Sommerliebe
nicht. Aber man muß damit rechnen. Viele tun das. Viele Banausen.
Ich werde das Kapitel ihr gegenüber besser gar nicht anschneiden. Zur Vorsicht. Nein … ich muß!
Egal, wie's ausgeht, ich bin ihr verfallen.
Hält der Mensch das für möglich, wie's einen erwischen kann?
Gleich ist die Arie zu Ende. Ich müßte dann erklären: Meine Damen und Herren, verzeihen Sie mir, was ich getan habe. Ich – und Mozart! Das Nichts – und das All! Verstehen Sie, was ich sagen will? Kaum.
Schluß.
Beifall, Beifall, keine Stille.
Verbeugung, Beifall, Beifall, Verbeugung.
»Zugabe!«
Nein.
Beifall, Verbeugung.
»Zugabe! Zugabe!«
Ihr könnt mich.
Als Heinz Bartel die Bühne verließ, wurde er an seinem Tisch auf die unterschiedlichste Weise empfangen. Erika Albrecht hatte Tränen in den Augen. Sie wisse nicht, was sie sagen solle, stammelte sie mehrmals hintereinander. Franz Müller rief: »Sie müssen nach Heilbronn kommen! In unserem Gesangverein sind Sie garantiert die Nummer 1!« Rolf Wendrow war wieder ganz der alte. »Na«, sagte er, »wem hast du das zu verdanken?«
Der Geschäftsführer gab bekannt, daß man zur Abstimmung schreiten werde. Diese war dann eine reine Formsache. Mit überwältigender Mehrheit wurde der erste Preis dem Sensationssieger des Abends zugeschlagen: Heinz Bartel.
Der ließ sich nur widerwillig dazu bewegen, noch einmal auf die Bühne zu steigen und sich zu verbeugen.
»Vergiß das Wichtigste nicht«, ermahnte ihn Rolf.
»Was?«
»Das Geld in Empfang zu nehmen.«
Zum Schluß, als Erika Albrecht gegen elf Uhr dem Abend ein Ende machte, indem sie gar nicht verstohlen gähnte und freimütig erklärte, sie sei müde und würde gerne ins Bett gehen, erlebte Rolf noch einen Schreck, der ihm durch alle Glieder fuhr. Als der Kellner an den Tisch kam, zog nämlich Heinz wahrhaftig den eroberten Hundertmarkschein aus der Tasche, um die Zeche für sich und Rolf zu bezahlen. Rolf trat ihm unter dem Tisch kräftig auf die Zehen, aber das hätte Heinz nicht umstimmen können, wenn ihm der Dentist Müller nicht die Frage gestellt hätte, ob er ihn beleidigen wolle. Auch Fräulein Albrecht erklärte, daß sie, wenn sie an Müllers Stelle wäre, Bartels Idee zurückweisen würde. Und Rolf raunte Heinz ins Ohr: »Treib mich nicht zum Wahnsinn, du Idiot!«
Die Übermacht war zu groß, Heinz mußte sich fügen.
Im Haus der Frau Sneganas ging man auseinander. Glatt und reibungslos verlief das zwischen Rolf und Heinz. Gewisse Schwierigkeiten schienen aber vor der Zimmertür der Lehrerin Albrecht evident zu werden.
»Sind Sie schon sehr müde?« fragte der Dentist die Dame.
»Ja.«
»Wollen Sie sich wirklich schon schlafen legen?«
»Ja.«
»Aber es ist doch erst elf Uhr. Daraus kann es leicht entstehen, daß Sie morgens viel zu früh aufwachen und sich im Bett herumwälzen, ohne noch einmal einschlafen zu können.«
»Darunter leide ich nicht, Herr Müller. Ich schlafe zehn Stunden durch wie ein Murmeltier. Gott sei Dank«, lächelte die Lehrerin.
»Das sagen Sie nur so, Fräulein Albrecht«, meinte der Dentist mit schelmischem Augenschlag.
»Warum soll ich das nur so sagen?«
»Aus Angst.«
»Angst?«
»Sie fürchten wohl«, ging Müller aufs ganze, »daß ich Ihnen vorschlagen könnte, Ihnen noch ein bißchen Gesellschaft zu leisten?«
Das Lächeln der Lehrerin gefror.
»Muß ich denn das fürchten?«
Franz Müller war zwar nicht gerade ein Sensibelchen, aber auch kein Hackklotz. Er merkte es, wenn sozusagen die Ampel auf Rot sprang.
»Nein, nein«, sagte er deshalb jetzt rasch. »Schlafen Sie nur gut, ich lese auf meinem Zimmer noch ein bißchen. Hoffentlich hat es Ihnen heute gefallen.«
»Ja, ich stehe immer noch unter dem Eindruck von Herrn Bartel. Wer hätte das gedacht von ihm!«
»Gute Nacht, Fräulein Albrecht.«
»Gute Nacht, Herr Müller. Danke für die Einladung.«
Ehe er das Licht ausmachte, sagte Franz Müller zu sich selbst: ›Eine harte Nuß, dieses Weib. Aber ich werde sie noch knacken, verdammt noch mal. Nur die Geduld nicht verlieren.‹
Als Rolf Wendrow und Heinz Bartel am nächsten Tag am Strand erschienen, gut ausgeschlafen und, wie sie sich vorkamen, steinreich, lagen Ilse und Inge schon wieder im Sand, hatten eine ausgedehnte Schwimmpartie hinter sich und sonnten sich. Überhaupt waren die beiden Mädchen immer schon da, gleich einem Igelpaar, das zwei Hasen grundsätzlich das Nachsehen gab. Das ging sogar so weit, daß es Heinz und Rolf schon
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