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Sommerliebe

Sommerliebe

Titel: Sommerliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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drüber.
    Heinz kehrte zu Ilse mit zwei halb verschütteten Gläsern Bier zurück.
    »Was anderes konnte ich mir nicht erkämpfen«, berichtete er.
    Von seiner Jacke waren ihm zwei Knöpfe ganz und die Brusttasche zum Teil abgerissen worden.
    »Laß den Krieg mal ein paar Jahre dauern«, meinte er sarkastisch, »dann kann das ja heiter werden.«
    »Hast du die Knöpfe?« fragte ihn Ilse, nachdem sie ihr Glas in einem Zug bis zur Neige geleert hatte, obwohl sie Bier nicht liebte.
    »Die Knöpfe?« lachte Heinz bitter. »Nee, die sind weg. Die sind mein erstes Opfer auf dem Altar des Vaterlandes.«
    »Aber die Tasche, die nähe ich dir an.« Ilse zeigte auf einen der zwei Koffer. »Gib mir den mal her.«
    »Wozu?«
    »Da habe ich Nadel und Faden drin.«
    »Aber Ilse, laß das doch. Nicht jetzt, bitte. Dazu finde ich schon jemanden.«
    »Wen denn?«
    »Frau Sneganas zum Beispiel.«
    »Nee, nee, zuletzt hast du gar noch die Idee, auf diese Hanna zurückzukommen, wenn ich nicht mehr da bin.«
    »Ilse!«
    »Was?«
    »Ich schwöre dir –«
    »Gib den Koffer her, und zieh die Jacke aus.«
    Ein Meisterwerk war es dann nicht, das Ilse verrichtete, aber Heinz sagte, die wieder angenähte Tasche begutachtend, dennoch: »Hervorragend! Das weist dich als Universalgenie aus. Danke, vielen Dank.«
    Die Stunden vergingen, und immer noch ließ über den Lautsprecher die Fahrdienstleitung kein Wort bezüglich eines Zuges für Zivilreisende nach Berlin verlauten. Die Menschen wurden müde. Das hatte zur Folge, daß sie nicht mehr so sehr lärmten. Nicht wenige machten vorübergehend auf ihren Stühlen ein Nickerchen. Auch Ilse ertappte sich mehrmals dabei, daß ihr die Lider zufallen wollten. Die Unterhaltung zwischen ihr und Heinz war schleppend geworden. Streckenweise schwiegen sie beide minutenlang, sahen einander nur an. Dann fiel ihm wieder ein liebes Wort ein, und ihr auch. Doch die Pausen dazwischen wurden länger.
    Ein Schatten war geblieben. Der Modus des telefonischen ›Abservierens‹, den Heinz in Vorschlag gebracht hatte, wirkte bei Ilse nach.
    Gegen fünf Uhr nachmittags sagte Heinz: »Ich glaube nicht, daß sich heute noch etwas rührt.«
    »Schrecklich.«
    »Was willst du machen? Auch die Nacht über hier sitzen bleiben und warten?«
    »Ich habe ja keine andere Wahl.«
    »Doch, ich könnte dich in deine Pension zurückbringen.«
    »Nein, gerade dann kann es passieren, daß ich meinen Zug verpasse. Aber ich sehe nicht ein, daß du auch hier rumhängst. Geh du ruhig nach Hause. Rolf wird sich ohnehin schon fragen, was mit dir los ist.«
    Heinz war geradezu entrüstet.
    »Bist du verrückt? Ich dich allein lassen? Wie kannst du so was glauben?«
    »Rolf –«
    »Was interessiert mich der? Hol ihn doch der Teufel!«
    Das hörte Ilse gar nicht ungern.
    »Aber Heinz«, sagte sie mit einem gewissen Lächeln, »du sprichst von deinem Freund …«
    Heinz zog tief an seiner Zigarette, die er zwischen den Fingern hielt.
    »Die Situation, in der wir uns jetzt befinden«, sagte er, mit jedem Wort eine Rauchwolke aus dem Mund ausstoßend, »läßt in mir keinen Gedanken an einen anderen Menschen als an dich aufkommen.«
    Dafür drückte sie ihm einen raschen Kuß auf die Wange. Einer auf den Mund wäre Heinz natürlich lieber gewesen, aber das verbot sich für Ilse wegen der vielen Leute, die um sie herum waren.
    Langsam regte sich – Krieg hin, Krieg her – in beiden doch auch der Hunger. Als ihm der Magen zu knurren anfing, sagte Heinz zu Ilse: »Du mußt etwas essen.«
    »Du auch.«
    »Ich kriege bei Frau Sneganas etwas – aber du?!«
    »Ich hoffe auf den Speisewagen.«
    »Speisewagen?« Dazu konnte er nur lachen. »Schlag dir so etwas aus dem Kopf.«
    Daraufhin sagte Ilse: »Hört denn auf einmal alles auf? Die ganze Zivilisation?«
    »Ich fürchte –«
    Heinz brach ab. Aus dem Lautsprecher kamen knackende Geräusche. Dann sagte eine blecherne Stimme: »Achtung, Ach …« Die Stimme ging in einem Salat undefinierbarer Töne unter, wurde wieder vernehmbar. »Achtung! Zivilreisende in Richtung Berlin! Der nächste Zug für Sie fährt ab in vier Minuten auf Bahnsteig zwo. Ich wiederhole: Zivilreisende in Richtung Berlin! Der nächste Zug für Sie fährt ab in vier Minuten auf Bahnsteig zwo.«
    Heinz und Ilse saßen noch einen Augenblick starr auf ihren Stühlen.
    »Sind die verrückt?« stieß Heinz hervor. »In vier Minuten? Wissen die das jetzt erst?«
    Ilse sprang auf, wollte nach einem Koffer greifen.
    »Laß das!« rief

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