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Sommerliebe

Sommerliebe

Titel: Sommerliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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werden wir das nicht mehr können.«
    »Meine Frau hegt allerdings auch Ihre Befürchtung. Woher kommen Sie, wenn ich fragen darf.«
    »Aus Frankfurt.«
    »Am Main oder an der Oder?«
    »Am Main. Und Sie?«
    »Aus Kiel.«
    »Dann konnten Sie ja fast zu Fuß nach Heringsdorf kommen, und es ist Ihnen entgangen, was ich auf meiner Reise hierher gesehen habe.«
    »Was denn?«
    »Truppenbewegungen über Truppenbewegungen. Kein Bahnhof ohne Militärtransporte.«
    »Erwähnen Sie das bitte nicht vor meiner Frau. Wissen Sie, wir haben zwar keinen Sohn, der wehrpflichtig wäre, aber eine Tochter, die als Rotkreuzschwester dienstverpflichtet werden könnte. Und damit darf man meiner Frau gegenüber gar nicht anfangen.«
    »Sehen Sie, daran habe ich noch nicht einmal gedacht. Ich habe sogar zwei Töchter.«
    »Keinen Sohn?«
    »Doch, drei.«
    »Du liebe Zeit!«
    »Meine Frau trug mit Stolz das Mutterkreuz«, sagte der Frankfurter in einem Tonfall, der bei aller Selbstkontrolle zwischen der angebrachten Vorsicht und nur schwer zu unterdrückender Ironie zu schwanken schien. »Wie sie sich heute dazu stellen würde, weiß ich allerdings nicht.«
    »Lebt sie nicht mehr?«
    »Nein.«
    Schweigen trat ein.
    Dies schien sich Heinz als Gelegenheit darzustellen, zum alten Tun zurückzukehren. Er wollte Ilse wieder an sich ziehen, aber ihr war wohl sozusagen der Appetit vergangen. Sie entwand sich seinen Armen, fragte ihn ernst: »Fünf Entbindungen – kannst du dir vorstellen, was das für eine Leistung ist?«
    »Eine große.«
    »Ich habe, als Medizinstudentin, erst einer beigewohnt. Die Frau wäre beinahe gestorben.«
    »Dann hätte sie, beim heutigen Stand eures Fachs, allerdings als Ausnahmefall gelten müssen.«
    »Auch sogenannte normale Entbindungen sind kein Honiglecken.«
    »Sicher nicht.«
    Man sah Heinz an, wie unbehaglich ihm dieses Thema war. Als Mann hätte er natürlich viel lieber darüber gesprochen, wie der angenehme Grundstein zu Geburten gelegt wurde.
    »Hast du Geschwister?« fuhr Ilse fort.
    »Nein.«
    »Deine Frau Mama« – Ilse lächelte – »entwickelte also keinen Ehrgeiz in Richtung Mutterkreuz?«
    »Mein Vater wohl auch nicht.«
    »Leben beide noch?«
    »Ja, Gott sei Dank.«
    »Erzähle mir ein bißchen von dir, deiner Familie, deinem Zuhause …«
    Er zögerte.
    »Bitte«, sagte sie, sich zurechtsetzend, die Arme über der Brust verschränkend, die langen, tollen Beine von sich streckend.
    Bis Inge und Rolf endlich wiederkehrten, wußte Ilse dann sogar schon, wann Heinz zum erstenmal auf ein Fahrrad gestiegen war, und daß Frau Gabriele Bartel, seine Urgroßmutter väterlicherseits, eine geborene Schenkenbach aus dem Hessischen gewesen war.
    »Weißt du«, sagte er beim Auftauchen des Blondschopfes von Inge in der Nähe, »daß du bei mir nun ganz tief in der Kreide stehst, Ilse?«
    »Inwiefern?«
    »Weil du nun von mir schon fast alles weißt und ich von dir noch gar nichts. Das verpflichtet dich zur Gegenleistung.«
    Sie nickte.
    »Ich sehe das ein und werde bei Gelegenheit daran denken.«
    Eine Wolkenbank war aufgezogen, der ewige Wind war stärker geworden. Der Strand begann sich zu entvölkern, viele machten für heute Schluß mit dem Baden und dem Bauen von Sandburgen.
    »Es macht keinen Spaß mehr«, erklärte auch Inge. »Wollen wir nicht ebenfalls verduften?«
    Das taten die vier.
    Die ›Excelsior-Bar‹ in Heringsdorf war ein Etablissement mit einem doppelbödigen Ruf. Einerseits galt sie als sehr vornehm, andererseits zwinkerten Herren, die unter sich waren, einander bedeutsam zu, wenn ihr Name fiel.
    Die Bar lag vom Strandkasino knappe drei Minuten entfernt in einer sich gabelnden Nebenstraße unweit der Kurverwaltung. Die Gegend dort war spezifischen Charakters; es fiel nicht über die Maßen unangenehm auf, wenn sich nachts ein Dutzend Gäste – oder noch mehr – als Chor produzierte und deutsches Liedgut pflegte, vorausgesetzt natürlich, es wurden Darbietungen zum besten gegeben, die in der Gunst des Reichspropagandaministeriums standen – Volkslieder etwa. Geöffnet wurde die Bar um acht Uhr abends, geschlossen, zur Einhaltung der Polizeistunde, um zwei Uhr früh. Letzteres geschah jedoch oft nur zum Schein. Gefielen dem Geschäftsführer die Gäste, schienen ihm deren Brieftaschen noch gefüllt genug, ließ er sie im Lokal sitzen, sperrte die Eingangstür zu, zog dicke Vorhänge vor die Fenster, dämpfte die Beleuchtung rigoros so weit, daß Angetrunkene beim Bezahlen zu ihren

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