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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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ließ er seinen Gefühlen freien Lauf, ließ seine Wut über Keenans Verrat überschäumen. Wut verspürte er selten, aber nun versuchte sie schon seit Stunden, die Oberhand zu gewinnen. Es erleichterte ihn fast, seinen Zorn zuzulassen.
    Irials Pupillen weiteten sich. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. »Das war Nummer eins.«
    Niall dachte an die Sterblichen, die er umworben und dann dem Untergang überlassen hatte, als er es noch nicht besser wusste, dachte an Leslie, die so gefügig und willig in seinen Armen gelegen hatte. Er sah sie genau vor sich, trunken von seinen Küssen, und er wollte genau das – wollte sie mit einem Verlangen, das umso größer war, weil er es so lange verleugnet hatte.
    »Nummer zwei … Nur noch ein Gefühl, Gancanagh«, murmelte Irial.
    Und Niall malte sich aus, wie er seine Hände um Irials Kehle legen und die Eifersucht ausleben würde, die er bei der Vorstellung empfand, wie Irial Leslie berührte – oder sie ihn.
    Mit zitternder Hand steckte Irial sich eine neue Zigarette an. »Du spielst dieses Spiel sehr gut, Gancanagh. Ich habe mich früher häufig gefragt, was du mit dem Wissen anstellen würdest.«
    Niall sah ihn an, betrachtete den König der Finsternis nun mit einer distanzierten Ruhe, verspürte keinerlei echte Gefühle mehr. »Mit welchem Wissen?«
    »Die Dunkelelfen verhungern ohne Emotionen, ohne die dunkleren Emotionen. Sie sind das …«, Irial zog an seiner Zigarette, »wovon wir uns ernähren. Sie bilden unser Essen und Trinken, die Luft, die wir atmen. Das ist ein großes Geheimnis, Niall. Die anderen würden es gegen uns verwenden, wenn sie es wüssten.«
    Niall zögerte. Ein Teil von ihm fragte sich, warum Irial ein solches Risiko eingehen sollte, warum er ihm seine Geheimnisse verraten sollte. Doch ein anderer Teil, den er weniger leicht akzeptieren konnte, wusste genau, warum Irial es tat: weil er Niall vertraute. Er senkte den Blick, als ihm voller Schrecken bewusst wurde, dass Irials Vertrauen auch gerechtfertigt war. »Wie kommt es denn, dass Keenan es nicht merkt? Oder Sorcha? Wie kommt es, dass ich es nicht wusste?«
    »Sein sprunghaftes Wesen? Ihre Gleichgültigkeit gegenüber allem, was sie nicht mag?« Irial schnippte seine Asche auf den Boden. »Und bei dir … keine Ahnung. Ich dachte damals eigentlich, dass du es herausbekommen hättest, und als ich merkte, dass der Junior es nicht wusste, hoffte ich, dass das, was wir …«
    »Ernähren sich denn alle an deinem Hof so?«, unterbrach Niall ihn, weil er nicht an seine Zeit mit Irial zurückdenken wollte; er wollte sich nicht klarmachen, dass die Wochen, die er mit besinnungslosen Vergnügungen verbracht hatte, Irial ernährt hatten – ebenso wie die schrecklichen Geschehnisse, die zweifellos auf Nialls Flucht gefolgt waren.
    »Ja, sonst werden sie schwach.« Die Miene des Königs offenbarte einen tiefen, echten Schmerz; es machte Niall beinahe verlegen, ihn anzusehen, da sein Gesicht seine intimsten Sorgen enthüllte. »Guin ist gestorben … Sie wurde von der Kugel eines Sterblichen getötet, erschossen.«
    Irials Blick wanderte zu der Menschenmenge hinüber. Ein barfüßiges Mädchen tanzte auf der Kühlerhaube eines geparkten Autos. Der Fahrer hielt ihre Schuhe hoch und zeigte auf den Boden. Irial lächelte ihnen zu, bevor er sich wieder an Niall wandte: »Du hast Leslie gern. Wenn du gewusst hättest, dass sie mir gehört, hättest du dich nur umso mehr darum bemüht, sie von mir fernzuhalten. Du hättest um sie gekämpft.«
    Ich wusste, dass Irial sie wollte und  – Niall unterbrach seinen Gedankenfluss; es behagte ihm nicht, dass Irial seine Gefühle lesen konnte, und noch viel weniger, dass er selbst dieses Wissen benutzen konnte, um Irial zu zerstören. Wenn die anderen Höfe erfuhren, dass sie so leicht durchschaut und eingeschätzt werden konnten, würde es schwierig sein, sie davon zu überzeugen, die Existenz des Hofs der Finsternis weiterhin zu tolerieren.
    »Beira wusste das alles«, sagte Niall.
    »Wir brauchten sie. Sie brauchte uns. Sonst hätte ich ihr nicht geholfen, die Macht des jungen Königs zu beschneiden. Sie sorgte dafür, dass alles in Aufruhr blieb, wenn meine Elfen es brauchten.«
    »Und wie passt Leslie da ins Bild?«
    »Ich brauchte einen Plan B.« Irial lächelte, aber diesmal war sein Lächeln dunkel und mörderisch, kampfbereit. »Ich brauche sie.«
    »Du kannst sie aber nicht haben«, begann Niall. Doch Irial packte ihn bei den Armen: Und all die

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