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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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Vertrauen oder aus Dummheit. »Und du hast nicht mal ein schlechtes Gewissen, hab ich Recht? Was sie erleiden muss …«
    »Irial ist eine Gefahr für unseren Hof.« Keenan zuckte die Achseln. »Der Hof der Finsternis ist zu schrecklich, als dass ich ihn wachsen und gedeihen lassen könnte. Du weißt genauso gut wie ich, wozu diese Dunkelelfen imstande sind. Du trägst ihre Narben. Ich lasse nicht zu, dass Irial stark genug wird, unseren Hof zu bedrohen, unsere Königin. Ich muss ihn in Schach halten.«
    »Und warum sagst du mir das nicht?« Niall schaute auf seinen König und hoffte auf eine Antwort von ihm – eine Antwort, die das Gewicht von seinen Schultern nahm, das ihn zu zerbrechen drohte, wie der Hof der Finsternis es einst getan hatte.
    Doch Keenan gab ihm keine solche Antwort. »Damit du was tust? Es dem Mädchen erzählst?«, sagte er stattdessen. »Ich wusste ja, dass du ihr ohnehin schon verfallen warst. Mein Plan war besser. Aber dazu war es nötig, dich abzulenken, und sie hat diesen Zweck erfüllt.«
    Niall hörte die Logik in seinen Worten; er hatte seinen König über die Jahrhunderte häufig so reden hören, wenn er Sterbliche verführte, die jetzt Sommermädchen waren. Aber das änderte nichts: Nialls Loyalität und Treue wurden mit Geringschätzung und hochmütiger Ablehnung belohnt.
    »Ich kann und werde das nicht akzeptieren«, sagte Niall. »Ich gehe.«
    »Was soll das heißen?«
    Und Niall sprach die Worte, die seinen Eid aufhoben: »Hiermit kündige ich meinen Treueschwur zum Sommerhof auf. Du bist nicht mehr mein König.« Es war so einfach, etwas zu beenden, das so viel bedeutete. Wenige Worte, und er war wieder allein auf der Welt.
    »Niall, denk noch mal darüber nach. Das ist es nicht wert.« Keenan klang gar nicht mehr wie der Elf, der zu sein Niall ihn gelehrt hatte. »Was sollte ich denn tun?«
    »Nicht das.« Er ging um Keenan herum. »Ich bin lieber ungebunden, ohne Hof, ohne eine Heimat und einen König … als mich benutzen zu lassen.«
    Er schlug die Tür nicht hinter sich zu, tobte nicht vor Wut, weinte nicht. Er ging einfach.
    Mehrere Stunden später lief Niall noch immer durch die Straßen von Huntsdale. Wegen einer Veranstaltung waren die Straßen überfüllt und laut, was gut zu dem Lärm in seinem Inneren passte. Ich bin kein Stück besser als Irial. Ich hätte sie süchtig gemacht, genau wie die Junkies, vor denen sie sich fürchtet. Und sein König hatte es gewusst, hatte darauf spekuliert. Ich habe sie im Stich gelassen.
    Er klagte nie darüber, dass er derjenige war, der anderen folgte, und nie selbst der Anführer war, doch während er so durch die schmutzigen Straßen der Sterblichen wanderte, fragte er sich, ob es falsch gewesen war, Irials Thron abzulehnen. Dann hätte ich wenigstens mehr Möglichkeiten.
    Niall kämpfte sich durch die überwiegend aus Sterblichen bestehende Menge. Die Elfen, die darunter waren, gingen ihm eilig aus dem Weg. Und als die Menge sich lichtete, erblickte er ihn: Irial, lässig an eine Ladenfront gelehnt.
    »Ich hatte gehört, dass du hier draußen herumläufst«, sagte der König der Finsternis, »aber gerade dachte ich schon, meine Elfen hätten Unsinn erzählt.«
    »Ich will mit dir reden«, begann Niall.
    »Du bist mir immer willkommen, Gancanagh. Daran hat sich nichts geändert.« Irial zeigte zu dem kleinen Park auf der anderen Straßenseite. »Gehen wir ein Stück.«
    Verkäufer boten Süßwaren an ihren Ständen feil; betrunkene Sterbliche lachten und grölten. Es musste gerade ein Spiel oder vielleicht auch ein Konzert zu Ende gegangen sein; die Leute strömten so zahlreich auf die Straße, dass der Verkehr zum Erliegen kam. Der König der Finsternis schlängelte sich durch die stehenden Wagen mit ihren wütend hupenden Fahrern und an einer Gruppe von Sterblichen vorbei, die ziemlich kläglich sangen und etwas taten, was sie wohl für tanzen hielten.
    Im Park angekommen wies Irial auf eine steinerne Bank, die seine Elfen gerade erst frei gemacht hatten. »So was gefällt dir doch, stimmt’s? Oder möchtest du lieber laufen …?«
    »Nein, ist schon okay.« Doch Niall blieb stehen und lehnte sich an einen Baum, da ihm nicht ganz wohl bei dem Gedanken war, den durch die Straßen ziehenden Elfen den Rücken zuzuwenden.
    Irial zuckte die Achseln und ließ sich graziös auf die Bank sinken, wobei er auf eine perverse Weise unschuldig aussah, als ob er sich der Wirkung, die er auf die gaffenden Sterblichen um sie herum ausübte,

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