Sommernachtsgeflüster
distinguierter Galerist wohl von der Barbieküche oder dem Video der Weidenröschensamen, die im Sonnenschein umherwirbelten, halten würde.
Schließlich zwang sie sich, den Rückweg zur Galerie anzutreten. Edward saß an seinem Schreibtisch, eine sehr seriöse Goldbrille auf der Nasenspitze. Über den Rand der Brille sah er sie an.
»Nun?«, wollte sie wissen. »Soll ich meine Galerie aufgeben und stattdessen lieber stricken?«
»Oh nein. Ich glaube nicht, dass Sie fürs Stricken taugen.«
»Edward!« Inzwischen hatte sie das Gefühl, als wäre er ein alter Freund. »Was meinen Sie? Spannen Sie mich nicht auf die Folter!«
»Ich glaube, Sie haben alles für eine sehr gute Ausstellung beisammen. Allerdings sollten Sie noch irgendetwas mit aufnehmen, das etwas mehr im derzeitigen Trend liegt, sodass Sie dem etwas konventionelleren Teil des Publikums nicht vor den Kopf stoßen. Aber Sie brauchen dabei nicht zu weit zu gehen. Ein halbwegs annehmbarer Maler würde schon reichen.«
»Da ist nicht leicht etwas zu finden. Ich habe lange gesucht, aber das ist im Moment nicht besonders in.«
»Das wird es aber sein. Wenn Rorys Bilder ausgestellt worden sind.«
Dann schwiegen beide. Für eine Weile hatten sie vergessen, dass sie um den gleichen bahnbrechenden jungen Künstler konkurrierten. Edward hatte Rory und Thea hatte die Bilder. Thea hatte das Gefühl, dass Edward mit Rory im Vorteil war, denn sie wusste, dass sie die Bilder nicht gegen den Willen aller würde festhalten können. Aber Edward wusste vielleicht nicht, dass die Bilder zurzeit in ihrem Besitz waren, und das verschaffte ihr einen kleinen Vorteil.
»Edward, lassen Sie uns noch einmal auf Rorys Ausstellung zurückkommen.«
»Ja, Thea?«
»Wenn Sie ihm sagen würden, dass er bei Ihnen irgendwann in der Zukunft ausstellen könnte, dann würde er vielleicht tun, was sich gehört, und an seiner Zusage mir gegenüber festhalten.«
»Das würde er vielleicht. Und ich wäre vermutlich jederzeit glücklich, Rorys Bilder auszustellen, wenn ich dafür Platz hätte. Doch ich habe nicht die Absicht, ihm das zu sagen.«
»Aber warum nicht? Sie wissen, wie hart ich für diese Ausstellung gearbeitet habe. Sie wissen, dass ich Rory in einem Schuppen in Irland entdeckt habe!«
»Sie vergessen, dass ich Rorys Arbeiten schon gesehen habe, bevor er dort untertauchte. Ich war sein Bewunderer, lange bevor Sie dazu wurden. Als Sie ihn entdeckten, war es leicht, seine Bilder zu schätzen. Er hatte jahrelang konzentriert an seiner Kunst gearbeitet. Ich habe seine Begabung schon erkannt, als sie noch in ziemlich grobem Gewand daherkam.«
Thea stieß einen tiefen Seufzer aus und versuchte es noch einmal. »Aber Ihre Galerie ist etabliert. Zu Ihnen kommen die Leute und kaufen, ganz gleich, was Sie ausstellen. Ich muss mir erst einmal Anerkennung verschaffen.«
»Dafür habe ich einen Ruf zu verteidigen. Die Leute kaufen bei mir, weil sie darauf vertrauen, dass ich weiß, was gut ist und was im Wert steigen wird. Sie können sich einen Fehlschlag leisten. Sie haben nur Geld zu verlieren. Bei mir steht die Seriosität auf dem Spiel - das ist etwas viel Kostbareres, das kann ich Ihnen versichern.«
Das ist das Problem, wenn man fair sein will, dachte Thea niedergeschlagen. Ich verstehe Edwards Standpunkt völlig. Ich weiß, was Seriosität bedeutet, wie wichtig sie ist, wie schwer zu erwerben, und wie verheerend es ist, sie zu verlieren.
Vielleicht spürte Edward, dass sie versucht war aufzugeben. Er fuhr fort: »Aber ich werde Ihnen Rorys Telefonnummer geben. Wenn Sie ihn überreden können, bei Ihnen auszustellen und nicht bei mir, werde ich ihm daraus keinen Vorwurf machen. Doch ich muss Sie warnen. Veronica ist sehr einflussreich, und sie wird es Ihnen bestimmt nicht zum Vorteil gereichen lassen, wenn Sie Rory bekommen. Sie sammelt Skalpe, und sie kann mit Rorys nicht mehr angeben, wenn er zuerst bei Ihnen ausstellt.«
Das war ein ziemlicher Schlag. Thea hatte bisher das Gefühl gehabt, sich mit genug Widrigkeiten herumschlagen zu müssen - Mangel an Kapital und Zeit und ein Künstler, der abzuspringen drohte. Jetzt kam auch noch jemand dazu, der ihr Knüppel zwischen die Beine werfen wollte. Und wenn Veronica Rory beim ersten Mal fast ruiniert hatte, konnte sie es noch einmal tun und sie, Thea, gleich mit zu Grunde richten.
»Leider habe ich kein Handtuch dabei. Sonst wäre ich jetzt versucht, es zu werfen.«
Sie traf Rory in dem Pub, den er als Treffpunkt
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