildschirm stand.
    Er klickte etwas auf dem Bildschirm an und schaltete den Monitor aus. Dann zeigte er auf sie. »Donia, richtig? Ash hat uns gestern gar nicht vorgestellt. Bist du die, die ihr geholfen hat?«
    Sie nickte und reichte ihm die Hand.
    Anstatt sie zu schütteln, nahm er sie und küsste ihre Fingerknöchel. Er hält meine Hand. Und es brannte gar nicht so, wie wenn Keenan sie berührte.
    Donia erstarrte wie ein Beutetier bei der Jagd und kam sich ganz albern vor deswegen. Mich berührt sonst niemand. Als würde ich Keenan gehören. Als wäre ich tabu. Liseli hatte ihr zwar versichert, das würde sich ändern, sobald ein neues Wintermädchen das Zepter aufhob, aber manchmal fiel es ihr schwer, das zu glauben. Es war schon Jahrzehnte her, dass sie mal jemand richtig in den Arm genommen hatte.
    »Ich bin Seth. Danke für das, was du getan hast. Wenn ihr was passiert wäre …« Einen Augenblick lang sah er so grimmig aus, dass er Keenans besten Wachmännern hätte Konkurrenz machen können. »Also vielen Dank noch mal.«
    Er hielt immer noch ihre Hand fest; zitternd entzog sie sie ihm. Er gehört ihr, ebenso wie Keenan jetzt ihr gehört . »Ist Ash hier?«
    »Nein. Sie müsste jetzt gerade aus der Schule kommen.« Er schaute auf die Wanduhr hinter ihr.
    Sie blieb einen Moment unentschlossen stehen.
    »Wolltest du irgendwas?« Er starrte sie an, als ob er sie eigentlich etwas ganz anderes fragen wollte.
    Sie schob ihre dunkle Brille bis zur Nasenwurzel hoch und sah zu einigen von Keenans Mädchen hin, die in der Nähe standen und lauschten. Sie lächelte abschätzig.
    »Bist du eigentlich Ashs …« Sie wedelte mit der Hand durch die Luft.
    »Ashs was?«, fragte er mit düsterer Miene.
    »Verehrer?«, antwortete sie und wand sich sofort innerlich. Verehrer. Das sagt doch heute niemand mehr. Manchmal verschwammen die Jahre, die Wörter, die Kleider und die Musik in ihrem Kopf, wirbelten durcheinander. »Ihr Freund?«
    »Ihr Verehrer?«, wiederholte er. Er spielte mit der Zungenspitze an dem Ring in seiner Unterlippe und grinste. »Nein, nicht ganz.«
    »Oh.« Donia schnupperte, als ihr ein ungewohnter Geruch in die Nase stieg. Das war doch nicht möglich .
    Seth stand auf und griff nach seiner Tasche. Er ging auf sie zu, bis er ganz dicht vor ihr stand, als wollte er seine männliche Dominanz demonstrieren, sie dazu bringen zurückzuweichen. Manche Dinge ändern sich nie.
    Sie trat einen Schritt zurück – nur einen –, aber erst, als sie den leicht bitteren Eisenkrautgeruch wahrnahm. Er war nicht stark, aber doch deutlich zu riechen. Tatsächlich. In seiner Tasche. Und darunter lagen die zarten Düfte von Kamille und Johanniskraut.
    »Ich passe auf sie auf, verstehst du? Sie ist ein wunderbarer Mensch. So liebenswert. Und gut .« Er schulterte seine Tasche und schaute auf sie herab.
    »Wenn jemand versuchen würde, ihr etwas zu tun …« Er verstummte und seine Miene verdüsterte sich. »Es gibt nichts , was ich

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