Sommernachtsgeflüster
dass sie ihn am liebsten in die Arme genommen hätte. Lara konnte sie ja wohl kaum drücken, und nachdem sie Zeuge dieses Wunders der Geburt geworden war, musste sie einfach irgendjemanden in die Arme schließen.
Thea nippte an ihrem Tee. Sie war müde und angespannt. All diese merkwürdigen Gefühle würden am Morgen sicher verschwunden sein.
Ihr lautes Gähnen ließ Ben aufmerken. Er lächelte. Thea erwiderte sein Lächeln. Sein Lächeln war wunderbar, etwas Seltenes und ganz Besonderes; man musste es einfach erwidern, ganz gleich, wie müde man war. »Wie viele werden noch kommen, was meinen Sie?«, fragte sie.
Er betastete Laras Flanken. »Ich denke, es ist wenigstens noch einer hier drin, aber ich habe nicht genug Erfahrung, um mir dessen ganz sicher zu sein.«
Da keine weiteren Welpen unmittelbar ins Haus standen, gaben sie sich zunächst einmal Mühe, das Sofa, so gut es ging, von dem grünlich schwarzen Schleim zu befreien.
»Es wird gereinigt werden müssen«, bemerkte Ben. »Zumindest würde Molly das meinen.«
»Molly würde eine komplett neue Garnitur brauchen, falls jemand gewagt hätte, auf ihrem Sofa Welpen zur Welt zu bringen.« Sie blickte auf. »Ich vermute, Rory wird es einfach so lassen. Wo zum Teufel steckt er übrigens?«
Ben warf ihr einen Blick zu, der, obwohl rätselhaft, dennoch deutlich seine Meinung von Rory zum Ausdruck brachte. »Wir kommen bestens ohne ihn aus.«
»Da haben Sie Recht. Er wäre wahrscheinlich nur im Weg.«
»Ja«, stimmte Ben zu. »Haben Sie und Rory sich erst in diesem Urlaub kennen gelernt, den Sie gerade hinter sich haben, wie Molly sagte? Oder kannten Sie ihn vorher schon?«
Es musste furchtbar klingen. »Nein, erst in diesem Urlaub. Ich bin normalerweise vollkommen vernünftig und vorsichtig ...« Sie warf ihm einen Blick zu, um festzustellen, ob er ihr glaubte. »Aber als ich erfuhr, dass es in meinem Haus eine Party gegeben hatte mit ungebetenen Gästen und alles furchtbar schmutzig war, fand ich eine Woche Urlaub einfach zu kurz und wollte ihn noch um einige Tage verlängern. Anscheinend sah es im Haus aus wie in diesem Werbespot für die Gelben Seiten.« Thea hielt inne und wünschte sich, sie hätte die Gelben Seiten nicht erwähnt. »So hört sich das alles furchtbar unverantwortlich an.«
»Ach, ich weiß nicht. Wenn Sie einfach nach Hause gefahren wären und aufgeräumt und sauber gemacht hätten, hätte ich niemals erfahren, wo Rory steckt.«
»Da werden Sie wohl Recht haben. Es war einfach ein glücklicher Zufall, dass Molly gerade Sie nach ihm gefragt hat.«
»Das war kein Zufall. Molly hat in der Familie für jedes Gebiet ihren Spezialisten. Ich bin der Mann für Kunst, weil ich einmal eine Kunstakademie geleitet habe. Nachdem der Leiter der Akademie in Cheltenham Rory nicht kannte, war ich der Nächste auf ihrer Liste. Der glückliche Zufall war, dass ich mich noch an Rory erinnern konnte. Ich fand es damals unfair, dass man seine Arbeiten nur wegen seines Benehmens schlecht machte. Wie widerwärtig es auch immer gewesen sein mochte. Und der Zufall wollte es, dass er genau derjenige war, den ich schon seit Jahren ausfindig zu machen versuchte.«
»Nun, ich glaube auch, dass er wirklich gut ist.«
Ben sah sie an, als könnte es sich nur um reinen Zufall handeln, wenn sie einmal einer Meinung waren. »Ich glaube, Lara wird jetzt den nächsten Welpen bekommen.«
»Gerade zur rechten Zeit, was, Lara? Soll ich den Kessel aufsetzen?«
»Nein. Ich kann schon im Tee plätschern. Das wird ein braves Mädchen, noch eine kleine Hündin. Wenn die Welpen einen Stammbaum hätten, wären sie eine Menge wert.«
»Vielleicht könnten wir eine neue Rasse kreieren. Wie könnten wir sie nennen?« Sie bemühte sich kurz, die Worte »Collie« und »Mastiff« zu verbinden, aber es gelang ihr nicht. »Es müsste ein ganz neuer Name sein, vielleicht ›Gigantos‹ oder etwas in der Art. Lara scheint ja ziemlich gigantisch zu sein.«
»Es wird nicht leicht sein, für Mischlinge von ihrer Größe ein Zuhause zu finden.«
»Ich denke, dass ich einen nehmen werde.«
»Haben Sie eine Vorstellung von der Verantwortung, die Sie mit einem Hund übernehmen? Es sind doch keine Spielzeuge.«
»Das weiß ich, aber ich arbeite ja nur in Teilzeit - vermutlich arbeite ich jetzt gar nicht mehr, nachdem ich mir gewissermaßen fristlos freigenommen habe. Ich könnte für einen Hund sorgen.« Theas schlummernde mütterliche Instinkte waren mit der ganzen Kraft eines Vulkans
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