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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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Tanzfläche. »Komm und tanz mit mir, Leslie.«
    Bei diesen Worten verspürte Leslie ein flüsterndes Bedürfnis abzulehnen, gleichzeitig zog sie jedoch irgendetwas ungeduldig zu der kleinen Gruppe von Kostümierten, die manisch tanzten. Die Musik, das Treiben auf der Tanzfläche, seine Stimme – all das lockte sie, zerrte an ihr, als wäre sie eine Marionette mit zu vielen Fäden. Dort, in diesem Pulk von sich wiegenden und drehenden Leibern, würde sie Vergnügen finden. Ein Meer von Lust und Lachen umfloss die Tanzenden, und sie wollte hineintauchen.
    Um Zeit zu gewinnen und sich erst einmal wieder zu fangen, griff sie nach Nialls Glas. Doch als sie es an ihre Lippen hob, war es leer. Sie starrte es verdutzt an und drehte es an seinem zarten Stiel in ihrer Hand hin und her.
    »Wir trinken nicht aus Wut oder Angst.« Niall legte seine Hand auf ihre, so dass sie beide das Glas festhielten.
    Doch es war weder Wut noch Angst, was Leslie verspürte, es war Verlangen. Aber das sagte sie ihm nicht. Konnte es ihm nicht sagen.
    Die Kellnerin trat von hinten an sie heran und befüllte schweigend das Glas, das Leslie und Niall hielten, aus einer schweren Flasche. Von nahem sah der Wein so dickflüssig aus wie Honig, fluoreszierende Farbspiralen schimmerten darin. Er roch süßer und köstlicher als alles, was sie kannte.
    Ihre Hand lag noch immer unter seiner, als Niall das Glas zum Mund führte. »Möchtest du ein Glas mit mir teilen, Leslie? Wollen wir feiern? Auf unsere Freundschaft?«
    Er nippte an der goldenen Flüssigkeit und sah sie dabei unverwandt an.
    »Nein, möchte sie nicht.« Seth schob sein Bier quer über den Tisch. »Wenn sie was trinken will, dann aus meinem Glas oder etwas, das ich ihr besorge.«
    »Wenn sie aus meinem Glas trinken will, dann ist das ihre Entscheidung, Seth.« Niall ließ das Glas sinken, hielt ihre Hand aber weiter unter seiner fest.
    Dieser Wein, das Tanzen, Niall – zu viele Verlockungen türmten sich vor Leslie auf. Sie wollte das alles. Wenn Niall sich auch noch so merkwürdig aufführte, sie wollte sich ins Vergnügen stürzen. Die Ängste, die sie seit der Vergewaltigung in Bann gehalten hatten, ließen langsam nach. Das kommt von meiner Entscheidung, mir ein Tattoo machen zu lassen. Das hat mich befreit. Leslie leckte sich die Lippen. »Warum nicht?«
    Niall hob das Glas, bis es ihre Lippen berührte und ihr Lippenstift das Glas verschmierte, aber er goss ihr diesen seltsamen Wein nicht in den Mund. »Ja, allerdings. Warum nicht?«
    Seth seufzte. »Denk doch mal eine Sekunde nach, Niall. Willst du das wirklich? Denk an die Konsequenzen.«
    »Im Augenblick sind sie mir mehr als willkommen, aber …«, Niall zog das Glas wieder weg und drehte es in ihren Händen, bis der Lippenstiftabdruck seine Lippen berührte, »… du verdienst mehr Respekt, stimmt’s, Leslie?«
    Er leerte das Glas und stellte es auf den Tisch, ohne ihre Hand loszulassen.
    Leslie wäre am liebsten weggerannt. Er hielt sie immer noch fest, aber seine Aufmerksamkeit hatte an Intensität verloren. Ihr Selbstvertrauen schwand. Vielleicht hatte Ashlyn ja gute Gründe dafür, Keenans Familie von ihr fernzuhalten: Niall war gleichzeitig faszinierend und absolut merkwürdig. Leslie fuhr sich mit der Zunge über ihre plötzlich trockenen Lippen. Sie fühlte sich abgelehnt und zurückgewiesen und war wütend. Sie schüttelte seine Hand ab. »Weißt du was? Ich weiß zwar nicht, was für ein Spiel du hier spielst, aber ich bin nicht interessiert.«
    »Du hast Recht.« Niall senkte den Blick. »Ich möchte nicht … ich wollte nicht … Es tut mir leid. Ich bin in letzter Zeit nicht ich selbst.«
    »Ist mir egal.« Sie wich zurück.
    Aber Niall nahm ihre Hände in seine, so sanft, dass sie sich hätte losmachen können, wenn sie gewollt hätte. »Tanz mit mir. Wenn du dann immer noch unzufrieden bist, bringe ich dich nach Hause. Zusammen mit Seth.«
    Leslie sah Seth an. Er saß in einem Club, von dessen Existenz sie nicht einmal etwas geahnt hatte, umgeben von Leuten mit seltsamen Kostümen und noch seltsamerem Benehmen, und trotzdem war er ganz ruhig. Im Gegensatz zu mir.
    Seth zupfte an seinem Lippenring und sog ihn in den Mund, wie er es immer tat, wenn er nachdachte. Dann zeigte er zur Tanzfläche. »Tanzen ist in Ordnung. Trink nur nichts, was er – oder sonst irgendwer – dir anbietet, okay?«
    »Warum?« Sie zwang sich zu der Frage, obwohl sie sofort einen Widerwillen dagegen verspürte, nachzufragen, zu

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