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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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weiter?“, fragte Alex nach einigen Minuten des Schweigens. „Was soll ich als nächstes tun?“
    Iwan lachte ehrlich.
    „Wo kommst du her?“, fragte er dann.
    Alex fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Nervös blickte er von links nach rechts. Er wusste nicht, ob er die Wahrheit sagen sollte. Vermutlich wäre das das Beste, denn es erschien ihm als weniger klug, den Pakt mit dem Teufel mit einer Lüge zu beginnen. Also trat er einen Schritt auf Iwan zu, beugte sich vor und flüsterte: „Von hier.“
    Als er sich wieder etwas zurückbewegt hatte, sah er Sergej, der mit offenem Mund dastand. In Iwans Gesicht zeichnete sich kurzzeitig Zweifel ab. Aber dann lachte er schallend auf.
    „Nein, im Ernst“, lachte er. „Von wo kommst du? Wir fahren dich nach Hause.“
    Das ist aber nett , dachte Alex mit triefender Ironie.
    „Ich muss erst mal zum Bahnhof zurück“, sagte er stattdessen. „Meinen BMW abholen.“
    Iwans Mundwinkel zuckten. Offenbar wollte er erneut lachen, überdachte das aber noch einmal. Kritisch musterte er Alex.
    „Du meinst das wirklich ernst, oder?“, fragte er heiser.
    Alex zuckte unberührt mit den Schultern.
    „Ich wohn‘ in ‘ner Villa an der Elbchaussee“, sagte er.
    Iwan hüstelte gekünstelt und brachte seine Fassungslosigkeit damit zum Ausdruck. Alex‘ Blick hingegen blieb streng. Vielleicht auch ein bisschen pikiert. Gespielt pikiert.
    „Das ist das Leben meines Vaters“, sagte er dann. „Dass ich darin vorkomme, ist nicht meine Schuld.“
    „Ach?“ Iwan sprach höher als sonst. „Dein Papi also?“
    „Ich scheiß‘ auf meinen Vater“, entgegnete Alex. „Ich hab‘ ihm nichts zu verdanken.“
    Iwan musterte ihn kritisch. Dann wandte er sich an Sergej, der das Gespräch aufmerksam verfolgte.
    „Der ist ja noch interessanter, als wir bis jetzt gedacht haben, was?“, fragte er ihn.
    Sergejs Lippen formten ein dreckiges Grinsen. Dabei blitzte eine silberne Krone an einem seiner Vorderzähne.
    „Ein richtiger kleiner VIP“, fuhr Iwan fort. „Wer ist denn dein Vater?“
    Alex öffnete den Mund. Dann schloss er ihn wieder. Er wusste, dass er ohnehin zu viel erzählt hatte. Selbst wenn er ihnen den Namen seines Vaters jetzt vorenthielt, würden sie ihn über kurz oder lang herausfinden.
    „Tannenberger“, sagte Alex. „Johannes Tannenberger.“
    Sergej zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Sagt mir nichts.“
    „Mir schon“, meinte Iwan. Seine Augen zogen sich einen kurzen Moment nachdenklich zusammen. „Standest du nicht letztens in der Zeitung?“, fragte er. „Vor zwei … vielleicht drei Wochen?“
    Alex’ Herz zog sich krampfartig zusammen. Für einen kurzen Augenblick vergaß er das Atmen und wusste nicht, wie er reagieren sollte.
    „Irgendwas mit Mordverdacht oder so“, fuhr Iwan fort.
    „Das war Schwachsinn!“, verteidigte sich Alex.
    Sein Körper setzte neues Adrenalin frei. Eine kleine Dosis, die aber genügte, um Wut zu entfachen. Plötzlich erinnerte er sich an all das, was er mit sich herumschleppte. Dabei vergaß er völlig, mit wem er redete. Plötzlich zählte nur noch das Verlangen, sich von seinem schlechten Gewissen freizusprechen.
    „Ich konnte nichts dafür“, verteidigte er sich. „Ich hab‘ Ben nicht angeschossen!“
    Als er bemerkte, was er da sagte, senkte er irritiert den Blick und versuchte zwanghaft, Ordnung in sein Gedankenchaos zu bringen. Dabei hoffte er, dass die Kerle ihn durch den Zeitungsartikel weder mit Diego noch etwas anderem in Verbindung brachten.
    „ Ben? “, hakte Iwan nach.
    Alex blickte unsicher auf. Er stand völlig neben sich. Dass Iwan nun verwirrt vor ihm stand, kam ihm einen verrückten Moment lang sogar komisch vor. Doch er konnte nicht lachen. Nicht, wenn er an Ben dachte und sich damit alles ins Gedächtnis rief, was in den letzten Tagen und Wochen geschehen war.
    „Wer war denn dieser Ben?“, fragte Iwan.
    „Er war nicht. Er ist “, korrigierte Alex.
    „Dein Arschficker. Hab‘ ich recht?“, fragte Iwan.
    Die Worte waren so schnell aus ihm herausgeschossen, dass Alex einen ganzen Moment brauchte, sie zu verdauen. Dabei erkannte er schnell, dass er sich nun in etwas verrannt hatte, aus dem er nur schwer wieder herauskam. Mit aller Mühe klapperte er seinen Verstand nach dem Alex ab, der er in dieser Situation zu sein hatte. Die unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten, die er in seinem Kopf durchspielte, wechselten zwischen Wut, Trotz, Schweigen und Kontern. Schließlich fand er die

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