Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
Vom Netzwerk:
Schmeicheleien hereinfiel.
    Alex schenkte sich etwas Wasser ein und spießte sich ein Stück Fleisch von der silbernen Platte in der Tischmitte. Dann füllte er sich Kartoffeln und Gemüse auf und goss reichlich Soße darüber. Die ganze Zeit über konnte er die Blicke von Bens Eltern auf sich spüren, ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Stattdessen nahm er sein Besteck und begann seinen Hunger zu stillen.
    „Darf ich fragen, wo du warst?“, fragte Jo und klang übertrieben streng.
    „Bei Ben“, war Alex‘ schlichte Antwort.
    Er wusste, dass er damit den Bogen überspannte. Sein Blut heizte sich bereits auf. Gespannt wartete er auf die Reaktion von Bens Eltern. Doch sie sagten nichts. Stattdessen warfen sie ihm finstere Blicke zu.
    Alex stopfte sich noch schnell ein Stück Fleisch in den Mund, bevor er aufsah. „Ich scheiß‘ auf das, was Sie sagen!“, brachte er schmatzend hervor.
    Daraufhin räusperte sich Jo verlegen.
    „Ganz schön diffamierend, dein Sohn“, meinte Bens Vater zu Jo.
    „ Diffamierend …“, wiederholte Alex ihn in verstellter Stimme und verzog sein Gesicht. „Habt ihr im Fremdwörterlexikon gestöbert, bevor ihr hierher gekommen seid? Aus Angst, euch sonst vor meinem Vater zu blamieren?“
    „Alexander, bitte!“, ermahnte ihn Jo und erhob sich für einen kurzen Moment vom Stuhl. Als er sich wieder setzte, faltete er seine Serviette zusammen und warf sie auf seinen Teller.
    „Ich geh‘ besser mal nach Nick schauen“, mischte sich nun Bens Mutter ein und stand auf.
    Alex wusste, dass sie nur einen Vorwand gesucht hatte, um sich der nahenden Auseinandersetzung zu entziehen. Sie sah nämlich aus wie der Typ Mensch, der in den eigenen vier Wänden eine perfekte Mutterrolle ausübte, aber außerhalb ihres trauten Heims hilflos und kleinlaut wurde.
    Dennoch brachte Alex ihr wenigstens so viel Respekt entgegen, dass er mit seiner nächsten Aussage wartete, bis sie aus dem Zimmer verschwunden war. Dann wandte er sich wieder an Bens Vater und warf ihm einen festen Blick zu.
    „Die Polizei weiß, dass ich nicht auf Ben geschossen hab‘.“
    „Ist das so?“, hakte Bens Vater nach.
    „Wäre ich sonst hier?“, entgegnete Alex und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ben wird die Wahrheit sagen. Und die Wahrheit ist nun mal, dass ich ihn beschützen wollte. Der Schuss kam von Diego.“
    „Er sagt doch nur aus, weil Sie ihn dazu genötigt haben!“, meinte Peter Richter daraufhin und wurde lauter. Neben seinem Teller hatte er seine Hände zu Fäusten geballt.
    „Sag mal, geht’s noch?“ Alex war aufgebracht. Adrenalin stieg in ihm auf und versorgte seinen Körper auf diese Weise mit der notwendigen Energie für einen möglichen Wutausbruch.
    „Jetzt beruhigt euch doch erst mal!“, mischte sich Jo nun ein. Zusätzlich schlug er mit seiner Hand auf den Tisch. So stark, dass das Besteck auf den Tellern kurz aufklirrte.
    „Ich lass mir sowas aber nicht anhängen“, wehrte sich Alex.
    „Und ich lass nicht so mit mir reden“, fügte Bens Vater hinzu.
    Alex konnte hören, wie Jo verzweifelt aufseufzte, sich dann aber dem Geschehen hingab. Er schien zu merken, dass seine Einwürfe nicht viel bewirkten.
    „Ben und ich sind zusammen und daran können Sie nichts ändern“, fuhr Alex Bens Vater an.
    „Ich vielleicht nicht, aber das Schicksal“, erwiderte Peter Richter und war dabei etwas ruhiger geworden. „Sobald Ben gesund ist, wird er mit uns zurück nach Flensburg kommen.“
    Alex atmete aufgeregt ein und aus. Es war, als ob die Worte sich zu einem spitzen Pfeil formten, der sich gleich darauf mitten in seinen Magen bohrte. Es war das gleiche Gefühl, was er heute schon einmal im Krankenhaus erleben musste, als Ben ihm diese Neuigkeit mitgeteilt hatte. Dennoch ließ er sich seine Verletzlichkeit nicht anmerken und blickte finster zurück. Im Augenwinkel konnte er sehen, wie Jo eine besänftigende Geste in Richtung Bens Vater machte.
    „Und selbst wenn Sie’s nicht waren“, fuhr dieser nun fort, „ändert das nichts an der Tatsache, dass es ohne Sie überhaupt nicht so weit gekommen wäre.“
    Daraufhin schwieg Alex. Diese Aussage hatte er in den letzten Stunden schon oft zu hören bekommen. Von seinem Verstand und seinem Gewissen. Er musste Bens Vater Recht geben, obwohl er das nur ungern tat. Statt etwas zu erwidern, griff er erneut nach seiner Gabel und begann in seinem Essen herumzustochern.
    „Sie sind kein guter Umgang für meinen Sohn“, meinte Bens Vater

Weitere Kostenlose Bücher