Sommerliebe
herrührt, daß du der absolute Höhepunkt warst?«
»Ich verstehe ja selbst nicht mehr, wie es dazu kommen konnte.«
»Wozu?«
»Zu meinem Auftritt.«
»Auftritt?«
Heinz seufzte.
»Ilse«, sagte er, »das war so: Die hatten dort ein sogenanntes Je-ka-mi-ma-Programm; jeder kann mitmachen, aus dem Publikum, weißt du. Das führen die öfters durch. Und dabei bin ich aufgetreten. Schuld war Rolf, der hat mir das eingebrockt.«
»Du bist …«
Vor Erstaunen erstarb Ilse das Wort im Mund.
»… aufgetreten, ja«, ergänzte Heinz.
»Als was?«
»Als Sänger.«
»Kannst du denn das?«
Ilse fragte ihn dies mit einem derart starken Zweifel in der Stimme, daß Heinz glaubte, es sich schuldig zu sein, ein bißchen aufzutrumpfen.
»Du hast doch gehört, was ich war«, sagte er. »Der absolute Höhepunkt.«
Nun siegte die Neugierde in Ilse. Das wollte sie alles ganz genau erfahren, und es fügte sich deshalb gut, daß ein kleines Café in Sicht kam, in das sie sich setzen konnten – was ja überhaupt ihre ursprüngliche Absicht gewesen war. Sie gaben einer Kellnerin ihre Bestellung, dann mußte Heinz berichten, und zwar haarklein. Ilse sorgte mit zahlreichen Zwischenfragen dafür, daß nichts unerwähnt blieb. Heinz erzählte auch von seinen Konkurrenten, die er aus dem Feld hatte schlagen müssen. Dies sei, sagte er zum Schluß, wichtig gewesen wegen der Preise.
»Preise?« fragte Ilse.
»Es waren drei Preise ausgesetzt«, sagte Heinz.
»Pokale oder so was?«
»Nein, Geld.«
»Geld?«
In Ilse hatte wieder eine kleine Gedankenreihe ihren Anfang genommen.
Heinz sagte: »Der erste Preis hundert Mark, der zweite fünfzig, der dritte zehn.«
»Und du hast den ersten gewonnen, nachdem du ja der absolute Höhepunkt der Veranstaltung warst?«
»Ohne Rolf wäre das Ganze überhaupt nicht passiert, kann ich nur noch einmal sagen.«
»Heinz.«
»Ja?«
»Das Geld für die Handschuhe stammt gar nicht von zu Hause?«
»Nein.«
»Das hattest du aber gesagt.«
»Nein, das habe ich ganz bestimmt nicht gesagt. Das hast du nur automatisch angenommen.«
»Aber du hattest mich bei diesem Glauben gelassen.«
»Ist doch egal, woher es stammt. Hauptsache, es hat mich in die Lage versetzt, dir eine Freude zu machen.«
»Ich sehe aber, daß es dir anscheinend einen Mordsspaß macht, mich an der Nase herumzuführen. Das tut Manfred nicht, darin unterscheidest du dich von ihm.«
»Welcher Manfred?«
»Mein Verlobter in Berlin.«
Diesen Hieb mußte sie ihm versetzen, denn Strafe hatte er, so dachte Ilse, verdient.
Heinz zeigte auch Wirkung.
»Entschuldigung«, sagte er getroffen, »es wird nicht mehr vorkommen.«
Das Gespräch zwischen den beiden kam dadurch für eine Weile zum Erliegen. Sie tranken ihren Kaffee und aßen ihren Kuchen. Schließlich sagte Ilse: »Trotz allem wäre ich natürlich sehr gerne dabeigewesen.«
»Du hast nichts versäumt«, untertrieb Heinz. Er wollte sich nicht noch einmal von diesem Musterknaben Manfred in unvorteilhafter Weise abheben.
»Was hast du denn gesungen?«
»Bißchen was aus Opern.«
Ein Funke glomm auf in Ilse.
»Aus Opern?«
»Ja.«
»Was denn?«
Heinz zählte ihr die Nummern auf. Und jede entfachte das Erstaunen und die Begeisterung Ilses. Ilse erwies sich damit als Kennerin, dies in einem weit größeren Maße sogar, als Heinz zu hoffen gewagt hatte. Kurz gesagt: Peter Kreuder hatte bei ihr gegen Wolfgang Amadeus Mozart keine Chance.
Heinz war davon hingerissen.
»Ilse«, rief er, »du bist Spitze!«
An einem Tisch in der Nähe saß mit seiner Freundin ein junger Mann, der dies hörte, worauf er zu ihr sagte: »Daß die Spitze ist, sieht man.«
»Und was bin ich?« bekam er in einem Ton zur Antwort, der gefährlich klang.
»Du bist der Gipfel«, beeilte er sich, ihr zu versichern.
Sie war's zufrieden.
Heinz strahlte Ilse an.
»Nun mußte du mir nur noch sagen, daß du vielleicht auch noch ein Instrument spielst.«
»Zwei sogar.«
»Ilse!!«
»Aber nicht gut.«
»Welche denn?«
»Die üblichen: Klavier und Geige.«
»Du mußt meine Eltern kennenlernen, Ilse!«
»Und du die meinen«, lachte Ilse.
»Bitte«, packte Heinz zu, »dann sind wir uns ja einig. Ich stehe zur Verfügung.«
Doch Ilse sagte: »Das könnte allerdings sehr gefährlich werden.«
»Gefährlich?«
»Meine Mutter ist nämlich gar nicht gesund.«
»Das tut mir leid. Was fehlt ihr denn?«
»Sie ist schwer herzleidend.«
»Schlimm, aber weshalb wäre es gefährlich für sie, mich
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