Sommerliebe
doch helle. Die Berlinerinnen auch. Sie werden von selbst schon auf den Trichter gekommen sein.«
»Glaubst du?«
»Ich würde sogar wetten.«
»Trotzdem möchte ich sichergehen.«
Sie fragten also nach dem nächsten Postamt, und Ilse ließ sich ein Ferngespräch nach Berlin vermitteln. Als die Verbindung hergestellt war, bestätigte sich die Vermutung von Heinz. Ilses Mutter berichtete von ›Schlangen vor den Lebensmittelgeschäften‹. In den Zeitungen würde aber schon geschrieben, wie unsinnig, ja unpatriotisch dies sei.
»Wie geht's dir sonst, mein Kind?« fragte Frau Bergmann.
»Sehr gut, Mutti! Dir hoffentlich auch?«
»Danke, der Arzt hat mir ein neues Mittel verschrieben, mit dem ich außerordentlich zufrieden bin.«
»Was macht Vati?«
»Immer dasselbe. Mit Onkel Herbert hat er sich gestern über Politik gestritten.«
»Nicht möglich! Seit wann interessiert sich Onkel Herbert für Politik?«
»Neuerdings schon, wie viele andere auch.«
»Aber gesundheitlich geht's Vati doch gut?«
»Ja.«
»Grüß ihn schön von mir.«
»Mache ich. Kommst du mit dem Geld aus?«
»Ja, Mutti, du kannst beruhigt sein. Wie ist das Wetter bei euch? Bei uns sehr schön.«
»Bei uns auch. Vati sagt allerdings: ›Trügerisch schön, wie vor 25 Jahren.‹«
Ilse blickte durch das Glas der Telefonzelle hinaus zu Heinz, der draußen stand und automatisch ihren Blick lächelnd erwiderte.
»Ilse«, war Frau Bergmann im Hörer zu vernehmen, »warum sagst du nichts? Bist du noch da?«
»Ja.«
»Ich habe Angst, Ilse.«
»Das sollst du nicht, Mutti. Wirst sehen, es löst sich alles in Wohlgefallen auf.«
»Meinst du?«
»Ja. Und jetzt muß ich Schluß machen, Muttilein, sonst wird's mir zu teuer, weißt du.«
»Soll ich dir nicht doch noch ein bißchen Geld schicken?«
»Nein, bestimmt nicht, danke. Also, mach's gut, Mami, bald –«
»Ilse!«
»Ja?«
»Du hast gar nicht nach Manfred gefragt.«
»Ach ja, richtig, wie geht's ihm denn?«
»Gut. Er erkundigt sich ständig nach dir. Ich werde ihn hernach gleich anrufen und ihm sagen, daß ich mit dir gesprochen habe.«
»Tu das.«
»Also, sei schön brav, mein Kind, und paß gut auf dich auf.«
»Mache ich, Mami, keine Sorge. Wiedersehen.«
»Wiedersehen, mein Kind.«
Heinz hatte sich eine Zigarette angezündet, warf sie aber, als Ilse aus der Zelle trat, gleich wieder weg und zertrat sie, obwohl sie erst halb geraucht war. Das war ein Akt vollendeter Höflichkeit einer jungen Dame gegenüber, und Ilse wußte dies zu würdigen.
»Du bist ein Kavalier«, sagte sie.
Sie wollte ihn ein bißchen belohnen und fragte ihn: »Hat's zu lange gedauert?«
»Aber nein!«
»Die sind schon am Hamstern.«
»Was ich sagte«, lachte er.
»Meinen Eltern geht's gut.«
»Das freut mich.«
»Aber zuletzt wurde ich von Mutti ausgeschimpft.«
»Warum denn?«
»Sie sagte: ›Du hast gar nicht nach Manfred gefragt.‹«
Heinz blieb stehen.
»Stimmte das?«
»Ja, ich hatte es ganz und gar vergessen.«
Ihm das einzugestehen, war also der Lohn Ilses. Spontan nahm er sie in die Arme, und nun küßte er sie auf offener Straße. Dann gingen sie wieder weiter.
Von Inge und Rolf, die natürlich längst nicht mehr schliefen, wurden sie nicht gerade freundlich empfangen.
»Wo wart ihr denn?« fragte Inge mit vorwurfsvoller Stimme.
»In der Stadt«, antwortete Ilse.
»Und warum habt ihr uns nicht mitgenommen?« fragte Rolf.
»Ihr wart so schön am Schlafen, wir wollten euch nicht wecken«, erwiderte Heinz.
Ilses wies die Handschuhe vor.
»Guck mal, Inge, was ich bekommen habe.«
»Von wem?«
»Sind die nicht schön?«
»Von wem?« wiederholte Inge.
»Von mir«, sagte Heinz.
Inge setzte ihr Gespräch nicht mit ihm fort, sondern wandte sich nur an Ilse.
»Ich denke, die haben kein Geld mehr? Gestern in Swinemünde reichte es nicht mal mehr zu einer Bockwurst.«
»Das war auch wirklich so, Inge.«
»Dann frage ich mich, wodurch sich in der Zwischenzeit die Lage geändert hat. Oder ist das ein Geheimnis?«
»Keineswegs«, mischte sich Heinz ein. Er wandte sich Rolf zu. »Sag es ihr. Offenbar hast du das noch nicht getan.«
Rolf erstattete daraufhin einen umfassenden Bericht über die Vorgänge im Strandkasino. Inges Reaktion war aber keine frohe. Sie kam sich ausgeschlossen vor aus dem, was die anderen schon wußten; sie fragte deshalb pikiert: »Und warum habt ihr mir das verheimlicht?«
Besonders ihren Rolf nahm sie auf die Hörner, zu dem sie sagte: »Hattest
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