Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
sich an, als würde die Sonne mich ersticken. Und Seth … Ich weiß immer noch nichts.«
»Es wird leichter werden. Es wird leichter werden, das zu sein, was du bist. Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich etwas davon verstehe, aber« – Grams nahm Ashlyns Hand – »du bist stärker, als du denkst. Vergiss das nicht.«
Ashlyn hatte ihre Zweifel. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich verwandelte. Die Erde streckte sich nach ihrem langen Schlaf unter der Last von Beiras Winter, und nicht nur das: Sie versuchte, Ventile für ihre über Jahrzehnte aufgestaute Energie zu finden, und Ashlyn war die Leitung. Jeder neue Tag brachte sie der anderen Hälfte dieser Hitze näher – ihrem König, ihrem Freund, ihrem Nicht-Liebhaber. Sie wusste, dass es nichts Logisches an sich hatte, wie sie jede seiner Bewegungen verfolgte. Es hatte nicht mal etwas Romantisches. Es war einfach ein Bedürfnis. Und es machte sie verlegen. Lust sollte an Liebe gekoppelt sein; mit Seth war das so gewesen. Ihm hatte sie Freundschaft, Liebe und Vertrauen entgegengebracht. Mit Keenan verbanden sie freundschaftliche Gefühle und eine Art von Vertrauen, doch sie empfand keine echte Liebe für ihn. Irgendetwas fehlte.
Grams saß schweigend neben ihr. Das einzige Geräusch war das stetige Ticken der Kuckucksuhr an der Wand. Es sollte eigentlich beruhigend wirken, doch Ashlyn war nach Weglaufen zu Mute. Überall, wo sie hinging, spürte sie einen Druck in ihrem Innern, dem sie nicht entkommen konnte.
Außer wenn ich bei Keenan bin.
Dann brach Grams das Schweigen. »Wenn Seth nicht damit umgehen kann, was du jetzt bist, dann ist das sein Problem.«
»Ich bin diejenige, die ein Problem hat«, flüsterte Ashlyn. »Ohne ihn fühlt sich alles so falsch an.«
»Aber?«
»Er ist jetzt seit zwei Monaten weg, und Keenan –«
»Ist hinterhältig, Ash.« Grams versuchte, nicht zu scharf zu klingen.
»Manchmal. Nicht immer.«
»Er ist ein hinterhältiger Mistkerl, aber er wird für immer zu deinem Leben gehören.« Grams seufzte. »Sei bloß vorsichtig und überleg dir gut, wie weit du dich ihm gegenüber öffnest. Oder wie schnell. Lass nicht zu, dass dieses Sommer-Ding oder deine Verletztheit dich zu Dummheiten verleiten. Sex ist niemals das Gleiche wie Liebe.«
»Ich bin nicht …« Ashlyn schaute weg. »Wir haben nicht … Ich hab nur … mit Seth.«
»Du wärst nicht die Erste, die aus Einsamkeit und Sehnsucht in ein neues Bett fällt, Kleines. Aber du musst bereit sein, die Konsequenzen zu tragen, wenn du es tust.« Grams erhob sich. »So, und jetzt musst du mal was in den Magen bekommen. Ich kann nicht alles wiedergutmachen, aber ich kann dich noch immer mit deinem Lieblingsessen versorgen.«
»Und mit guten Ratschlägen.«
Grams lächelte und zeigte Richtung Küche. »Schokokuchen oder Eis?«
»Beides.«
Als Ashlyn später an diesem Abend zusammengekauert neben Keenan auf dem Sofa lag und mit ihm einen Film schaute, dachte sie daran, was Grams gesagt hatte. Er war kein Mistkerl, nicht immer, nicht ihr gegenüber. Er war skrupellos, wenn es darum ging, das durchzusetzen, was er für seinen Hof für das Beste hielt, aber er war auch aufmerksam und liebenswürdig. Sie hatte ihn mit den Sommermädchen zusammen gesehen. Er kümmerte sich um sie. Er kümmerte sich um die Ebereschenmänner und betrachtete sie nicht nur als seine Untergebenen, sondern auch als Individuen. Er war impulsiv und leichtfertig, der Inbegriff des Sommers.
Er ist auch gut. Vielleicht nicht immer, aber für einen Elfenkönig war er außergewöhnlich gut. Für jemanden, der von Geburt an kämpfen musste, nur um da hinzukommen, wo er eigentlich schon immer hätte sein sollen, war er außergewöhnlich nett. Und er ist für mich da.
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und versuchte dem Film zu folgen. Das machten sie häufig, spät am Abend einfach noch so beieinanderzusitzen. Sie konnte nicht schlafen, und wenn sie aufwachte, war immer auch Keenan sofort wach. Sie fragte sich, ob er auch wach lag, wenn sie bei Grams war. Sie hatte ihn nie gefragt; sie war lediglich dazu übergegangen, mehr Nächte im Loft zu verbringen.
Grams sah die wachsende Unruhe, die Ashlyn erfüllte, während sie auf die Sonnenwende zusteuerten und Ashlyns Verzweiflung über Seths Abwesenheit immer größer wurde. Du musst da sein, wo du ruhiger bist und dich wohler fühlst , Kleines , hatte Grams gesagt, und das ist im Augenblick nicht hier bei mir. Geh an deinen Hof .
Wenn sie bei
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