Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
töten können, wüsste ich nicht, wie das gehen sollte.«
Niemand von ihnen sagte noch etwas.
Ani ging zu ihrem Bruder, nahm seine Hand und zog ihn auf die Füße. Rabbit stellte sich widerstrebend vor Gabriel hin.
Sobald die beiden sich gegenüberstanden, sagte Ani: »Keinen von euch trifft irgendeine Schuld. Die trage ganz allein ich . Sie hat Tish meinetwegen getötet.« Sie ließ Rabbits Hand los und trat einen Schritt zurück. »Ich konnte Bananach nicht das geben, was sie von mir gefordert hat, weder mein Blut noch das des Königs oder das von Seth.«
Sie erblickte Seth und Devlin hinter Gabriel im Flur, sah Seth an und sagte: »Ich habe darüber nachgedacht, dich zu töten, aber das würde Irial und Niall nicht gefallen. Und es zöge zu viele Konsequenzen nach sich, die Bananach nur allzu willkommen wären. Aber hätte ich geglaubt, Tish dadurch retten zu können, dann … vielleicht. Wahrscheinlich.«
»Wir brauchen einen Plan«, begann Devlin.
Seth drehte den Kopf zu Devlin und blickte ihn einen Moment lang nachdenklich über die Schulter hinweg an. »Ich weiß, was ich will: Bananachs Tod.«
Ani lächelte. »Seth, zum ersten Mal bekomme ich eine Ahnung, warum dich eigentlich alle so mögen.«
Devlin runzelte die Stirn. »Wir können sie nicht töten.«
»Ich weiß.« Ani sah ihn an. »Was tun wir also?«
»Der Assassine des Lichthofs entscheidet hier überhaupt nichts«, knurrte Gabriel.
»Nein, das stimmt, aber du auch nicht.« Devlin ging nicht auf Gabriels Drohung ein. Seine Stimme blieb ganz ruhig. »Hast du eigentlich irgendeine Vorstellung davon, was deine Tochter ist?«
»Eine Dunkelelfe.« Gabriel trat in den Flur. »Im Gegensatz zu dir.«
»Devlin!« Ani wollte zu ihm gehen, doch Rabbit legte eine Hand auf ihre Schulter und murmelte: »Warte.«
Seth kam ins Zimmer, damit Gabriel und Devlin die Sache unter sich ausmachen konnten. Er berührte Rabbit am Unterarm. »Tut mir leid, Mann.«
Rabbit nickte. »Ich bin froh, dass du hier bist.«
Ani wollte nicht über Trauer reden – nicht jetzt und auch sonst nicht. Sie wollte einen Plan. Also rief sie laut: »Irial?«
»Beruhige dich, Liebes«, rief Irial zurück. »Die beiden müssen nur ihr Terrain abstecken, bevor wir zum Eigentlichen übergehen können. Lass sie reden.«
Gabriel und Devlin blickten einander wütend an.
»Das sieht aber nicht so aus, als wäre es mit Reden getan.« Ani setzte sich neben Rabbit.
Ihr Bruder legte den Arm um sie. »Gabriel muss seine Trauer verarbeiten.«
»Indem er meinen …« Sie unterbrach sich, weil sie nicht recht wusste, mit welchem Begriff sie den Satz fortsetzen sollte.
»Deinen was?«, knurrte Gabriel. Er gab Devlin einen Schubs. »Ihren was ?«
»Hör auf.« Ani sprang auf, überquerte die Schwelle und stellte sich vor ihren Vater. »Er hat mich beschützt.«
»Er ist doch der Scherge der …«
»Ja, und du bist der Scherge des Königs der Finsternis.« Sie verdrehte die Augen. »Na und?«
Gabriel streckte den Arm aus und machte Anstalten, sie aus dem Weg zu schieben, doch Ani ergriff unwillkürlich seine Hand, um ihn aufzuhalten. Seine Augen weiteten sich und er grinste. Bevor sie reagieren konnte, holte er mit dem anderen Arm aus, als wollte er sie schlagen.
»Das glaube ich nicht.« Sie duckte sich, schwang die Faust und sah – zum ersten Mal in ihrem Leben –, dass ihr Vater wirklich durch ihren Schlag ins Wanken geriet.
Er schlug reflexartig zurück – und zwar nicht auf die beleidigende liebevoll-zurückhaltende Art wie sonst, sondern richtig. Wie ein Hund, der gegen einen ebenbürtigen Gegner antritt.
»Du hast versucht, mich zu schlagen«, murmelte sie. »Du wolltest mich tatsächlich schlagen !«
»Ja, allerdings.« Er betastete sein Gesicht. »Und du hast mich geschlagen!«
Sie lehnte sich an ihn. »Endlich!«
Gabriel betrachtete sie voller Stolz. »Du hast mir eine verpasst, wie Che es nicht besser hingekriegt hätte. Aber wie hast du das geschafft?
»Sie ist kaum noch sterblich – wenn sie es überhaupt noch ist«, sagte Devlin trügerisch ruhig. »Ihr sterbliches Blut wurde von deinem verdrängt, Gabriel. Das ist ein Grund dafür, dass sie so besonders ist; ein anderer dürfte sein, dass Jillian, wie ich vermute, einen nicht ganz sterblichen Vorfahren hatte.«
»Na und?« Gabriel hob sie in seine Arme. »Sie ist trotzdem mein Welpe. Und flitzt nicht mehr einfach so allein davon, ohne uns Bescheid zu sagen, verstanden?«
»Ich wollte doch nur, dass
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