Sommernachtsgeflüster
schwerer Rückschlag. Aber ich werde ihn wohl wie ein Mann hinnehmen.« Rory sah sie mit einem Glitzern in den Augen an, das seine noblen Worte Lügen strafte. Thea begann abzuräumen. »Vielleicht brauchte ich dir nur etwas mehr Alkohol einzuflößen.«
»Bestimmt nicht! Wir haben doch schon eine ganze Flasche Wein zusammen geleert, von dem Whiskey vorher ganz zu schweigen. Wenn ich nicht wenigstens einen Krug Wasser trinke, werde ich mich morgen früh schrecklich fühlen.« Sie nahm das schmutzige Geschirr mit in die Küche.
»Du weißt doch, was Alkoholiker von Leuten sagen, die keinen Kater haben«, erwiderte Rory. »›Wie, du wachst morgens auf, und es geht dir den ganzen Tag lang nicht besser?‹«
Thea bot Lara die Apfelschalen an, die sie dankbar nahm und auf dem Boden ausbreitete. »Wenn ich einen Kater habe, ist mir nur noch nach Sterben zu Mute.« Sie hob die Apfelschalen wieder auf und erklärte munter: »Ich sollte wirklich früh zu Bett gehen, wenn ich morgen mit den Fotos fertig werden will. Kann ich dir noch einen Kaffee, einen Tee oder sonst etwas anbieten?«
Rory schüttelte den Kopf. »Ich werde mit meinem gebrochenen Herzen ins Bett kriechen und schmollen.«
»Du hast kein gebrochenes Herz, und gut Ding will Weile haben.«
»Das klingt in meinen Ohren wie ein Versprechen.«
Sie biss sich auf die Lippen. So klang es tatsächlich. »Du weißt ja gar nicht, ob es wirklich so gut wäre, mit mir zu schlafen.«
»Frau, das kommt mir wie eine Herausforderung vor. Ich habe nicht übel Lust, dich einfach wegzuschleppen und dir Gewalt anzutun.«
Thea lachte. Das Schöne an Rory war, dass er sehr sexy sein konnte, ohne bedrohlich zu wirken. »Ach, was gäbe ich für dein Daunenbett ...«, sang sie ausgelassen.
»Du wirst bald seine Bekanntschaft machen.«
»Ich freue mich darauf, Rory, doch ich muss auch bereit dazu sein.«
»Das ist in Ordnung. Ich bin auch nicht ein so ungehobelter Bursche, dass ich meine Leidenschaften nicht unter Kontrolle hätte.«
»Jetzt aber ab mit dir und deinen Leidenschaften! Wir sehen uns morgen früh.«
Die Fotos waren schnell geschossen. Das Wetter spielte mit, und Rory ließ für eine Weile das Pferd Pferd sein und half ihr, die Bilder aus dem Schuppen zu tragen und sie später wieder dort zu verstauen. Als die wichtigsten Bilder fotografiert waren, bemerkte er: »Ich habe unten im Haus auf dem Dachboden noch eine ganze Menge Zeichnungen. Möchtest du dir die auch ansehen?«
»Liebend gern, aber mir sind die Filme ausgegangen.« »Sie zu fotografieren, ist nicht nötig. Wenn sich irgendjemand dafür interessieren sollte, muss er halt herkommen und sie sich selbst ansehen.«
Thea spürte, wie pessimistisch er war. Rory war keineswegs der erste Künstler, den sie kennen lernte, der im einen Augenblick ein beinahe arrogantes Selbstvertrauen in Bezug auf seine Arbeit verströmte, um sich im nächsten Augenblick für alles zu entschuldigen, was er je geschaffen hatte. »Ich weiß, dass für dich viel davon abhängt, und ich kann dir nichts versprechen, aber ich glaube fest daran, dass du mit deinen Arbeiten irgendwann großen Erfolg haben wirst.«
»Gut, ich hoffe, du hast Recht. Und was hieltest du jetzt von einer Tändelei auf dem Sofa im Atelier? Der Ofen arbeitet schon den ganzen Tag auf Hochtouren, und es ist mollig warm da drinnen. Susan würde nie etwas davon erfahren.«
Und warum, fragte sich Thea, sollte Rory sich darum Gedanken machen? Sie lächelte und schob ihn weg. »Ich habe gestern hervorragende Lammkoteletts gekauft, und als Nachtisch habe ich einen Schokoladenschaumpudding vorgesehen. Wie gefällt dir das?«
»Du bist eine harte Frau, Thea, aber ich warte noch ein wenig länger auf dich, wenn du in der Zwischenzeit für mich kochst.«
In gespielter Missbilligung runzelte Thea die Stirn. »Das sind so viele politisch unkorrekte Feststellungen in einem Satz, dass ich gar nicht weiß, wo ich mit meinen Belehrungen anfangen soll. Ich werde das Ganze einfach ignorieren. Ich gehe jetzt also runter ins Haus und dusche noch kurz, bevor ich uns ein Essen zubereite. Und du kannst inzwischen dein Pferd fertig malen.«
Der Schokoladenschaumpudding stand im Kühlschrank, ein warmer Duft nach Schokolade zog sich durch die Küche, und Thea war geduscht. Einen Augenblick lang wünschte sie sich, sie hätte so viele Schönheitsmittelchen in ihrem Reisegepäck wie Molly. Sie hätte etwas Körper-Feuchtigkeitscreme, vielleicht ein wenig Make-up und eine
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