Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
zurückbringen. Als König der Finsternis habe ich das Recht, auch im Elfenreich zu herrschen.«
»Das wäre dumm. Ich« – sie holte kurz Luft und die Welt um sie herum veränderte sich – »würde dich zerquetschen, wenn du dich mir entgegenstellen würdest. Du bist kein Gegner für mich.«
»Es gibt Personen, für die es sich zu kämpfen lohnt.«
»Da sind wir teilweise einer Meinung: Seth ist viel wert. Gegen mich zu kämpfen ist aber nicht die richtige Antwort.« Sorcha deutete in den Raum um sie herum. Sie befanden sich in einem schmucklosen Tempel; Nialls Obsidianspiegel wurde von verschnörkelten Säulen flankiert. Hinter Sorcha stand ein großer Altar mit Verwundeten und Getöteten darauf. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass er da war. »Ist es das, was du Bananach anbieten willst? Deine törichte Einwilligung zum Krieg? Du kommst her und legst ein unverschämtes Benehmen an den Tag. Warum, glaubst du, hat sie ihn zu mir gebracht? Als Opfergabe, damit ihr Krieg beginnen kann.«
»Seth ist keine Opfergabe, weder für den Beginn noch für die Verhinderung eines Krieges. Er ist unverzichtbar.«
»Ich weiß«, flüsterte Sorcha, nicht aus Angst, sondern weil sie die Wahrheit ungern mit anderen teilte. »Ich passe auf, dass ihm nichts geschieht, und das würdest du auch begreifen, wenn du klar denken würdest. Sollte Bananach – oder irgendjemand sonst – ihm etwas antun, dann tut dieser Jemand mir etwas an.«
Niall stutzte bei dieser Erklärung. Die Wut verschwand aus seinem Gesicht. »Ash … Ashlyn … weiß nicht, wo er ist. Noch nicht. Wenn sie erfährt, dass du ihn zu dir genommen hast, wird sie hierherkommen.«
»Ihr König wird es ihr nicht sagen.« Sorcha wusste, dass Keenan und alle übrigen klar denkenden Elfen genau wussten, wo Seth sich aufhielt. »Es liegt weder in meiner Verantwortung noch in meinem Interesse, es ihr zu sagen. Und dir geht es genauso, sonst hättest du es bereits getan.«
Sorcha bot ihm ihre Hand dar.
Niall nahm sie, Gentleman, der er immer noch war, und legte sie in seine Armbeuge. »Was spielst du für ein Spiel, Sorcha?«
»Das gleiche, das ich schon mein ganzes Leben lang spiele, Gancanagh.«
Niall schwieg für einige Sekunden. Schließlich wandte er ihr sein Gesicht zu und sagte: »Ich möchte Seth sehen. Ich muss von ihm selbst hören, dass es ihm gut geht.«
»Wie du willst. Er hat in den letzten Tagen geruht. Wenn ich finde, dass er bereit dafür ist, kannst du ihn treffen, vorher nicht. Er steht unter meinem Schutz.«
»Was hast du getan?«
»Was getan werden musste, Niall. Das tue ich doch immer«, erwiderte sie. Ihre Höfe mochten zwar existieren, um im Widerstreit zueinander zu stehen, doch machte sie das nicht zu echten Feinden. Das Ziel war Balance, wie bei allem. Gelegentlich mochte Sorcha sogar sichergestellt haben, dass der Hof der Finsternis genügend Nahrung erhielt, um gesund zu bleiben – nicht zu gesund natürlich, aber stark genug, um seinen Zweck zu erfüllen. Das war es, was das Elfenreich brauchte, und obwohl sie nicht die Alleinherrscherin der Elfen war, solange sie sich im Reich der Sterblichen aufhielten, war sie doch immer noch die Unveränderliche Königin.
»Hat er seinen Schwur freiwillig geleistet?«
In seiner Stimme schwang so viel Hoffnung mit, dass sie sich fast wünschte, Niall belügen zu können. Doch sie konnte es nicht. »Ja, das hat er. Ich verführe niemanden, anders als du.«
»Ich habe nie versucht, dich in Versuchung zu führen, Sorcha. Selbst damals nicht, als ich dachte, du wärst die Antwort, die ich suchte.«
»Leider«, murmelte sie im Gehen und ließ ihn den Weg zu seinem Zimmer selbst finden. Er war ein würdiger König, der den Hof der Finsternis wieder zu dem machen würde, was er sein konnte, doch für ihren Hof stellte er keine Bedrohung dar, heute nicht, noch nicht. Irgendwann würde er es sein, doch diesmal war Niall nicht in seiner Funktion als König der Finsternis gekommen. Er war als Seths Freund gekommen, was bedeutete, dass er während seines Aufenthalts weder ihren Hof noch ihren guten Willen missbrauchen würde.
Als Seth erwachte und seine Königin in seinem Zimmer vorfand, empfand er zunächst einmal Dankbarkeit: Sie hatte ihn vor der Sterblichkeit gerettet, ihm ein so großes Geschenk gemacht, dass es keine Worte dafür gab. Das würde er ihr niemals vergelten können. Sie schaute durchs Fenster in den Garten hinaus und reckte sich, als hätte sie schlecht
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