Sommernachtsgeflüster
fahren!«
»Also, es hat doch keinen Sinn zu heulen, zu jammern und mit den Zähnen zu klappern. Auch andere Mütter haben schöne Töchter.«
»Aber er war unsere große Chance, uns als Galerie einen Namen zu machen«, widersprach Molly, als hätte Thea das vergessen. »Uns wäre mit einem Schlag Publicity und Interesse der Kunstwelt sicher gewesen. Rory hätte uns berühmt gemacht.«
»Ich weiß. Seine Bilder sind wunderbar, doch ich habe auch eine wirklich gute Absolventenausstellung zusammengestellt. Und bis die stattfinden soll, bleibt uns etwas mehr Zeit für die Vorbereitungen. Wir wollten es ja ohnehin nicht bei einer Ausstellung belassen, Molly. Wir werden uns eben ohne Rorys Hilfe bemühen müssen, langsam einen guten Ruf zu erwerben.«
»Aber ich glaube trotzdem nicht ...«
»Möchtest du einen Tee, Molly?«
»Ja, bitte. Doch ich verstehe nicht, warum du dir darüber nicht die Haare raufst. Ich meine, du bist eigens nach London gefahren, um Rory zu einem Meinungswechsel zu bewegen, und das ist dir nicht gelungen. Das wissen wir, weil Ben es uns erzählt hat.«
»Ben weiß auch nicht alles«, entgegnete Thea locker. »Ben weiß nicht, dass ich dem Besitzer der Galerie, in der Rory ausstellen wird, meine Dias und das andere Material für die Absolventenausstellung gezeigt habe. Es hat ihm gefallen. Er findet, dass ich ein gutes Auge für Talente habe, und möchte, dass ich als Scout für ihn arbeite. Punktum!«
»Oh. Und diesem wichtigen Galeriebesitzer haben diese grässliche, pinkfarbene Küche und diese verrückten Videos gefallen?« Molly war entsetzt und ungläubig zugleich.
»Jawohl. Du siehst also, wir brauchen Rory nicht.«
Petal seufzte. »Ich habe mich wirklich auf diese Ausstellung gefreut, das muss ich sagen. Ich weiß nicht, ob ich jetzt weiter mitmache.«
»Also wirklich!«, begehrte Thea auf. »Du bist mir eine feine Freundin! Wenn es nicht mehr um einen Mann geht, sondern nur noch um Kunst, verlierst du das Interesse. Vielleicht sollte ich darauf hinweisen, dass einige der Absolventen auch ziemlich umwerfend sind.«
»Darum geht es nicht«, murmelte Petal und machte unmissverständlich klar, dass es genau darum ging.
»Trinkt beide erst einmal den Tee. Und dann würde ich gern auspacken und meine Sachen wegräumen.«
Sie verstanden den Hinweis, tranken ihren Tee und ließen sie dann allein.
Thea verbrachte den Rest des Tages zu Hause. Sie war irgendwie noch nicht so weit, sich wieder auf die Galerie einzulassen. Obwohl all ihre zuversichtlichen Feststellungen zur Zukunft der Galerie zutrafen und sie daran glaubte, nahm Rorys Verrat sie doch stärker mit, als sie Molly und Petal wissen lassen wollte - wahrscheinlich wegen Bens Rolle in dieser Angelegenheit. Wenn sie ihm doch nur glauben könnte, dass er nicht in Veronicas Auftrag nach Rory gesucht hatte! Wenn sie sich doch nur nicht in ihn verliebt hätte, oder wenn sie wenigstens in der Lage gewesen wäre, dieser Liebe jetzt, da sie wusste, dass er der Urheber all ihrer Schwierigkeiten war, ein Ende zu setzen. Zu dumm, dass sich die Gefühle nicht besser steuern ließen!
Sie ging früh zu Bett und schlief auf der Stelle ein; heiße Milch mit Whiskey war dabei hilfreich. Als das Telefon anhaltend klingelte, lag sie in tiefstem Schlaf, und es dauerte eine Weile, bis sie reagieren konnte.
Rory war am Apparat. Er hörte sich an, als wäre er betrunken. »Bist du es, Thea? Hier ist Rory. Ich rufe von einem Pub aus an.«
»Das kann ich mir denken. Was willst du?«
»Ich ruf nur an, um dir mitzuteilen, dass ich mich entschlossen habe, doch bei dir auszustellen.«
»Was?« Thea setzte sich abrupt im Bett auf, um sich zu versichern, dass sie wach war.
»Ich sagte, ich werde doch bei dir ausstellen. Das heißt, dass du die Bilder bei dir behalten kannst. Ich werde in ein paar Tagen da sein und dir erklären, wo du sie hinhängen sollst.«
»Was? Warum? Wieso hast du deine Meinung geändert?«
»Ich habe beschlossen, mir mein Leben nicht von diesem Miststück aus der Hand nehmen zu lassen. Ich werde dort ausstellen, wo ich will, und werde Veronica abschreiben. Soll sie doch versuchen, meine Karriere noch einmal völlig zu ruinieren!«
»Beruhige dich, ich bin sicher, das wird sie nicht.«
»Doch, das wird sie. Sie hat es mir gesagt. Aber es ist mir egal. Und jetzt hänge ich ein. Auf Wiedersehen.«
Thea blieb im Bett sitzen und fragte sich, ob sie sich nun freuen sollte oder ob Rory diesen Anruf in betrunkenem Zustand schon am
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