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Sommernachtszauber (German Edition)

Sommernachtszauber (German Edition)

Titel: Sommernachtszauber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Gesicht. Ich habe Mühe, mir Judith vor mein inneres Auge zu rufen. Als ich dich habe spielen sehen, fiel mir noch ein Vergleich zwischen euch beiden ein. Der letzte übrigens, den ich gezogen habe. Alles, was euch trennt und unterscheidet.«
    »Was für ein Vergleich?«
    »Judith war wie ein Menuett. Ein lieblicher, in seiner Komplexität betörender Tanz, an dessen Regeln man sich jedoch halten musste. Sonst klappt ein Menuett nicht.«
    »Und ich? Was bin ich?« Ihre Kehle fühlte sich an wie Sandpapier. Was war sie für ihn?
    Er sah sie nachdenklich an, bis plötzlich ein kleines Lächeln um seine Mundwinkel spielte.
    »Du bist ein Jazz-Tune. Frei und wild, von bezaubernder Willkür. Ich glaube, du kannst mich jeden Tag wieder überraschen. Du bist nie dieselbe und doch kenne ich dich gut. Jede Note, aber nie die Melodie. Das ist einmalig …« Seine Finger schlossen sich um ihre.
    Caroline versagte kurz die Stimme, aber dann sagte sie heiser: »Das ist das Schönste, was je ein Mann zu mir gesagt hat.«
    »Ach ja? Dann kanntest du bisher die falschen Männer«, scherzte er, aber seine Augen blieben ernst. »Gut so!«
    Caroline knuffte ihn, doch er fing ihre Hand auf und zog sie mit Leichtigkeit an sich, als er in einer gleitenden Bewegung von der Kleidertruhe aufstand. »Und jetzt zeige ich dir das Schönste, was du je gesehen hast!«
    »Was denn?«, fragte sie atemlos. Seine Lippen waren den ihren so nah! Würde er sie noch einmal küssen? So, wie eben unter dem Geisterlicht? Sie sehnte sich wieder nach dieser Hitze in ihrem Inneren. Gold, das durch ihre Adern floss.
    »Komm«, flüsterte er. »Ich zeige dir die Lichter von Berlin, wie du sie noch nie gesehen hast.«
    Sie folgte ihm durch den lang gestreckten Speicher. Es roch kühl und trocken nach Staub. An langen Kleiderständern sah sie halb verdeckt unzählige Kostüme hängen und aus Truhen quoll die Requisite des alten Fasanentheaters . Caroline sah Plastikobst und Perücken neben Kerzenständern, Fächern und der halben Pappschneide einer Guillotine. Es war ein exquisites Durcheinander von Tischen, Stühlen, viktorianisch wirkenden Betten, römischen Ruhestätten, Kleiderpuppen, Trophäen, Ölschinken, Vogelkäfigen, übergroßen Marionetten, Spiegeln, ausgemusterten Lampen und aufgerollten Teppichen.
    »Ist das der verschollene Fundus des Bimah ?«, fragte sie ungläubig.
    »Verschollen? Nun ja. Ich habe alles gerettet, als die Bomben fielen und das Haus in Flammen stand.«
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Ich habe die Feuer gelöscht. Das muss dann wohl – wie hast du es genannt – der Zweite Weltkrieg gewesen sein?!«
    Caroline nickte, und plötzlich wurde ihr bewusst, wie viel zwischen ihr und Johannes lag: Leben und Tod. Wie lakonisch sie das dachte! Gab es größere Gegensätze? Zwischen ihnen lagen … mehr als siebzig Jahre voll rasanter Entwicklungen, die sich kaum aufholen ließen. Wo sollte sie da mit den Erklärungen anfangen?
    Vielleicht musste es ihnen genügen, das Bimah zu teilen. Mehr als diese Welt konnte es für sie nicht geben. Einen Augenblick lang schmerzte sie dieser Gedanke, dann aber ließ sie von der Idee, wie die Dinge sein sollten , ab. Die Dinge waren so, wie sie waren. Es fühlte sich gut an. War nicht zu akzeptieren, der Beginn des Glückes? Und sich mit Johannes diese eigene, geheime, verschachtelte Welt schaffen zu können, strahlte einen stärkeren Zauber aus als der Wunsch, ein eindimensionales Heute mit ihm zu teilen.
    Johannes zog sie mit sich zwischen zwei Dachbalken zu einem Ruhelager, das aus einem riesigen Leintuch, einem ausgetretenen Perser und vielen Kissen aufgebaut worden war.
    »Das wäre eines Sultans würdig!«, sagte sie. »Aus welchem Stück ist das? Julius Cäsar? «
    »Aus gar keinem. Oder doch:
Die Ruhe des Johannes Steiner.
Kennst du es?«
    Sie musste lachen, schüttelte den Kopf, und er zuckte mit den Schultern.
    »Das ist mein Ruhelager, das ich mir aus dem Fundus zusammengestellt habe. Die Kissen sind aus der Entführung aus dem Serail , das Leintuch ist das Segel des Fliegenden Holländers «, lachte er.
    »An Selbstbewusstsein mangelt es dir nicht, oder?«
    »Nein. Denn auch wenn ich nicht mehr schlafen muss, habe ich es zum Nachdenken trotzdem gerne weich.«
    »Nachdenken, worüber?«
    »Über die Ewigkeit«, sagte er leise. »Aber damit will ich dich und mich jetzt nicht belasten. Es ist so schön, wenn du bei mir bist …Und jetzt halt dich fest! Ich hoffe, du bist schwindelfrei …«
    Er

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